Berlin. . Jeder sechste Deutsche kommt mit einfachen Alltagsaufgaben nicht klar. Länder wie Finnland und Japan haben die Nase im internationalen Vergleich vorn. Schwierigkeiten haben vor allem Ältere im Umgang mit Computern. Trotzdem bleibt der Schock aus, die Bundesregierung ist regelrecht zufrieden.
Vor zwölf Jahren löste der erste Pisa-Test einen Schock in Deutschland aus, weil er erhebliche Wissenslücken von 15-jährigen Schülern im internationalen Vergleich offenbarte. Das am Dienstag veröffentlichte Ergebnis des ersten Pisa-Tests für Erwachsene ist aus deutscher Sicht nicht viel besser, erneut zeigt sich nur Mittelmaß – ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung hat sogar gravierende Schwächen bei Alltagsfähigkeiten.
Trotzdem bleibt der Schock aus, die Bundesregierung ist regelrecht zufrieden – und auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kann mit dem Ergebnis ihrer ersten PIAAC-Studie leben.
Denn: Bildungsreformen lohnen sich, das gilt als Fazit der Untersuchung. Die Jüngeren zwischen 25 und 35 Jahren schneiden generell besser ab als die Älteren. „Die Untersuchung zeigt, dass sich persönliche und staatliche Investitionen rechnen“, so die Bundesregierung. Und die OECD lobt, dass sich beispielsweise Finnland durch gezielte Bildungsinvestitionen an die Spitze gesetzt habe. Kompetenzen seien „gestaltbar“, erklärte OECD-Generalsekretär Angel Guerria.
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Aber wieso dann in vielen Industrieländern erschreckend viele Erwachsene nur auf dem Niveau von Grundschülern rechnen und lesen – in Deutschland jeder sechste – ist damit noch nicht erklärt.
166.000 Menschen wurden befragt
Methodische Zweifel an der Studie gibt es nicht. 166.000 repräsentativ ausgewählte Personen zwischen 16 und 65 Jahren hatte die OECD in 24 Ländern aufwändig befragen lassen, allein in Deutschland suchten die Wissenschaftler 5465 Menschen auf – Menschen, die hier leben, unabhängig von Staatsangehörigkeit oder Muttersprache, was einen Teil der Befunde erklären könnte. Die Aufgaben reichten von simplen Verständnisfragen zu einem Text über den Umgang mit einem Reservierungssystem im Internet bis zur Berechnung des Kilometergeldes für aufgelistete Dienstfahrten.
Die Ergebnisse für Deutschland sind eher bescheiden: Im Aufgabenfeld Lesen – Verstehen, Interpretieren und Bewerten von Texten – erzielten die Teilnehmer 270 Punkte, der OECD-Schnitt liegt bei 273 Punkten. Japan kam auf 296 Punkte, Finnland auf 288.
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Sieben Punkte auf der Kompetenzskala entsprechen etwa einem Schuljahr. Und: In kaum einem anderen Land hängt die Lesekompetenz so sehr vom Bildungsstand der Eltern ab. Besser schnitten Deutsche beim Bewältigen mathematischer Alltagsaufgaben ab: Die erzielten 272 Punkte liegen etwas über dem OECD-Durchschnitt von 269 Punkten – Japan kommt auf 288 Punkte, Finnland auf 282.
Vor die größten Herausforderungen habe die Teilnehmer die Problemlösung mittels Computer gestellt, heißt es. Knapp 13 Prozent der Getesteten hatten keinerlei Erfahrung mit Computern oder scheiterten an grundlegenden Anforderungen.
Die OECD fordert nun mehr Weiterbildungsmöglichkeiten. Andernfalls werde der technologische Wandel behindert. OECD-Generalsekretär Angel Guerria mahnte auch: „Was Menschen wissen und mit diesem Wissen anfangen, hat wesentliche Auswirkungen auf ihre Lebenschancen.“ So sei der Stundenlohn von Arbeitskräften, die eine hohe Lesekompetenz hätten, über 60 Prozent höher als bei Arbeitskräften, die nur kurze Texte lesen könnten.