Washington. Fast zeitgleich attackieren amerikanische Einheiten Al-Shabaab-Milizen in Somalia und nehmen eine der meistgesuchten El-Kaida-Terroristen in Libyen fest. Es ist ein wichtiger Doppelschlag im Anti-Terror-Kampf - doch er gelingt nicht vollends. .

Fast auf den Tag genau 20 Jahre nach dem traumatischen Abschuss von zwei US-Kampfhubschraubern in Somalia („Black Hawk Down“) und 18 toten GI‘s haben amerikanische Spezialeinheiten in dem Bürgerkriegsland am Horn von Afrika erneut einen Misserfolg zu vermelden; diesmal ohne Opfer in den eigenen Reihen. Elitekämpfer der Navy Seals Team Six näherten sich in der Nacht zu Samstag vom Meer aus einem Strandhaus in Barawe, 240 Kilometer südlich von Mogadischu. Ziel des Einsatz war, wie gestern aus Sicherheitskreisen in Washington bestätigt wurde, die Ergreifung von Ahmed Godane („Abu Zubeir“), dem Chef der islamistischen Terror-Gruppe Al-Schabab, die für sich die Urheberschaft für das Geiseldrama in Nairobi/Kenia beansprucht. Dabei kamen Mitte September 72 Menschen ums Leben.

Al-Schabab feiert dern Rückzug der Amerikaner

Der vorher mit der somalischen Regierung abgesprochene Einsatz ging jedoch schief. Nach noch dürren Informationen aus Berichten von „New York Times“ und „Washington Post“, die sich auf Regierungsstellen berufen, zogen sich die Seals derselben Einheit, die im Mai 2011 El Kaida-Chef Osama Bin Laden in Pakistan tötete, nach einem längeren Feuergefecht zurück. Der Widerstand der Gegenseite sei zu groß gewesen, hieß es. Um zivile Opfer in der Hochburg von Al-Schabab zu vermeiden, habe man den Angriff abgebrochen. Die Kämpfer schwammen zurück zu ihren Booten. US-Stellen sprachen von sieben Toten auf Seiten der Terroristen, eine Identifizierung der Opfer sei nicht möglich gewesen. Für die Top-Einheit der US-Armee ist der Ausgang der Kommando-Aktion unerfreulich, in den entsprechenden Ausschüssen des Kongresses drohen den militärisch Verantwortlichen unangenehme Fragen. Vier Jahre zuvor töteten Seals an gleicher Stelle den El Kaida-Terroristen Ali Saleh Nabhan aus dem Hubschrauber heraus. Al-Schabab feierte das Ende der gescheiterten Kommando-Aktion gestern als Sieg über den „amerikanischen Aggressor“.

US-Geheimdienst hofft auf wichtige Erkenntnisse

Beinahe zeitgleich gelang amerikanischen Spezialkräften 5000 Kilometer entfernt im nordafrikanischen Libyen am Samstag die Festnahme eines der meistgesuchten El Kaida-Terroristen: Abu Anas al-Libi wurde bereits im Jahr 2000 als Drahtzieher der Terror-Anschläge auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania im Jahre 1998 angeklagt. Dabei starben 230 Menschen, Tausende wurden verletzt. Auf den 49-Jährigen, der in Libyen geboren ist und später in Großbritannien Asyl genoss, war zuletzt ein Kopfgeld von rund fünf Millionen Dollar ausgelobt. Al-Libi, der nach Medienberichten im Frühjahr im Sudan verhaftet worden war, danach verloren sich seine Spuren, wurde von in der Nähe der libyschen Hauptstadt Tripolis von einem Team der Elite-Einheit Delta Force nach dem morgendlichen Gebet gefasst. Drei Autos mit vermummten und bewaffneten Männer hatten den Wagen des Terroristen umstellt, berichtete dessen Bruder gegenüber US-Nachrichtenagenturen, „und Al-Libi danach entführt“. Der Verdächtige befindet sich außerhalb Libyens in US-Gewahrsam.

Pentagon-Sprecher George Little bestätigte den Zugriff und lobte die „superbe“ Arbeit der Einsatzkräfte. Außenminister John Kerry bekräftigte, dass die USA weiter jedes Mittel nutzen werden, um jene zu stellen, die Amerika angreifen oder angegriffen haben. „Sie können wegrennen, aber sie können sich nicht für immer verstecken.“

Dass bei der von Präsident Obama persönlich autorisierten Ergreifung Al-Libis „boots on the ground“ eingesetzt wurden, sprich: Soldaten, und keine Drohnen, lässt Sicherheitsexperten darauf schließen, dass sich Washington von dem Top-Terroristen wertvolle Einblick in die Strukturen des Terror-Netzwerks El-Kaida verspricht.