Berlin. Der Koalitionspoker hat begonnen: Nach dem Wahl-Triumph von Kanzlerin Merkel stellen Union, SPD und Grüne erste Weichen für Sondierungsgespräche. Und weil es in der SPD wachsende Widerstände gegen die große Koalition gibt, mehren sich die Forderungen die rot-rot-grüne Option zu prüfen.
18.30 Uhr: Grüner Oberbürgermeister hält Schwarz-Grün für Wortbruch
Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer warnt vor einer schwarz-grünen Koalition auf Bundesebene. "Das wäre ein brutaler Wortbruch", sagte der Realo dem "Mannheimer Morgen" (Dienstag). Er gilt prinzipiell als Befürworter einer Öffnung der Grünen hin zur Union. Die Wähler hätten sich aber klar für Schwarz-Rot ausgesprochen, sagte er. "Nach dieser Niederlage haben wir auch gar nicht die Kraft, eine solche Koalition auszuhalten. Schwarz-Grün hätte im Bundesrat keine einzige Stimme." Palmer sieht auch zu wenig inhaltliche Schnittmengen. Eine Einigung mit der Union ginge "nur um den Preis des totalen Gesichtsverlusts der Grünen".
17.05: Steinmeier will Fraktionschef bleiben:
Frank-Walter Steinmeier will sich am Dienstag erneut zum Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion wählen lassen. Das verlautete am Montag aus Fraktionskreisen. Auch der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann will sich im Amt bestätigen lassen. Der neuen SPD-Fraktion gehören 192 Abgeordnete an, bisher waren es 146 Abgeordnete. Bisher ist unklar, ob die SPD sich an einer möglichen großen Koalition beteiligen würde. Einen Fingerzeig hierzu soll ein Konvent mit 200 Delegierten am Freitag in Berlin geben.
16.35 Uhr: SPD-Linke und Ströbele werben für Rot-Rot-Grün
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele hat seine Partei sowie die SPD zu Gesprächen mit der Linkspartei aufgefordert. Das linke Lager habe die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag, erklärte Ströbele, der in Berlin das einzige Direktmandat der Grünen bei der Bundestagswahl gewonnen hatte, am Montag. "Also sollten wir jetzt Gespräche mit der Linken führen, um zu versuchen, unsere Wahlziele doch noch zu erreichen." Im neuen Bundestag gibt es eine rechnerische Mehrheit für SPD, Linke und Grüne.
Die Grünen-Spitze hatte zuvor einmütig Gespräche mit der Linkspartei klar abgelehnt. Die Linke wirbt allerdings intensiv dafür, die Möglichkeiten eines solchen Bündnisses zumindest zu prüfen. Und auch der linke Flügel der SPD, der sich heftig gegen eine große Koalition stemmt, plädiert für Sondierungen in diese Richtung. So hat auch der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner seine Forderung nach einer Öffnung der SPD hin zur Linken unterstrichen. "Es ist unvernünftig, dass auf Dauer eine Mehrheit links der Union nicht genutzt werden kann", sagte der Parteilinke. "Sigmar Gabriel kennt meine Position." Die Chancen für eine große Koalition beurteilte Stegner kritisch. "Steigbügelhalter für Frau Merkel zu werden, ist das Letzte, was ich mir, der SPD wünsche - ob es am Ende zu einer Einigung kommt, da bin ich sehr skeptisch. Aber ich hüte mich auch davor, Dinge auszuschließen."
16.00 Uhr: Kauder will mit Campino singen
Die CDU ließ es am Wahlabend krachen: Der Song "Tage wie diese" von den Toten Hosen begleitete die siegestrunkene Partei durch die Nacht. Am nächsten Morgen verkündete Unionsfraktionschef Volker Kauder, das Lied würde er gern auch mal mit Hosen-Sänger Campino anstimmen. "Wenn er mich einlädt, sing ich es mit ihm mal gerne bei irgendeiner Gelegenheit." Ob Campino mitmachen würde, ist fraglich. Die Toten Hosen haben sich erst kürzlich beschwert, dass ihre Musik im Wahlkampf missbraucht werde. Kauder hat keine Bedenken: "Der Generalsekretär hat
gesagt, dass Wahlsieger das Lied singen dürfen."
15.40 Uhr: Griechen stöhnen nach Merkels Wahlsieg
"Ein Triumph für die Königin des Spardiktats" - so titelte am Montag nach dem Wahlsieg von Bundeskanzlerin Angela Merkel die meistverkaufte griechische Tageszeitung "Ta Nea". Für das Blatt steht fest: "Europa wird Merkeland." Auch auf den Straßen Athens gab es wenig Unterstützung für Merkel, die in dem Euro-Krisenland als Hauptverantwortliche für die massiven Sparmaßnahmen angesehen wird und entsprechend unbeliebt ist. "Merkel ist gut für die Deutschen, aber für uns arme Leute im Süden ist es ein Desaster", sagte ein 36-jähriger Kurier. Es werde weitere Sparvorgaben geben. Ein 56-Jähriger räumte dagegen ein: "Wir beschweren uns, aber wer sonst würde uns all das Geld geben?" Die Griechen müssten dies akzeptieren. Von der Regierung in Athen gab es zunächst keine Reaktion. Der Think Tank Eliamep betonte, die Regierung hoffe auf mehr Zugeständnisse.
15.10 Uhr: Die Linke lässt nicht locker - und wirbt für Rot-Rot-Grün
Trotz aller Absagen der SPD dringt die Linke weiter auf Gespräche über eine rot-rot-grüne Koalition. SPD, Grüne und Linke seien verpflichtet auszuloten, ob ihre rechnerische Mehrheit im neuen Bundestag in eine politische umgemünzt werden könne, heißt es in einem Beschluss des Bundesvorstands vom Montag. "Unsere Türen für solche Gespräche waren und sind offen", sagte Spitzenkandidat Gregor Gysi. "Der SPD und den Grünen hat die Ausschließeritis nichts genutzt."
Vor allem die SPD hatte eine Koalition mit der Linken bereits vor der Wahl ausgeschlossen. Die Parteispitze blieb auch nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses mit einer knappen rot-rot-grünen Mehrheit dabei. Allerdings fordern mehrere Vertreter des linken Flügels inzwischen eine stärkere Annäherung. "Es wird das letzte Mal gewesen sein", dass die SPD eine Kooperation mit der Linken kategorisch ausgeschlossen habe, sagte SPD-Vorstandsmitglied Ralf Stegner.
Tops und Flops
Auch Gysi betonte: "Ich bin sicher, dass es dieses Türenzumachen in dieser Form zum letzten Mal vor dieser Bundestagswahl gegeben hat." Seine Fraktion werde auch in der Opposition weiter auf einen Politikwechsel hinarbeiten und dazu gleich zu Beginn der Legislaturperiode mehrere Anträge zu Themen wie Mindestlohn oder Mietpreisbremse in den Bundestag einbringen.
Die Linke war bei der Wahl am Sonntag mit 8,6 Prozent erstmals zur drittstärksten Kraft im Bundestag geworden.
14.40 Uhr: 138 Abgeordnete aus NRW im Parlament
Dem neuen Bundestag gehören 138 Abgeordnete aus Nordrhein-Westfalen an. Den Sprung nach Berlin schafften 64 Politiker mit einem Direktmandat aus den Wahlkreisen, 74 sicherten sich über die Landeslisten einen Platz im Parlament. Das teilte die Landeswahlleiterin am Montag mit. Die NRW-CDU stellt 63 Abgeordnete. Damit ist ihre Landesgruppe im Bundestag größer als die CSU, die 56 Abgeordnete nach Berlin schickt. Die nordrhein-westfälische SPD erreichte 52 Mandate im Bundestag, die Grünen 13 und die Linke 10 Mandate.
14.15 Uhr: SPD-Chef sieht keinen Automatismus für eine große Koalition
Für den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel führt das Ergebnis der Bundestagswahl nicht automatisch zur Bildung einer großen Koalition mit der CDU/CSU. "Es ist nichts entschieden, es gibt keinen Automatismus", sagte Gabriel am Montag nach einer Sitzung des SPD-Vorstands. Das sei die klare Botschaft des Parteivorstands. Ob es Schnittmengen mit der Union gebe, könne die SPD erst nach dem für Freitag angesetzten Parteikonvent sagen.
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"Die SPD steht jetzt nicht Schlange oder bewirbt sich, nachdem Frau Merkel ihren jetzigen Koalitionspartner ruiniert hat", sagte Gabriel mit Blick auf die FDP, die im Vergleich zu 2009 fast zehn Prozent verloren hatte und mit 4,8 Prozent erstmals den Einzug in den Bundestag verpasst.
SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück sagte mit Blick auf die Union: "Die SPD drängt sich nicht auf." Es gebe keine Zwangsläufigkeit, zunächst gehe es um die innerparteiliche Willensbildung, sagte er mit Blick auf den Parteikonvent am Freitag. Die SPD müsse sich auch langfristig aufstellen, betonte Steinbrück. Er verwies auf das 100-Tage-Programm der SPD. Daran würden die Angebote von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine große Koalition gemessen
13:25 Uhr: Merkel: Sind offen für Gespräche - Erster Kontakt mit SPD
Die Union will nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach ihrem Bundestags-Wahlsieg Kontakt zu möglichen künftigen Regierungspartnern aufnehmen. "Wir sind offen für Gespräche", sagte Merkel nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien am Montag in Berlin. Mit SPD-Chef Sigmar Gabriel habe sie bereits "einen ersten Kontakt" gehabt. Dieser habe aber verständlicherweise darum gebeten, dass die SPD erst ihren Konvent an diesem Freitag abhalten wolle. Auf die Frage, ob sie auch zu den Grünen Kontakt aufnehmen wolle, sagte die CDU-Chefin nur: "Das schließt weitere Kontakte nicht aus." Merkel dankte dem bisherigen Koalitionspartner FDP. Sie bedauere, dass die Liberalen knapp den Einzug in den Bundestag verpasst haben.
Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer, hat sich derweil gegen eine große Koalition ausgesprochen. "Die SPD taugt nicht zum Steigbügelhalter von Frau Merkel", erklärte Römer. Eine Koalition aus CDU/CSU und SPD im Bund sei nicht im Interesse Nordrhein-Westfalens. "Die Kanzlerin hat mit ihrer Politik über vier Jahre unserem Bundesland geschadet", sagte Römer laut Mitteilung.
13.05 Uhr: Lindner bewirbt sich um FDP-Vorsitz
Nach dem Debakel der FDP bei der Bundestagswahl soll der nordrhein-westfälische Landes- und Fraktionschef Christian Lindner neuer Bundesvorsitzender werden. Der 34-Jährige habe sich entschieden, sich um den Vorsitz zu bewerben, berichteten Teilnehmer am Montag aus der Vorstandssitzung.
Der bisherige Bundesvize gilt als Hoffnungsträger seiner Partei. Bislang hatte er sich jedoch in Nordrhein-Westfalen in der Pflicht gesehen. Da die Liberalen mit 4,8 Prozent bei der Bundestagswahl aus dem Parlament geflogen sind, muss sie sich jetzt aus den Ländern heraus neu ordnen.
12:28 Uhr: Linken-Spitze wirbt trotz SPD-Absage weiter für Rot-Rot-Grün
Die Linken-Spitze wirbt trotz der Absage der SPD weiter für eine rot-rot-grüne Koalition im Bund. "Die SPD hätte die Chance, den Kanzler zu stellen und Teile ihres Programms zu verwirklichen", sagte Parteichef Bernd Riexinger am Montag vor einer Sitzung des Linken-Vorstands in Berlin.
Es werde sich in den nächsten Tagen zeigen, ob die rot-rot-grüne Mehrheit im neuen Bundestag umgesetzt werde oder die SPD wieder in eine große Koalition gehe. "Wir sind gespannt, ob SPD und Grüne erneut die Lebensversicherung für Kanzlerin Merkel darstellen werden", sagte Riexinger. Das sei wahrscheinlich, "weil alle die Linke von der Regierungsbeteiligung ausgrenzen".
Ko-Parteichefin Katja Kipping hob auch mit Blick auf die Hessenwahl das gute Abschneiden ihrer Partei im Westen hervor. "Alle Unkenrufe, die Linke wäre nur noch eine ostdeutsche Partei", seien verstummt. Es habe sich gelohnt, das Trennende in der Partei zu überwinden.
Die Linke war bei der Bundestagswahl mit 8,6 Prozent knapp drittstärkste Kraft nach Union und SPD geworden. Vor vier Jahren hatte die Partei noch 11,9 Prozent erzielt. Im neuen Bundestag hätte Rot-Rot-Grün rechnerisch eine Mehrheit von 319 der 630 Sitze. In Hessen schaffte die Linke mit 5,2 Prozent knapp den Wiedereinzug in den Landtag.
12:13 Uhr: Rösler und gesamtes FDP-Präsidium bieten offenbar Rücktritt an
FDP-Chef Philipp Rösler und das gesamte Parteipräsidium haben nach dem Wahldebakel vom Sonntag den Rücktritt angeboten. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen. Als neuer Parteivorsitzender ist der ehemalige Generalsekretär Christian Lindner im Gespräch.
Die FDP hat bei der Bundestagswahl ein historisches Debakel erlebt. Mit einem Ergebnis von 4,8 Prozent sind die Liberalen erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik nicht mehr im Bundestag vertreten.
Als erstes Parteigremium kam am Vormittag im Reichstag das FDP-Präsidium zusammen. Rösler und der gescheiterte Spitzenkandidat Rainer Brüderle wollten zuvor keinen Kommentar abgeben. Rösler, bisher Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler, hatte aber bereits am Wahlabend seinen Rücktritt von der Parteispitze angedeutet.
Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sowie Hessens Landeschef Jörg-Uwe Hahn plädierten offen für die Ablösung Röslers durch Lindner. "An Christian Lindner kommt niemand vorbei. Er ist jemand, der die Partei aus der Lethargie herausführen kann", sagte Kubicki. "Der nächste Parteitag muss eine neue Führung wählen. Es kann nicht so weitergehen, definitiv nicht."
Grünen-Spitze will Weg für Neuaufstellung freimachen
Die Grünen-Spitze will nach der Wahlniederlage vom Sonntag den Weg für eine personelle Neuaufstellung freimachen. Parteichefin Claudia Roth habe in Absprache mit dem Co-Vorsitzenden Cem Özdemir am Montagmorgen in einer Vorstandssitzung vorgeschlagen, dass der Vorstand zurücktritt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Parteikreisen. Diejenigen, die wieder antreten wollen, könnten dies beim nächsten Parteitag im Herbst tun.
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Im Vorstand sitzen neben Roth und Özdemir die politische Geschäftsführerin Steffi Lemke, der Bundesschatzmeister Benedikt Mayer, die frauenpolitische Sprecherin Astrid Rothe-Beinlich und der Politiker Malte Spitz. Das Vorpreschen von Roth und Özdemir kann als Signal an die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin verstanden werden, sich ihrerseits Konsequenzen nicht zu verweigern. Trittin ist Fraktionsvorsitzender. Der Vorstand war im November 2012 für zwei Jahre gewählt worden.
Eine erste Personalentscheidung kam am Morgen vom langjährigen Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck. Er will nicht mehr für das Amt antreten. "Ich sehe meine Perspektive in der Fachpolitik", sagte der Menschenrechtspolitiker.
11:33 Uhr: Grünen-Spitze für Rücktritt des Vorstands
Die Grünen-Spitze will nach der Wahlniederlage vom Sonntag den Weg für eine personelle Neuaufstellung freimachen. Parteichefin Claudia Roth habe in Absprache mit dem Co-Vorsitzenden Cem Özdemir am Montagmorgen in einer Vorstandssitzung vorgeschlagen, dass der Vorstand zurücktritt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen.
11:21 Uhr: SPD-Fraktionsvize Schäfer will "nicht nochmal unter Joch von Merkel"
Nach der Bundestagswahl wächst im linken SPD-Flügel der Widerstand gegen eine große Koalition. SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer sagte am Montag zu "Spiegel Online": "Ich möchte mich nicht noch einmal unter das Joch von Frau Merkel begeben." Die Sprecherin des linken SPD-Flügels, Hilde Mattheis, mahnte, eine große Koalition werde den Sozialdemokraten "nicht gut tun" und dürfe "nicht um jeden Preis" eingegangen werden.
Schäfer sagte mit Blick auf ein Regierungsbündnis mit CDU/CSU, vor einer solchen Entscheidung müsse es "einen Parteitag und eine Mitgliederbefragung geben". Mattheis sagte im Südwestrundfunk, der für Freitag geplante kleine SPD-Parteitag werde die Koalitionsfrage "ausloten". Mit Blick auf ein rechnerisch mögliches rot-rot-grünes Bündnis sagte sie, der Vorsprung von wenigen Mandaten garantiere "nicht unbedingt eine stabile Mehrheit". Generell zeige das SPD-Wahlergebnis, dass die "Ausschließeritis im Prinzip uns nicht geholfen hat". Die SPD hatte sich vor der Wahl gegen eine Koalition mit der Linken ausgesprochen.
Bundestagswahl 2013Auch der Berliner SPD-Chef Jan Stöß warnte vor einer raschen Entscheidung zugunsten der Union. "Ich möchte da gar nicht so schnell sein", sagte er dem Sender RBB. Die SPD habe "auch bei leichten Zuwächsen keinen Regierungsauftrag" bekommen. Diesen habe die Union. "Wir haben einen Oppositionsauftrag bekommen, und wenn Sie mich fragen, sollten wir den auch annehmen", sagte Stöß. Zu einem möglichen rot-rot-grünen Bündnis sagte Stöß, auf die Absage der SPD an die Linke sei Verlass: "Die SPD hat das ja vor der Wahl auch sehr klar und deutlich ausgeschlossen, und was vor der Wahl gesagt wird, das gilt auch nach der Wahl."
Der Juso-Bundesvorsitzende Sascha Vogt äußerte sich ebenfalls skeptisch zur Möglichkeit einer großen Koalition. "Für ein Weiter so nach Merkelscher Art darf die SPD nicht zur Verfügung stehen", erklärte er. "Und Opposition muss kein Mist sein", fügte Vogt hinzu. Zugleich plädierte er für "mehr Offenheit für rot-rot-grüne Bündnisse". Dafür müssten SPD und Linke in den kommenden Jahren den Boden bereiten.
11:17 Uhr: Volker Beck zieht sich als Grünen-Fraktionsgeschäftsführer zurück
Der langjährige Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, will nicht mehr für das Amt antreten. "Ich sehe meine Perspektive in der Fachpolitik", sagte Beck am Montag in Berlin.
Die Niederlage bei der Bundestagswahl verlange nach Veränderung. "Das muss jeder selbst entscheiden, wo kann jeder seinen Beitrag leisten." Der 52-Jährige ist seit 2002 Parlamentarischer Geschäftsführer. Zudem ist er Menschenrechtspolitiker. Nun sehe er die Chance, die Grünen als Bürger- und Menschenrechtspartei weiter zu profilieren.
Beck wies erneut Vorwürfe zurück, er habe über einen früheren Aufsatz mit einer pädophilen Position nicht die Wahrheit gesagt. Ihm wird vorgehalten, fälschlicherweise gesagt zu haben, dass der Aufsatz wohl gegen seinen Willen vor der Veröffentlichung verändert worden sei.
Beck unterstrich, er hoffe, dass nach dem Wahlkampf nun die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas in den Vordergrund rücke. Er habe sich wiederholt für den Aufsatz entschuldigt und sich für das Herausdrängen von Pädophilen bei den Grünen stark gemacht.
10:49 Uhr: CSU legt sich zunächst nicht auf große Koalition fest
Nach der Bundestagswahl will sich die CSU zunächst nicht auf eine große Koalition mit der SPD festlegen. "Wir machen jetzt keine Koalitionsspekulationen", sagte CSU-Chef Horst Seehofer am Montag vor einer Sitzung des Parteivorstands in München. "Nach Lage der Dinge ist eine große Koalition naheliegend - aber ob es dazu kommt, werden wir sehen." Man werde jetzt Schritt für Schritt vorgehen. "Jetzt warten wir mal, was bei der SPD geschieht." Dann werde die Union über das weitere Vorgehen beraten. In internen Gesprächen von CSU-Spitzenpolitikern am späten Sonntagabend war aber bereits deutlich geworden, dass die Christsozialen eine Koalition mit den Grünen klar ablehnen.
CDU-Spitzenpolitiker für Gespräche mit SPD und Grünen
Führende CDU-Politiker haben sich nach dem Unions- Sieg bei der Bundestagswahl für Sondierungen mit der SPD wie mit den Grünen ausgesprochen. "Grundsätzlich ausschließen tue ich nichts", sagte Bundesvize Julia Klöckner vor Sitzungen der CDU-Spitzengremien am Montag in Berlin. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte: "Ich plädiere sehr dafür, dass das mit allen Parteien geschieht, mit denen es möglich ist." Ein rechnerisch mögliches Bündnis mit den Grünen wäre aber schwierig. "Die Grünen haben sich sehr weit nach links bewegt im Wahlkampf". Klöckner sagte, die Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen seien natürlich "Hürden".
10.46 Uhr: SPD hält sich zu weiterem Vorgehen zunächst bedeckt
Die SPD hat sich am Morgen nach der Bundestagswahl und der Hessen-Wahl mit Aussagen zu ihrem weiteren Vorgehen zunächst bedeckt gehalten. Parteichef Sigmar Gabriel lobte am Montag erneut den Wahlkampf des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück und des hessischen Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel.
Gabriel räumte ein weiteres Mal ein, dass die SPD mit dem Wahlergebnis "nicht zufrieden sein kann". Steinbrück habe aber "einen fulminanten Wahlkampf hingelegt". Gabriel begrüßte auch, dass Steinbrück für die SPD weiter Verantwortung übernehmen will: "Vielen herzlichen Dank auch dafür, dass Du an Bord bleibst und dass Du mit uns gemeinsam die SPD weiterhin führen willst."
"Weitermachen", erinnerte Steinbrück an einen Ausspruch des einstigen SPD-Fraktionschefs Herbert Wehner nach einer Wahlniederlage. "Das gilt jetzt auch für uns", hob er hervor.
Mit Blick auf Schäfer-Gümbel äußerte Gabriel seinen Respekt, "was du aus der hessischen SPD wieder gemacht hast". "Du hast jetzt das Problem, das erfolgreiche Leute gelegentlich haben. Du muss jetzt gucken, wie Du daraus eine anständige sozialdemokratische Landesregierung machst", spielte er aber auf die unklaren Mehrheitsverhältnisse im neuen hessischen Landtag an.
09:52 Uhr: Grüne offen für Gespräche mit Union über Koalition
Die Grünen sind offen für eine Koalition mit der Union, halten die Chancen dafür aber für gering. Die Basis für eine Zusammenarbeit seien die grünen Überzeugungen, sagte Spitzenkandidat Jürgen Trittin am Montag in Berlin. "Und die zeigen in meinen Augen, dass die Möglichkeit, zu einer gemeinsamen Vereinbarung und handlungsfähigen Grundlage mit der CDU zu kommen, außerordentlich beschränkt sind." Parteichef Cem Özdemir sagte, es liege nun an Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gesprächen einzuladen. "Und wenn sie einlädt, unterhalten wir uns selbstverständlich."
Trittin sieht die Zeit für personelle Konsequenzen aus der Niederlage bei der Bundestagswahl für noch nicht gekommen: "Das wird man in aller Seelenruhe debattieren." Zuerst müsse entschieden werden, wie die Grünen mit den neuen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag umgehen sollten. Dann müsse geklärt werden, was im Bundestagswahlkampf falsch gelaufen sei. Und erst an dritter Stelle müsse über personelle Konsequenzen entschieden werden.
Özdemir machte klar, dass die Wahlniederlage auch personelle Folgen haben müsse. Die Grünen müssten jetzt die Konsequenzen aus der Wahl ziehen. "Dazu gehört eine personelle und eine inhaltliche Neuaufstellung", sagte er. Die Co-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt antwortete ausweichend auf die Frage, ob sie für Führungspositionen in Frage komme: Zunächst müsse der Wahlkampf analysiert werden, sagte sie.
Spitzenkandidat Trittin ist der Kopf des Grünen-Steuerkonzepts. Wahlforscher sehen in den Plänen für Steuererhöhungen einen wesentlichen Grund für den Absturz auf 8,7 Prozent bei der Bundestagswahl, nachdem die Partei noch Monate zuvor im Umfragen bei 15 Prozent lag.
09:32 Uhr: Quoten: Knapp neun Millionen bei "Berliner Runde"
Die "Berliner Runde" mit den Spitzenvertretern der großen Bundestagsparteien war am Sonntagabend der TV-Hit. 5,81 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 16,9 Prozent) verfolgten die Diskussion in der ARD, 3,00 Millionen (8,7 Prozent) im ZDF und 0,14 Millionen (0,4 Prozent) auf Phoenix, wie die Marktforschungsfirma Media Control in Baden-Baden am Montag auf Anfrage mitteilte. Mit insgesamt 8,95 Millionen Zuschauern erreichte die Diskussion nach der Bundestagswahl damit so viele Zuschauer wie normalerweise ein ARD-"Tatort"-Krimi - der braucht für diese Quote allerdings nur einen Kanal.
Das Wahl-Fiasko der FDP
Bahr: Neuaufstellung der FDP muss über Länder geschehen
Nach ihrem Fiasko bei der Bundestagswahl muss die FDP sich nach den Worten von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) über die Landesverbände neu ordnen. "Der Aufbau der FDP muss jetzt über die Länder geschehen", sagte Bahr am Montag im Inforadio des RBB. In den Länderparlamenten sei die FDP teilweise stark. Die Liberalen hatten bei der Bundestagswahl den Wiedereinzug ins Parlament verpasst. "Die ganzen Erfolge, die die Koalition hat, sind offenbar voll bei der Union verbucht worden", sagte Bahr. Es seien aber auch Fehler gemacht worden. Zu personellen Konsequenzen in der Partei wollte der Gesundheitsminister sich nicht äußern. "Wir haben ja jetzt Zeit."
07:28 Uhr: Künast: Jetzt "klar und schonungslos" analysieren
Das schlechte Anschneiden der Grünen bei der Bundestagswahl muss nach den Worten von Fraktionschefin Renate Künast intern schonungslos analysiert werden. Vor der Wahl habe die Partei zu viele Fehler gemacht und mit ihrem Wahlkampf und ihrer Aufstellung dafür "viele Angriffspunkte geboten", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung". "Wir haben zum Beispiel die zentrale politische Aufgabe einer Energiewende, die wir am besten können, nicht nach vorne gestellt."
Sie sage ganz klar, dass jetzt "in der Partei intern deutlich und klar und schonungslos analysiert werden" müsse. Es gebe aber keinen Grund für Schnellschüsse. Die wären auch ein Fehler, sagte Künast. Mit Blick auf eine mögliche neue Debatte über schwarz-grüne Bündnisse meinte die Fraktionschefin: "Ich will jetzt erst mal verstehen, wie unser Ergebnis zustande kam. Das müssen wir intern analysieren. Alles andere kommt später."
Merkel feiert ihren Triumph
SPD-Generalsekretärin - Kein Automatismus für große Koalition
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat sich distanziert geäußert zu einer möglichen großen Koalition ihrer Partei mit der Union. "Erst einmal gibt es überhaupt keinen Automatismus für eine große Koalition", sagte Nahles im ARD-Morgenmagazin am Montag. Für die SPD gebe es keinen Grund für Schnellschüsse. Sie werde sich "ganz viel Zeit" lassen mit ihrer Entscheidung über das weitere Vorgehen. Nahles versicherte, dass es für die SPD kein Bündnis mit den Linken geben werde. "Wir haben vor der Wahl gesagt, dass es Rot-Rot-Grün nicht gibt", sagte sie. Es gebe keinen Grund, daran nun nach der Wahl etwas zu ändern.
Nahles machte klar, es sei an Kanzlerin Angela Merkel (CDU), eine Regierung zu bilden und Partner dafür zu suchen. Dafür gebe es mehrere Alternativen.
03:07 Uhr: Wahlbeteiligung liegt höher als 2009
Die Wahlbeteiligung ist gegenüber der letzten Bundestagswahl 2009 leicht gestiegen. Wie der Bundeswahlleiter am frühen Montagmorgen im Internet bekanntgab, stieg sie auf 71,5 Prozent.
2009 lag die Beteiligung an der Wahl bei 70,8 Prozent und war damit so niedrig wie bei keiner Bundestagswahl zuvor. 2005 gingen 77,7 Prozent der Wahlberechtigten wählen, 2002 79,1 Prozent.
01:43 Uhr: Internationale Presse würdigt Merkels "historischen" Wahlsieg
Nach dem triumphalen Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl am Sonntag hat die internationale Presse Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausführlich gewürdigt. Die US-Tageszeitung "New York Times" attestierte der Regierungs- und Parteichefin eine "klare Bestätigung ihrer Führungsstärke". Merkel habe "einen erstaunlichen persönlichen Triumph" erzielt.
Auf den Internetseiten der spanischen Zeitungen war das Wahlergebnis in Deutschland das Hauptthema. Das Abschneiden der Union sei "beispiellos seit den Tagen von Kanzler Konrad Adenauer vor 50 Jahren", schrieb "El País". In Großbritannien griff die "Daily Mail" ebenfalls zum historischen Vergleich und bezeichnete Merkel als "Deutschlands Margaret Thatcher" - die "Eiserne Lady" hatte Großbritannien von 1979 bis 1990 regiert.
Die größte polnische Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" erklärte, die CDU habe dank einer komplett auf Merkel zugeschnittenen Wahlkampagne die anderen Parteien "vernichtet". Die Kanzlerin sei "die einzigartige Marke" ihrer Partei.
Laut Hochrechnungen von ARD und ZDF kam die Union bei der Bundestagswahl am Sonntag auf fast 42 Prozent der Stimmen und wurde mit deutlichem Abstand stärkste Kraft. Allerdings verlor sie wohl ihren Koalitionspartner, da die FDP den Hochrechnungen zufolge an der Fünfprozenthürde scheiterte.
Die "New York Times" warnte vor dem Hintergrund der europäischen Finanzkrise, wochenlange Koalitionsverhandlungen könnten nun "zu einer weiteren Lähmung in Europa" führen. Sie empfahl der Union Gespräche mit der SPD zur Bildung einer großen Koalition.