Berlin. Die Grünen stehen nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl vor einem personellen Neuanfang. Parteichefin Claudia Roth und ihr Co-Vorsitzender Cem Özdemir haben einen Rücktritt des gesamten Vorstands vorgeschlagen. Die Ursachenforschung hat begonnen,
Bei den Grünen stellt die gesamte Führung ihre Ämter geschlossen zur Verfügung. Der Bundesvorstand und der Parteirat würden beim nächsten Parteitag im Herbst vorzeitig neu gewählt, kündigten die Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir am Montag in Berlin an.
Es solle in Partei und Fraktion ein "neues Personaltableau" geben, sagte Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke am Montag dem Sender "Phoenix". Es gebe viele Ursachen dafür, warum die Grünen aus der Zustimmung zu ihrem politischen Programm kein besseres Ergebnis machen konnten.
Ablehnend äußerte sich Lemke zu einem möglichen schwarz-grünen Bündnis. Nach dem Wahlkampf sehe sie nicht, wo es zwischen beiden Parteien Gemeinsamkeiten gebe. Der Regierungsauftrag liege bei der Union, die Grünen sehe sie eher in der Opposition. Nach dem Grünen-Wahlergebnis von nur 8,4 Prozent bei der Wahl vom Sonntag sei eine Debatte über Schwarz-Grün "noch schwieriger".
Cohn-Bendit schließt Schwarz-Grün aus
Die Grünen waren bei der Wahl am Sonntag dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge nur viertstärkste Kraft geworden. 2009 hatte die Partei noch 10,7 Prozent erreicht, in den Umfragen hatten sie zwischenzeitlich deutlich darüber gelegen.
"Ich halte die Option Schwarz-Grün angesichts des Wahlergebnisses für ausgeschlossen", sagte der Grünen-Fraktionschef im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, zu "Spiegel Online". "Die Partei muss jetzt erst einmal wichtige inhaltliche und personelle Fragen klären." Er rate zu einer "ehrlichen Fehleranalyse".
Tops und Flops
Wahlbeteiligung
Nirgendwo waren die Bürger in Nordrhein-Westfalen so wahlmüde wie im westlichen Ruhrgebiet. Im Wahlkreis Duisburg II gaben nur 63,6 Prozent ihre Stimmen ab. Die meisten Bürger gingen...
Wahlbeteiligung
...in Münster an die Urnen (79,1 Prozent). Insgesamt lag die Wahlbeteiligung in NRW bei 72,5 Prozent.
Direktmandate
Die politische Karte in NRW ist überwiegend schwarz: 37 von 64 Direktmandate konnte die Union für sich entscheiden. Die SPD gewann...
Direktmandate
...27 Wahlkreise. Im Wahlkreis Bielefeld-Gütersloh II nahm die SPD der CDU das Direktmandat ab, im Wahlkreis Essen III war es umgekehrt.
Wahlkreiskönig
Das landesweit beste Ergebnis erzielte Carsten Linnemann (CDU) im Wahlkreis Paderborn-Gütersloh III mit 59,1 Prozent. "Wahlkreiskönig" bei der SPD...
Wahlkreiskönig
... ist Michael Groß mit 50,5 Prozent in Gelsenkirchen.
CDU
Die Union gewann landesweit 6,7 Prozentpunkte. Ihren größten Gewinn verzeichnete sie mit 8,8 Punkten im Wahlkreis Krefeld I-Neuss II. In Borken II erreichte sie mit 53,5 Prozent ihr höchstes Zweitstimmenergebnis.
SPD
Die Sozialdemokraten konnten im Vergleich zur vergangenen Bundestagswahl leichte Gewinne bei den Zweitstimmen verzeichnen. Den größten Zuwachs gab es mit 5,3 Prozentpunkte im Wahlkreis Dortmund II zu.
FDP
In Nordrhein-Westfalen hätte die FDP die Fünf-Prozent-Hürde knapp geschafft (5,2 Prozent), dennoch sind auch landesweit die Verluste deutlich: 9,6 Prozentpunkte verloren sie im Vergleich zu 2009. Im Rhein-Sieg-Kreis II waren es sogar 13,5 Prozentpunkte weniger Zweitstimmen.
Grüne
Landesweit erreichten die Grünen ihre besten Ergebnisse in den Wahlkreisen Köln II (15,6 Prozent) und Münster (15,2 Prozent). Gleichzeitig mussten sie in Köln die stärksten Verluste an Zweitstimmen im Vergleich zur vergangenen Bundestagswahl hinnehmen. 4,2 Prozentpunkte ging es in Köln II abwärts.
Linke
Auf ein zweistelliges Ergebnis wie 2009 kam die Linke in keinem der nordrhein-westfälischen Wahlkreise. Den höchsten Anteil an Zweitstimmen erreichen sie in Köln III mit 9,2 Prozent.
Rechte
Die NPD, REP und Die Rechte strichen in NRW nur 1,1 Prozent der Stimmen ein. Gegenüber der letzten Bundestagswahl war das ein Minus von 0,2 Prozentpunkten. NRW, REP und DVU kamen 2009 auf 1,3 Prozent.
Quelle: dpa
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"Das Ergebnis war ein Schock"
Cohn-Bendit gehört zum Realo-Flügel der Partei und hatte sich vor der Wahl offen gezeigt für ein Bündnis mit der Union. Rechnerisch wäre ein schwarz-grünes Bündnis möglich. Eine große Koalition aus Union und SPD gilt aber als wahrscheinlicher.
"Das Ergebnis war ein Schock", sagte Parteichefin Claudia Roth im ARD-"Morgenmagazin". Die Partei habe es "nicht geschafft, aus gesellschaftlichen auch politische Mehrheiten zu machen". (afp/dpa)
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