München. Endlich Bewegung: Ein deutscher Kardinal ruft zur Toleranz gegenüber Homosexuellen auf, Vertreter des Vatikan stellen den Zölibat für Priester in Frage. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken lobt: Papst Franziskus ermöglicht die angstfreie Debatte um mögliche Reformen.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, hat "eine grundlegende Debatte" über das Thema Zölibat gefordert. Der Zölibat habe "bleibend seinen besonderen Wert", sagte Glück. Aber in vielen Teilen der Weltkirche werde "wegen der Situation in der Seelsorge seit langem darüber gesprochen, dass das zölibatäre Leben nicht mehr zwingende Voraussetzung für die Priesterweihe sein soll."
Glück wertet die Erklärung des künftigen Vatikan-Kardinalstaatssekretärs Pietro Parolin, dass der Zölibat kein Gesetz Jesu sei, sondern eine kirchliche, grundsätzlich abänderbare Regelung, als Signal dafür, "dass solche Fragen nun in Rom nicht mehr tabuisiert werden". Vor diesem Hintergrund lobte der ZdK-Präsident Papst Franziskus "als Wegbereiter angstfreier Verständigung in der Kirche".
Diakonen soll der Weg ins Priesteramt geöffnet werden
Ein erster Schritt zu einer Neuregelung wäre laut Glück, "bewährten verheirateten Diakonen den Weg zur Priesterweihe zu eröffnen". Mit diesem Modell könne die Kirche Erfahrungen sammeln, sagte Glück. Den Diakonen sollte ermöglicht werden, die Sakramente zu spenden und der Eucharistiefeier vorzustehen. Glück erwartet aber keine raschen Entscheidungen, denn "über die Zukunft des Zölibats kann nur auf Ebene der Weltkirche entschieden werden".
Glück begrüßt zudem die Initiative des Mainzer Kardinals Karl Lehmann für einen neuen Umgang der Kirche mit Homosexualität. "Es ist an der Zeit, dass alle Teile der Kirche endlich realisieren, was schon im Weltkatechismus steht: Homosexuelle dürfen nicht diskriminiert werden", forderte der ZdK-Präsident. "Für die Kirche ist der Umgang mit Homosexualität eine Frage der Glaubwürdigkeit." Homosexualität sei Teil der Realität, auch in geistlichen Berufen, sagte Glück.
Lehmann hatte zuvor betont: "Es gibt kein überzeugendes Argument, Homosexualität geringer zu bewerten. Hier benötigen wird ein echtes Umdenken in der Kirche." Niemand wisse so richtig, wie und warum es Homosexualität gebe. "Wenn ich das aber heute nicht weiß, dann muss ich auch ganz zurückhaltend sein im Urteilen. Ich muss dann einfach eine gewisse Toleranz walten lassen, dass Menschen so sind."
Es gebe eine hohe Pflicht gegenüber dem Einzelnen, ihm menschlich gerecht zu werden. Er wisse auch, dass der eine oder andere Priester homosexuell sei. "Was mich stört, ist diese propagandistische, lobbyhafte Art pro Homosexualität, weil es jungen Leuten Lebensformen verspricht, die dann doch nicht genügend erprobt sind", sagte Lehmann. (afp/dpa)