Genf/Berlin. Nach tagelangem Ringen haben sich die USA und Russland auf einen Plan zur Zerstörung der syrischen Chemiewaffen geeinigt. Der Weg zum Ziel ist allerdings schwierig, möglicherweise unpassierbar. UN-Kontrolleure könnten Gefahr laufen, in Syrien zwischen die Bürgerkriegs-Fronten zu geraten.

Bis spätestens Mitte 2014 sollen nun alle syrischen Chemiewaffen vernichtet sein - soweit der amerikanisch-russische Plan. Der Weg dahin ist steinig, er könnte sich sogar als unpassierbar erweisen. Einige der größten potenziellen Hindernisse:

Was passiert, wenn Assad die Zusammenarbeit verweigert oder nicht alle Giftgas-Vorräte aufgibt?

Die USA drohen für so einen Fall Militärschläge an. US-Präsident Barack Obama hat das nach der Vereinbarung mit Russland über die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen bekräftigt. Ein völkerrechtlich gültiges Mandat gibt es dafür aber weiterhin nicht.

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In der Genfer Vereinbarung heißt es zwar, der UN-Sicherheitsrat solle bei Verstößen Syriens "Maßnahmen unter Kapitel VII der UN-Charta verhängen". Dieses Kapitel erlaubt als letztes Mittel militärische Gewalt. Doch Russlands Außenminister Sergej Lawrow stellte klar: Jede angebliche Zuwiderhandlung durch das Assad-Regime "muss vor dem UN-Sicherheitsrat überzeugend und eindeutig bewiesen werden". Als Veto-Macht kann Russland also - genau wie bisher - jede Resolution verhindern, die militärische Maßnahmen gegen Syrien erlauben.

Wie kann man wissen, dass das syrische Regime wirklich alle Arsenale öffnet?

Letztlich wird dies niemand mit Sicherheit sagen können. Viel wird davon abhängen, ob die Kontrolleure wirklich ungehinderten Zugang zu allen Militärstützpunkten und potenziellen Waffenlagern bekommen, die sie sehen wollen. Sie müssen daher Hinweise auf alle Orte haben. Und selbst, wenn das Regime vollständig kooperiert - in einem Kriegsgebiet wird es immer Orte geben, die aus Sicherheitsgründen gerade nicht zugänglich sind.

Über welche Mengen Chemiewaffen verfügt Syrien denn?

In Genf haben die USA und Russland ihre Erkenntnisse ihrer Geheimdienste abgeglichen. Inoffiziell verlautete, man rechne mit rund 1000 Tonnen Chemiewaffen sowie Vorprodukten zu deren Herstellung. US-Experten gehen davon aus, dass sie in 45 Orten gelagert werden, die unter Kontrolle von Regierungstruppen stehen.

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Die russischen Angaben sollen leicht abweichen. Zudem sollen sich danach nicht sämtliche Lager in Gebieten befinden, die von der Regierung beherrscht werden. Mit Spannung wird erwartet, welche Angaben das Assad-Regime macht: Es muss in einer Woche eine Liste vorlegen, "die Namen, Gattungen und Mengen seiner chemischen Kampfstoffe, Waffengattungen, sowie Ort und Art von Lager-, Produktions- und Forschungsstätten" umfasst. Doch werden die Angaben vollständig sein? Darüber kann leicht neuer Streit entstehen.

Wer gewährleistet die Sicherheit der Kontrolleure?

Die C-Waffen-Suche ist mit Sicherheit riskant. Schon früher wurden aus Sicherheitsgründen Beobachtereinsätze in Syrien abgebrochen. Als UN-Inspekteure im August bei Damaskus nach Spuren des möglichen Giftgas-Einsatzes vom 21. August suchten, wurden sie gleich am ersten Tag ihres Einsatzes von Heckenschützen angegriffen.

Fallen diesmal wieder Schüsse, könnte Streit darüber entbrennen, ob Assads Getreue oder seine Gegner dahinterstecken. Erschwerend kommt hinzu, dass die oppositionelle Freie Syrische Armee die Genfer Vereinbarung ablehnt. Man werde "den Vorschlag vollständig ignorieren und weiterkämpfen bis zum Sturz des Regimes", sagt FSA-Generalstabschef Salim Idriss. Kontrolleure könnten Gefahr laufen, in Syrien zwischen die Fronten zu geraten.

Können die Chemiewaffen wirklich gefahrlos unschädlich gemacht werden?

Wohl nur, wenn es gelingt, sie aus Syrien herauszuschaffen, was auch das Ziel ist. Doch ob Chemiewaffentransporte innerhalb des Landes derzeit gefahrlos möglich sind, ist eine offene Frage. Schließlich kämpft in dem Land nicht nur die Freie Syrische Armee gegen das Regime, es kämpfen auch immer mehr radikalislamistische Rebellen. Die Vorstellung, das Giftgas in die Händen von Dschihadisten gelangen könnte, ist ein Alptraum für alle Seiten.

Ist der Zeitplan zu schaffen?

Der Plan, bis Mitte 2014 fertig zu sein, ist äußerst ambitioniert, erst recht wenn man die Bürgerkriegslage bedenkt. Laut Kersten Christoph Link, dem technischen Vorstand der auf die Verbrennung von Nervengas spezialisierten Eisenmann AG in Böblingen, würde die Vernichtung der chemischen Waffen mindestens ein Jahr dauern. Dem "Focus", sagte er, der Aufwand für die Vernichtung chemischer Kampfstoffe sei zehn Mal so groß wie für die Herstellung. (dpa/afp)