Washington. US-Präsident Obama wirbt vehement für ein Ja des Kongresses zu einem Militärschlag gegen das syrische Regime. Obamas Stabschef Denis McDonough weist daraufhin, dass es keine unwiderlegbaren Beweise zu der Verbindung des Assad-Regimes und dem Einsatz von Giftgas gebe.

Nach dem Ende der Sommerpause am heutigen Montag könnten im US-Kongress die mit Spannung erwarteten Beratungen über einen Militärschlag gegen das syrische Assad-Regime beginnen. Allerdings zeichnet sich dort massiver Widerstand gegen die Pläne von Präsident Barack Obama ab, insbesondere im Abgeordnetenhaus. Entscheidende Abstimmungen werden frühestens in der zweiten Wochenhälfte erwartet.

Am Dienstagabend will Obama in einer Rede an die Nation für Zustimmung werben. An diesem Montag stehen auf Obamas Programm Interviews mit sechs Fernsehsendern. Bei Verbündeten sorgt der US-Fahrplan für die Vergeltungsaktion wegen mutmaßlicher Giftgasangriffe für Skepsis. Deutschland stimmte erst mit Verzögerung einer von den USA eingebrachten Syrien-Erklärung zu.

Syrischer Machthaber Assad streitet den Einsatz von Giftgas weiter ab

Unterdessen wies der syrische Präsident Baschar al-Assad in einem Interview des US-Senders CBS erneut den Vorwurf zurück, sein Regime habe am 21. August Giftgas eingesetzt. Er bekräftigte zugleich, dass sein Land auf einen US-Militärschlag vorbereitet sei. Das Interview soll am Montag veröffentlicht werden, aber Journalist Charlie Rose, der es geführt hat, gab am Sonntag in einer CBS-Sendung bereits einen Überblick.

Demnach sagte Assad: "Es gibt keine Beweise dafür, dass ich chemische Waffen gegen mein eigenes Volk eingesetzt habe ..., und wenn die (Obama-)Regierung tatsächlich Beweise hat, dann sollte sie diese zeigen." Rose zufolge deutete Assad auch an, dass es im Fall einer US-Intervention einen Vergeltungsschlag geben könnte. Diese Aktion könne aus einer Gruppe von Leuten kommen, die mit ihm verbündet seien, zitierte der Journalist den syrischen Präsidenten.

Obamas Stabschef: Keine unwiderlegbaren Beweise zu Syrien

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Der Stabschef im Weißen Haus, Denis McDonough, räumte unterdessen ein, dass die USA keine hundertprozentig sicheren Beweise für eine Verbindung des syrischen Regimes zur mutmaßlichen Giftgasattacke vom 21. August haben. In einem Interview des Senders CNN sagte McDonough am Sonntag, dass unabhängig von geheimdienstlichen Informationen der gesunde Menschenverstand sage, "dass das Regime das ausgeführt hat".

Als die CNN-Journalistin nachhakte, antwortete der Stabschef: "Haben wir ein Bild oder einen unwiderlegbaren Beweis, jenseits vernünftigen Zweifels? Dies ist kein Gericht. Und so läuft Geheimdienstarbeit nicht."

In weiten Teilen der US-Bevölkerung treffen Obamas Syrien-Pläne auf offenen Widerspruch. Viele Bürger befürchten, dass ihr Land wieder in einen fernen Krieg gezogen wird. Das Weiße Haus hat den Einsatz von Bodentruppen bereits ausgeschlossen.

Militäraktion wäre auch ein Zeichen für den Iran und die Hisbollah

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US-Außenminister John Kerry machte in Paris klar, dass sich Obama noch nicht festgelegt habe, ob er mit einem Militärschlag bis zum Ende der laufenden Untersuchungen der UN-Inspekteure warten will. Frankreichs Präsident François Hollande hatte am Freitag überraschend angekündigt, vor einem Schlag gegen Syrien den UN-Expertenbericht abwarten zu wollen. Frankreich ist der einzige Nato-Partner, der sich aktiv an einem US-Militärschlag beteiligen will.

Eine Militäraktion gegen Syrien wäre laut Kerry auch ein Zeichen für den Iran und die Hisbollah. Sonst würden beide glauben, dass nichts passiere, wenn international geächtete Waffen genutzt würden, sagte er nach einem Treffen mit Vertretern der Arabischen Liga.

Der "Los Angeles Times" zufolge plant Obama einen dreitägigen Angriff, bei dem nicht nur Marschflugkörper von Schiffen abgeschossen, sondern auch Luftwaffenbomber eingesetzt werden könnten. Das Weiße Haus habe das Pentagon in den vergangenen Tagen um eine erweiterte Liste von Zielen ersucht, berichtete das Blatt am Sonntag unter Berufung auf Regierungsbeamte.

US-Senator Graham fordert syrische Opposition zur Mithilfe auf

Der US-Senator Lindsay Graham hat die syrische Opposition aufgefordert, der Vernichtung des Chemiewaffenarsenals von Präsident Baschar al-Assad durch internationale Experten zuzustimmen. Die syrische Website "Zaman al-Wasl" veröffentlichte am Montag einen Brief, den der Republikaner Lindsay Graham am vergangenen Freitag an führende Mitglieder der Nationalen Syrischen Allianz geschickt hatte. Darin heißt es: "Ohne diese Erklärung wird es schwierig sein, (im US-Kongress) die Unterstützung zu erhalten, die für eine US-Militäraktion in Syrien notwendig ist."

Graham wies darauf hin, dass er die Allianz bereits im vergangenen April gebeten habe, die Vernichtung der C-Waffen nach einem Sturz von Präsident Baschar al-Assad zu fordern. Damals sei aber bedauerlicherweise nichts geschehen.

Graham unterstützt die Pläne von US-Präsident Barack Obama für einen Militärschlag gegen das syrische Regime wegen mutmaßlicher Attacken mit Giftgas. Er plädiert schon seit etwa zwei Jahren für ein militärisches Eingreifen in Syrien und fordert den Sturz Assads. Die beiden Kammern des US-Kongress werden diese Woche über einen möglichen Angriff diskutieren.

China fordert von USA "extreme Vorsicht" in Syrien-Konflikt 

China hat die USA zu Zurückhaltung im Syrien-Konflikt aufgerufen. Außenminister Wang Yi forderte am Sonntagabend in einem Telefonat mit seinem amerikanischen Amtskollegen John Kerry "extreme Vorsicht" in dieser Frage, wie das chinesische Außenministerium mitteilte. Die maßgeblichen Länder sollten sich etwaige Schritte gegen Syrien "dreimal überlegen", wurde Wang zitiert. Er forderte die USA auf, sie sollten "in den Rahmen des UN-Sicherheitsrats zurückkehren, um dort Konsens zu erzielen und die Syrien-Frage angemessen zu behandeln". Die USA und China sollten sich jedem Einsatz von Chemiewaffen gemeinsam entgegenstellen.

Zwei in Syrien entführte Ausländer wieder frei

Zwei seit Anfang April in Syrien entführte westliche Ausländer sind wieder frei. Der italienische Journalist Domenico Quirico und der belgische Lehrer und Autor Pierre Piccinin da Prata seien freigelassen worden und auf dem Weg nach Italien, teilte Ministerpräsident Enrico Letta am Sonntag in Rom mit. Die Bemühungen der vergangenen Monate seien letztendlich von Erfolg gekrönt worden. Wer die beiden Männer, die offenbar zusammen unterwegs waren, entführte, blieb zunächst unklar. Im April waren vier weitere italienische Journalisten entführt worden. Sie kamen nach knapp einem Monat wieder frei.