Kairo/Damaskus. . Nach den neuen Giftgasvorwürfen gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad werden die Forderungen nach einem harten Vorgehen gegen Damaskus lauter. Sollten die Angriffe bewiesen werden, sei mehr als eine internationale Verurteilung notwendig, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius.

Das Entsetzen geht um den Globus. Geschockt steht die Weltöffentlichkeit vor den Bildern des bisher schlimmsten Massakers im syrischen Bürgerkrieg. Für die Türkei hat Damaskus damit endgültig die „rote Linie“ überschritten. Frankreich fordert eine „harte internationale Reaktion“, schließt jedoch den Einsatz von Bodentruppen nach wie vor aus. Die USA sehen „klare Hinweise“, dass es einen Giftgasangriff gab und dass die tödlichen Raketen von Bashar al-Assads Armee abgefeuert wurden.

Schaum quillt aus dem Mund

Ein solches Kriegsverbrechen, so hatte US-Präsident Obama vor Monaten erklärt, werde ein Eingreifen der internationalen Gemeinschaft zur Folge haben. Und so geriet Syriens Regime am Donnerstag unter massiven diplomatischen Druck, den erst kürzlich nach Damaskus gereisten UN-Chemiewaffenexperten zu gestatten, vor Ort Proben zu nehmen, Gespräche mit Opfern zu führen und nach den Verantwortlichen für den Beschuss zu fahnden.

Auch interessant

59114062--198x148.jpg
Von Christopher Onkelbach

Zwischen 500 und 1300 Menschen sind nach Angaben verschiedener Menschenrechtsorganisationen gestorben, Hunderte liegen mit schweren Nervenvergiftungen in Krankenhäusern und Notlazaretten. Auf Videos sind Opfer zu sehen, denen Schaum aus dem Mund quillt. Ärzte versuchen, bewusstlose Kinder wiederzubeleben. Anderen Verletzten zittern Arme und Beine. Die wenigen Ärzte und Helfer sind völlig überfordert.

UN-Inspektoren ohne Zugang

Das Unheil überraschte die Männer, Frauen und Kinder am Mittwoch drei Uhr früh im Schlaf, als in den Vororten Ain Tarma, Zamalka, Moadamieh und Jobar östlich von Damaskus die Raketen einschlugen. „Wir sind fassungslos und tief schockiert“, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und forderte „so rasch wie möglich“ eine Untersuchung des Massakers. Das Ganze sei, egal wie am Ende die Erkenntnisse ausfielen, „eine beträchtliche Eskalation mit schweren humanitären Folgen“. Ban forderte beide Seiten auf, die Kämpfe einzustellen, damit die UN-Experten ohne Gefahr arbeiten könnten. „Die Sicherheitslage lässt dies momentan nicht zu“, hieß es dazu aus Damaskus – und ließ die Region auch am Donnertag durch Kampfjets bombardieren ließ.

Am Sonntag erst hatte die syrischen Führung nach monatelangem Tauziehen ein Team von UN-Inspektoren unter der Führung des Schweden Aake Sellstroem ins Land gelassen, das mögliche frühere Einsätze von Chemiewaffen aufklären soll. Als Bedingung ließ Assad das Mandat der Experten auf drei Orte beschränken, Khan al-Assal in der Provinz Aleppo, Ataybeh nahe Damaskus und Homs. Ob das Regime den UN-Experten den Zugang zu dem jüngsten Angriffsort erlaubt, ist unklar.

„Geplante Provokation“

Das Assad-Lager sowie Russland und Iran reagierten auf die Giftgasvorwürfe mit den üblichen Dementis. Die Behauptungen seinen „unlogisch“, erklärte Syriens Informationsminister Omran Zoabi. Agenturen zitiert ein hochrangiges Mitglied des Regimes mit den Worten, es käme einem „politischen Selbstmord“ gleich, hätte die Armee ausgerechnet am ersten Arbeitstag der UN-Giftgasexperten Chemiewaffen eingesetzt. Allerdings operieren im Umland von Damaskus auch Einheiten der Hisbollah, die eigene Raketen verschießen.

Russland nannte den Beschuss eine „geplante Provokation“ der Rebellen. Auch Irans Außenminister Mohammad-Javad Zarif sagte, der Angriff müsse von den Rebellen gekommen sein, weil diese „bereits bewiesen haben, dass sie zu jeder Art von Verbrechen fähig sind“.