Huairou. Seit 2010 sitzt der chinesische Regimekritiker Liu Xiaobo im Gefängnis. Nun hat ein Gericht in China das Urteil gegen seinen Schwager bestätigt: Wegen Betrugsvorwürfen muss auch er für elf Jahre hinter Gitter. Die Familie will sich aber nicht geschlagen geben. Sie bereitet Klagen vor.
Ein Volksgericht in China hat eine elfjährige Haftstrafe gegen den Schwager des inhaftierten Nobelpreisträgers Liu Xiaobo bestätigt. Der Berufungsantrag von Liu Hui gegen seine Verurteilung wegen Betrugs wurde am Freitag abgeschmettert, wie Anwalt Shang Baojun der Nachrichtenagentur dpa sagte. Der Prozess hatte international scharfe Kritik ausgelöst und war als Vergeltung an der Familie des Regimekritikers interpretiert worden.
Aber Liu Xiaobo und seine Frau Liu Xia, die seit 2010 in Peking unter Hausarrest steht, können sich schon bald gegen die Behörden zur Wehr setzen. Zwei Klagen würden derzeit vorbereitet, sagten Diplomaten. Liu Xiaobo wolle gegen seine strengen Haftbedingungen vorgehen, seine Frau den Hausarrest anfechten. "Das wären symbolische Schritte ohne große Chancen auf Erfolg", urteilten Diplomaten jedoch.
Diplomat vermutet politische Verfolgung
Liu Xia wollte am Freitag selbst zum Prozess gegen ihren Bruder in den Pekinger Vorort Huairou fahren, habe auf dem Weg ins Gericht aber "Probleme mit dem Herzen" bekommen und sei umgekehrt, berichtete Charles Parton von der EU-Delegation in Peking. In einer Erklärung im Namen EU bedauerte der Diplomat, dass das Gericht die Verurteilung aufrechterhalten habe.
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Er äußerte die Vermutung, dass die Strafverfolgung von Liu Hui mit der Situation des Nobelpreisträgers und seiner Frau zusammenhänge und "deswegen politisch motiviert sein könnte". Parton forderte erneut die Freilassung von Liu Xiaobo und Liu Xia, die unter "illegalem Hausarrest" gehalten werde. Die Diplomaten, darunter auch Vertreter Deutschlands, anderer europäischer Staaten und der USA, durften nicht an der Verhandlung teilnehmen.
Schikane seit Nobelpreis-Auszeichnung
Der Berufungsprozess fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor dem Gericht hatten sich auch einige Unterstützer eingefunden. Einer äußerte die Vermutung, dass die Familie mit Druck zur Ausreise gedrängt werden solle. Seit der Auszeichnung mit dem Nobelpreis 2010 schikanierten die Behörden die Verwandten von Liu Xiaobo, damit diese sich nicht öffentlich äußerten und ihre Kontakte zu Bürgerrechtlern, Anwälten oder Journalisten einstellten, schilderten Diplomaten.
"Indem Liu Xia an dem Prozess teilnehmen durfte, sollte ihr demonstriert werden, was mit ihrer Familie passieren kann", sagte ein Diplomat. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), hatte die Vorwürfe kürzlich als "Ausdruck von Sippenhaft" bezeichnet und die sofortige Freilassung von Liu Hui gefordert. Mit elf Jahren erhielt der Schwager das gleiche Strafmaß wie der Nobelpreisträger, der 2009 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" verurteilt worden war.
China droht Imageschaden
Mit dem Prozess geht die chinesische Führung jedoch auch Risiken ein. Das überzogen strenge Urteil gegen Liu Hui sei ein gewaltiger Imageschaden für Peking, urteilte ein Diplomat.
Friedensnobelpreise
Die Anklage basierte auf Angaben eines Geschäftspartners der Investmentfirma, für die Liu Hui gearbeitet hatte. Es geht um eine Zahlung von drei Millionen Yuan, umgerechnet 367.000 Euro. In seinem Berufungsantrag argumentiert Liu Hui, dass "die Fakten nicht klar und die Beweise nicht ausreichend" seien: Die Anklage stütze sich allein auf die Zeugenaussage des Geschäftsmannes, der vorgebe, betrogen worden zu sein. Es gebe keine anderen Beweise, die die Angaben unterstützten. "Der Fall ist in Wirklichkeit ein zivilrechtlicher Streit", heißt es in dem Dokument. (dpa)