Berlin. . In der Debatte um die Arbeitsverdichtung bei der Polizei stellen mehrere Polizeipräsidenten in NRW Aufgaben auf den Prüfstand. Die Begleitung von Schwertransporten oder das Ausrücken bei Ruhestörungen werden infrage gestellt. In Essen zweifelt man sogar, ob Einsätze bei häuslicher Gewalt nötig sind.
Mehrere Polizeipräsidenten in NRW stellen die Aufgaben der Polizei auf den Prüfstand: Sie fragen sich, ob die Beamten weiterhin bei Ruhestörungen oder Fällen häuslicher Gewalt ausrücken sollen. Das geht aus einer Sammlung von Einzelvorschlägen der Polizeichefs von Düsseldorf, Köln, Dortmund, Münster, Essen und Aachen hervor. Die vertrauliche Liste – datiert vom 18. Juni 2013 – liegt unserer Redaktion vor.
Den Anstoß zur Debatte hatte vor etwa einem Jahr der Polizeichef von Münster, Hubert Wimber, gegeben. Er warb damals dafür, die Polizei von der Bearbeitung von Bagatellunfällen zu entlasten.
Konzentration auf den Kampf gegen die Kriminalität
SicherheitDie Deutsche Polizeigewerkschaft hatte zuletzt gefordert, bei Temposünden den Autohalter haftbar zu machen, wenn er den Fahrer nicht nennt. Bei allen Initiativen geht es im Kern darum, den Aufwand zu reduzieren und die Sicherheitsbehörden auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren: den Kampf gegen die Kriminalität.
Die Aufgabenkritik der Polizeichefs umfasst 33 Punkte. Am häufigsten werden der Objektschutz, die Begleitung von Schwertransporten und die Bearbeitung von Beschwerden wegen Ruhestörung genannt.
Jäger betont: "Wenn die Polizei gerufen wird, kommt die Polizei"
In Dortmund stellt man die verstärkten Streifen im Vorfeld und am Zaun des Flughafens infrage. In Essen entzündet sich die Kritik daran, dass die Justiz die Polizei mit Aufenthaltsermittlungen befasst. Münster schlägt den Verzicht auf Blutproben vor „zugunsten einer Atemalkoholanalyse“. Das würde bundesweit etwa 50.000 Bluttests überflüssig machen. Essen schließt sogar den Einsatz bei Fällen von häuslicher Gewalt – etwa wenn ein Mann seine Frau verprügelt – in die Aufgabenkritik ein.
Es geht nicht darum, die Aufgaben unerledigt zu lassen, sondern sie neu und anders zu verteilen. Beispiel Amtshilfe: So erledigt die Polizei Köln einfache Rauschgiftdelikte aus der Zuständigkeit der Bundespolizei. Beispiel Bürokratie: Die Beamten in Dortmund kritisieren, dass sie eine Unfallblattsammlung auf Papier vorhalten müssen. Außerdem gibt es Aufgaben, die von anderen Behörden oder sogar Privaten erledigt werden können. Darunter fiele die sicherheitstechnische Beratung, die Überwachung beim Abschleppen von Autos oder oft beklagte Begleitung von Schwertransporten.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagt, die Liste sei „nicht abgestimmt“. Jäger bekräftigt: „Wenn die Polizei gerufen wird, kommt die Polizei.“ Das gelte besonders bei häuslicher Gewalt.