Essen. . Der NRW-Chef der Polizeigewerkschaft, Arnold Plickert, warnt im Interview vor Plänen der Landesregierung, das Rentenalter für die Beamten auf 64 zu erhöhen. Die Belastungen im Dienst seien dafür zu hoch - das würden neue Zahlen über den gesundheitlichen Zustand der 40.000 Polizisten im Lande belegen.

Müssen Polizisten bald noch mit 63 im Streifenwagen sitzen? In NRW zeichnet sich eine Debatte über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ab, glaubt Arnold Plickert. Der Chef des Landesbezirks der Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt Rot-Grün: „Das ist fatal und mit uns nicht zu machen“.

„Wir wissen, dass es diese Überlegungen gibt“, sagte Plickert im Gespräch mit dieser Zeitung. Derzeit liege die Altersgrenze der NRW-Polizei bei 62. In einem Drittel der Bundesländer sei allerdings ein höheres Eintrittsalter in die Pension bei der Polizei bereits Wirklichkeit. Auch NRW denke darüber nach, ob es auf 63 oder 64 angehoben werden könne. „Aber so etwas ist für uns völlig unakzeptabel. Wer zwanzig Jahre Wach- und Schichtdienst geleistet hat, sollte sich nicht Freitagnacht noch mit Betrunkenen auf der Straße herumärgern müssen. Ab Mitte 50 geht das gar nicht mehr“. Im Gegenteil: „Er muss die Chance auf eine kürzere Lebensarbeitszeit bekommen.“ Im internationalen Vergleich stehe Deutschland beim Pensionsalter ohnehin schlecht da.

Plickert will das unter allen Umständen verhindern. Der GdP-Vorsitzende kündigt deshalb an, mit der Landesregierung über die Einführung einer Alternative verhandeln zu wollen: Lebensarbeitszeitkonten.

Bis zu 600 Überstunden

Plickert: „Gerade die Kollegen aus den Hundertschaften kommen locker auf 500 bis 600 Überstunden im Jahr. Das gilt auch für den Ermittlungsdienst, der am Wochenende in den Einsatz geht. Sie sollten die Überstunden ansparen können für einen früheren Ruhestand“. So könnten 1700 angesammelte Überstunden ein Jahr eher Pension ergeben. „Das ist machbar“.

Arnold Plickert, NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei, fordert im Interview mit der Funke-Mediengruppe ein Lebensarbeitszeitskonto für Polizisten.
Arnold Plickert, NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei, fordert im Interview mit der Funke-Mediengruppe ein Lebensarbeitszeitskonto für Polizisten. © Tim Schulz

Der langjährige Hauptkommissar sagt aber auch: „Gewerkschaften sollten ihren Mitgliedern nicht vorschreiben, wie lange sie zu arbeiten haben“. Wer länger arbeiten wolle und noch fit sei, der solle dies tun dürfen. Aber nur freiwillig. Ein Korridor für das Ende der Lebensarbeitszeit sei ideal.

Namensschilder für Streifenpolizisten

Hintergrund der Forderungen der GdP sind auch neue Zahlen über die gesundheitlichen Belastungen. Jeder zehnte der 40.000 Polizisten in NRW ist als Folge seiner Arbeit nur noch eingeschränkt einsatzfähig. 2528 Beamte und Angestellte sind sogar dauerhaft „verwendungseingeschränkt“. Sie haben Schlafstörungen und sind deshalb nicht für den Nachtdienst tauglich oder haben aufgrund des Alters Probleme, körperlichen Zwang auszuüben.

Plickert weist Vorwürfe zurück, die Polizei gehe zu gewalttätig vor. Sie waren nach Schlagstockeinsätzen in Bremen und den tödlichen Schüssen auf einen verwirrten Mann in Berlin unter anderem von Amnesty International erhoben worden. „Es sind absolute Einzelfälle, in denen es vielleicht zu überzogenen Reaktionen kommt“, sagt Plickert. In NRW habe eine große Mehrheit der Bevölkerung Vertrauen in Polizisten. Dass das Vertrauen gerechtfertigt sei, belege gerade der Amnesty-Bericht. „Aus NRW gibt es dort im Beobachtungszeitraum von fünf Jahren allenfalls zwei oder drei Fälle.“ Forderungen nach einer Pflicht der Beamten, Namensschilder zu tragen, sieht er differenziert: „Im Streifendienst können sie es tun, wenn sie es wollen.“ Bei den Hundertschaften reiche die jetzige Nummerierung aus.