Berlin. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) muss am Montag erneut Rede und Antwort zur NSA-Affäre stehen. Pofalla wird zum dritten Mal vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste zum Abhör-Skandal befragt. Er ist für die Zusammenarbeit deutscher Geheimdienste mit der NSA zuständig.

Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) sagt am Montag zum dritten Mal vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste zur NSA-Affäre aus. Als Koordinator der Nachrichtendienste ist er auch für die Zusammenarbeit deutscher Geheimdienste mit dem US-Dienst NSA zuständig. Auch die Chefs der drei deutschen Dienste werden vom Ausschuss gehört.

Die Opposition fordert weitere Aufklärung etwa zu der Frage, was die Bundesregierung wann über die Aktivitäten der NSA in Deutschland und über deren Kooperation mit deutschen Diensten wusste. Dabei soll es auch darum gehen, ob der Bundesnachrichtendienst (BND) mit der Weitergabe von Handynummern Terrorverdächtiger an die Amerikaner Beihilfe zu gezielten Tötungen durch US-Drohnen geleistet hat. Der BND bestreitet dies. Die SPD will zudem wissen, welche Ergebnisse die Bemühungen um Aufklärung bei der US-Regierung bisher gebracht haben.

In den vergangenen Tagen war auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in die Kritik geraten, weil er als damals Verantwortlicher im Kanzleramt 2002 über eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Bundesnachrichtendienst BND und der NSA im bayerischen BND-Standort Bad Aibling entschieden hat. Steinmeier hat inzwischen seine Bereitschaft erklärt, ebenfalls vor dem Kontrollgremium auszusagen. Einen Termin gibt es aber noch nicht.

Steinmeier weist Kritik entschieden zurück

In der ARD wies er die Kritik zurück. "Auf Basis dieser bloßen Behauptungen versucht die Bundesregierung, mich zu diffamieren", sagte er am Sonntagabend. Es gehe um massenhafte und lückenlose Ausspähung deutscher Bürger. Die technischen Möglichkeiten dazu seien 2002 nicht absehbar gewesen. "Allein der Verweis darauf, dass irgendeine Entscheidung 2002 das alles hätte vorbereiten können, ist doch abstrus."

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Das Ausspähen weltweiter Kommunikationsdaten (SIGINT) durch den BND hat nach einem ARD-Bericht zur Vereitelung von 86 vorbereiteten oder zumindest geplanten Anschlägen auf die Bundeswehr in Afghanistan beigetragen. Dem Fernsehmagazin "Kontraste" zufolge konnte der BND 4 Anschläge allein und 15 zusammen mit anderen Diensten verhindern sowie in 67 Fällen Anschlagsplanungen im Frühstadium aufdecken. Auf der Grundlage der Vereinbarung von 2002 seien die durch SIGINT gewonnen Erkenntnisse auch an US-Stellen weitergeleitet worden.

BND: Weitergabe von Handynummern basiert auf Gesetz

Zur Weitergabe von Mobilfunknummern Terrorverdächtiger hatte der BND erklärt, diese basiere auf dem BND-Gesetz. Dabei sei die Weitergabe an die Bedingung geknüpft, dass auf Grundlage der Daten nicht gefoltert werde oder eine Verurteilung zum Tode erfolge. Die Daten würden nicht weitergegeben, wenn die "schutzwürdigen Interessen der/des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen", hieß es. "Diese Übermittlungspraxis gibt es im BND seit etwa 2003/2004." Die weitergereichten GSM-Mobilfunknummern seien für eine "zielgenaue Lokalisierung" ungeeignet.

Allerdings lassen sich mit den Handynummern Bewegungsprofile der Nutzer erstellen - die NSA kann das laut "Spiegel" innerhalb weniger Minuten. Der BND teilte dem Magazin mit: "Die Hilfe bei der Orientierung für militärische Operationen kann nicht ausgeschlossen werden."

Riexinger fordert Aufklärung von Steinmeier

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, forderte im "Handelsblatt Online" von Steinmeier Aufklärung, ob er als damaliger Kanzleramtschef über die Weitergabe informiert war. Steinmeier erklärte dazu in der ARD: "Was an diesen Telefondaten weitergegeben worden ist, kann ich jetzt aus meiner Erinnerung so nicht sagen." Im sogenannten Bagdad-Untersuchungsausschuss des Bundestags sei aber die Frage, ob der BND Daten weitergegeben habe, die zu Tötungen führten, "ausdrücklich verneint" worden.

CSU-Chef Horst Seehofer warf im ARD-"Bericht aus Berlin" der SPD und Steinmeier vor, in der Affäre an die Union andere Maßstäbe als an sich selbst anzulegen. Die Sozialdemokraten seien in 11 der letzten 15 Jahre in Regierungsverantwortung gewesen - "da muss ich sehr vorsichtig sein mit den Vorwürfen gegenüber der Union". (dpa)