Berlin. .

Kein anderes Thema hält die Wahlkämpfer so auf Trab wie die NSA-Affäre. Und es ist kein Ende in Sicht. Nächste Woche berät wieder das Bundestagsgremium, das die Geheimdienste überwacht. Seit Tagen attackieren Union, FDP; aber auch die Linkspartei die SPD, weil schon in ihrer Regierungszeit die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst vertraglich geregelt wurde. Was wusste Frank-Walter Steinmeier, der damals als Chef des Kanzleramts die Aufsicht über den Bundesnachrichtendienst (BND) hatte und heute die SPD-Opposition anführt? Ein Faktencheck.

Der SPD wird vorgeworfen, dass sie sehr taktisch mit der Affäre umgeht. Sie gaukele Unwissenheit über einen Sachverhalt vor, den sie seinerzeit 2002 selbst beschlossen habe. Sie führe die Bürger bewusst „in die Irre“, so Unions-Fraktionsmanager Grosse-Brömer. Sie sei jetzt „als unglaubwürdig enttarnt“, sagt FDP-Chef Rösler. „Pure Heuchelei“, meint CDU-Generalsekretär Gröhe. Die SPD vermutet ein „Ablenkungsmanöver“ und drängt auf eine Aufklärung der Affäre.

Fakt ist, dass der Bundesnachrichtendienst und die NSA 2002 vereinbarten, ihre Kooperation zu erweitern. Es gibt dazu ein Dokument, das bis heute die Grundlage der Zusammenarbeit der Dienste ist. Fakt ist auch, dass der BND in Bad Aibling eine Abhörstation der USA übernahm, in ihrem Sinne weiterführte und über die Ergebnisse informierte. Die Vereinbarung trägt nicht die Unterschrift Steinmeiers. Mit Sicherheit gab es damals darüber aber einen Vermerk, der über seinen Schreibtisch ging. Es war seine Grundsatzentscheidung. Und die war notwendig nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Steinmeier versteht die Kooperation nicht als Billigung jeder geheimdienstlichen Praxis, insbesondere nicht der Totalüberwachung des Internets. Angeblich zapfte die NSA im Zuge des Programms „Prism“ jeden Monat in Deutschland 500 Millionen Daten ab. „Prism“ wurde aber erst 2005 gestartet, im Herbst – da war Rot-Grün gerade abgewählt worden und die Aufsicht der Geheimdienste oblag nicht länger Steinmeier. Zwar dürfte er ziemlich gut mit der Arbeit der Geheimdienste vertraut sein. Die SPD kann sich nicht dumm stellen, aber „Prism“ hat Steinmeier nicht zu verantworten.

Die jetzigen Vorwürfe gegen die SPD markieren einen Strategiewechsel der Regierung. Sie geht in die Offensive.