Düsseldorf. . Von A nach B zu gelangen, ist in NRW häufig ein nervenzehrendes Unterfangen: Viele Straßen und Brücken sind marode - für die Sanierung fehlt das Geld. Und auch bei Bussen und Bahnen erhält das Land nicht die Mittel, die ihm prozentual eigentlich zustehen. Die Opposition wirft Rot-Grün Komplettversagen vor.

Sparmaßnahmen im Verkehrsbereich treffen Autofahrer und Pendler in NRW besonders hart. Bund und Land haben Ausbau und Reparatur der überlasteten Verkehrsadern über Jahre vernachlässigt. Rot-Grün und CDU warfen sich gestern gegenseitig vor, nicht genug in Straße und Schiene investiert zu haben. Laut Landesverkehrsminister Michael Groschek (SPD) reichen die vom Bund für 2013 bereitgestellten 353 Millionen Euro für den Erhalt der Autobahnen und Brücken bei Weitem nicht aus.

Allein für die Ertüchtigung der 800 „kritischsten“ Autobahnbrücken in NRW werden nach Berechnungen von Groschek in den nächsten zehn Jahren rund 4,2 Milliarden Euro benötigt. Zur Sanierung von Brücken und Fahrbahnen forderte er eine Gemeinschaftsinitiative „Wir reparieren Deutschland“. Die Lkw-Maut müsse auf alle Straßen und geringere Gewichtsklassen ausgeweitet werden.

Planungen aus ideologischen Gründen eingestellt?

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Im Gegenzug warf CDU-Verkehrsexperte Bernhard Schemmer der rot-grünen Koalition vor, sie habe den Landesstraßenbau-Etat gegenüber 2009 um zehn Prozent auf 128 Millionen Euro gekürzt. Schemmer rechnet damit, dass Berlin unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl die Zuschüsse für den Straßenbau aufstockt.

Während Bayern aber baureife Vorhaben für fast zwei Milliarden Euro in der Schublade habe, fehle es in NRW aus „ideologischen Gründen“ an Planfeststellungen. Derzeit seien nur Projekte im Volumen von 250 Millionen Euro durchgeplant. Groschek hielt dagegen, NRW plane „nicht auf Vorrat“. Wenn der Bund mehr Geld bereitstelle, könne es sofort verbaut werden.

Groschek sieht NRW aber auch bei Bus und Bahn klar benachteiligt. Dem größten Bundesland stehen nach einem Rechtsgutachten der Berliner Humboldt-Universität nur 15,76 Prozent der Regionalisierungsmittel des Bundes zur Verfügung. Gemessen an der Bevölkerungszahl müsse NRW aber 21,8 Prozent erhalten. Laut ÖPNV-Zukunftskommission fehlen dem Land bei den U- und Straßenbahnen bis 2016 rund 1,1 Milliarden Euro.

Kritik an unkooordinierter Baustellenplanung 

Scharf kritisierte die CDU die „unkoordinierte“ Baustellenplanung in NRW. Vor allem die Teilsperrung der A52-Ruhrtalbrücke zwischen Düsseldorf und Essen verursacht immer wieder Rückstaus, zumal Ausweichstraßen oder die S-Bahnlinie 6 durch Baumaßnahmen eingeschränkt sind. „Das hoch frequentierte Autobahnnetz in NRW eignet sich nicht für verkehrspolitische Experimente“, klagt CDU-Verkehrsexperte Bernhard Schemmer in Düsseldorf.

Er kritisiert Missmanagement bei der Baustellen-Koordinierung. Gleichzeitig bemängelt Schemmer, dass die Zahl der Bauingenieure in den Straßenbaubehörden des Landes zurückgefahren wurde. Jetzt fehlten Fachleute, etwa für den Brückenbau. Weil ohnehin die Bedeutung des Verkehrs bundesweit unterschätzt worden sei und Einnahmen aus der Lkw-Maut in anderen Haushalten des Bundes verbucht wurden, reichten die Mittel für die Brücken- und Straßensanierung nicht aus.

Im bisher eher matten Bundestagswahlkampf gehört die Zukunft der Verkehrswege zu den wenigen Themen, an denen sich die Kontrahenten reiben. „Frau Merkel schadet NRW, sie behandelt unser Land stiefmütterlich“, so SPD-Landtagsfraktionschef Norbert Römer.

SPD: „Das Geld fließt nach Bayern“

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Die Infrastruktur an Rhein und Ruhr sei in einem so schlechten Zustand, weil der Bund seinen Verpflichtungen nicht nachkomme. „Das Geld fließt nach Bayern oder wird für einen Stuttgarter Bahnhof ausgegeben“, sagt Römer. Er fordert eine „gerechte“ Behandlung für NRW. Im Transitland NRW kommt vor allem der Schiene in Zukunft eine wachsende Bedeutung zu.

Nachdem der Bund gerade für den Haushalt 2014 zugesagt hat, den ersten Abschnitt des geplanten Rhein-Ruhr-Express (RRX) zwischen Dortmund und Köln zu finanzieren, erwartet der grüne Verkehrsexperte Arndt Klocke eine wirksame Entlastung der Straße, wenn das Langzeit-Projekt erst einmal Wirklichkeit ist. „Millionen Pendler haben künftig eine bessere ÖPNV-Alternative, Straßen werden freier und Staus seltener“, hofft er.

Mit dem ersten Abschnitt sollen für den RRX zunächst Maßnahmen im Bahnhof Dortmund und der Ausbau der Strecke zwischen Köln-Mülheim und Langenfeld-Berghausen auf vier Gleisen realisiert werden. Doch nach all den planerischen Rückschlägen in der langen RRX-Geschichte fragen sich Skeptiker weiter, wann das ehrgeizige Projekt auf die Schiene kommt.