Köln. Die A1-Brücke über den Rhein ist so marode, dass sie kaum noch bis 2020 hält. Das wurde bei einer Ortsbegehung mit den Ministern Ramsauer und Groschek deutlich. Insgesamt werden rasch Milliarden für Brücken-Reparaturen fällig. Die Politik will nun schnell handeln - bevor der Verkehr kollabiert.
Die Not-Sanierung der A 1-Autobahnbrücke über den Rhein bei Leverkusen wird zur Zitterpartie. Das marode, fast 50 Jahre alte Bauwerk soll 2020 durch einen zehnspurigen Neubau ersetzt werden. Jetzt warnt NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD): „Niemand kann garantieren, dass diese Brücke noch bis 2020 hält“.
Über die Folgen einer vorzeitigen Sperrung redet niemand gerne. Eine Unterbrechung des Kölner Rings im Norden möglicherweise für Jahre wäre der „Gau“ für Nordrhein-Westfalen. Der Ring aus A1, A3 und A 4 ist heute schon die Staufalle Nr. 1.
Ingenieure haben das Bauwerk Tag und Nacht im Blick
Deshalb beobachten die Ingenieure von Straßen.nrw das Bauwerk Tag und Nacht. „Wir kennen die Brücke gut“, sagt Norbert Palm, der Projektleiter. „Wir finden Schäden schnell und können dann notfalls sperren“.
Wegen der schweren Schweißnaht-Schäden war die Rheinbrücke bereits vor einem halben Jahr für Lkw dicht gemacht worden. Groschek kündigte an, es werde eine weitere Sperrung nötig, „um aufwändiger zu sanierende Schäden“ zu beseitigen: Unmittelbar nach den Sommerferien kommt also erneut ein Lkw-Verbot. Für Pkw soll eine Fahrspur offen bleiben. Offenbar will der Landesbetrieb Straßen.nrw die Reparaturen aber auf Wochenenden beschränken.
Keine Zeit mehr für komplexe Lösungen
Projektleiter Palm sagte bei einem gemeinsamen Vor Ort-Besuch von Groschek und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU): „Beim Schweißen brauchen wir absolute Ruhe in der Brücke“. Auch Palm bestätigt: „Das hier ist keine Brücke, die noch mal zwanzig Jahre hält“.
Weil die Zeit den Straßenbauern im Nacken sitzt, hat sich Leverkusens Oberbürgermeister Reinhard Buchhorn (CDU) eine herbe Absage eingefangen: Groschek wies die Pläne der lärmgeplagten Stadt zurück, die einen Tunnel statt einer neuen Brücke fordert. „Es darf keine Lösung geben, die bis zum St. Nimmerleinstag dauert“.
Leverkusener Brücke Fanal für Gesamtzustand der Autobahnen
Beide Verkehrsminister sehen in den schweren Schäden an der Leverkusener Brücke, die die am stärksten befahrene Autobahnbrücke Deutschlands ist, ein Fanal für den Zustand des deutschen Verkehrsnetzes. Sieben Milliarden Euro sind nach Ramsauers Angaben in den nächsten fünf bis sieben Jahren nötig, um die dringendsten Reparaturarbeiten an einem Viertel der insgesamt 39 000 Fernstraßenüberführungen zu bezahlen.
„Da sind die Neubauten nicht eingerechnet“. Alleine die neue Leverkusener Brücke soll 220 Millionen Euro kosten. Nicht ausgeschlossen, dass auch die Brückensanierungen in NRW die Fünf-Milliarden-Marke überschreiten. Ramsauer, der ironisch von einer „Sehenswürdigkeit der besonderen Art“ sprach, betonte dazu: „Wir sitzen alle in einem Boot“.
Um die Solidarität zu demonstrieren, kletterte der Besucher aus Berlin gelbbehelmt auch in einen Pfeiler, wo ihm Projektleiter Palm die Schadstellen zeigte. Drinnen war es aber noch einmal um Grade heißer als draußen. Ramsauer: „Nichts für einen Daueraufenthalt“.
Instandsetzung wird Megathema der nächsten Wahlperiode
Beide Politiker kündigten an, dass die Instandsetzung des deutschen Verkehrsnetzes ein Schwerpunkt in der nächsten Wahlperiode werden wird. Groschek erinnerte daran, dass nicht nur das Alter der Brücken, sondern auch die dramatische Zunahme des Frachtverkehrs Schuld an den maroden Verkehrswegen sei.
Längst hätte Fracht auf die Bahn gehört. Er sagte, noch in der Woche nach der Bundestagswahl würden die Verkehrsminister der Länder einen Plan „zur Reparatur Deutschlands“ vorlegen. Für den 2. Oktober ist eine Sonderkonferenz einberufen. Der NRW-Minister: „Unsere Vorschläge müssen in die Koalitionsvereinbarungen einfließen“.
Nicht einig sind sich die beiden Minister, wie die Reparatur bezahlt werden soll. Zumindest nicht ganz. Denn eine Maut nach der Wahl schließen beide nicht aus.
Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters hörte das alles mit gedämpfter Zuversicht. Denn seine Stadtbrücken werden ramponiert, wenn es wieder zur A 1-Sperrungen kommt. Beim letzten Mal gab es hier Schäden, die auf 450 Millionen Euro geschätzt werden.