Berlin. Die Bundesregierung hält sich bedeckt zu einem Medienbericht, wonach der Bundesnachrichtendienst angeblich seit Jahren von der umfassenden Datensammlung durch den US-Geheimdienst NSA wusste. Über operative Details der Arbeit von Nachrichtendiensten werde nur das Parlamentarische Kontrollgremium informiert, hieß es.
Die Bundesregierung hält sich bedeckt zu einem Medienbericht, wonach der Bundesnachrichtendienst angeblich seit Jahren von der umfassenden Datensammlung durch den US-Geheimdienst NSA wusste. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, über operative Details der Arbeit von Nachrichtendiensten könne die Regierung öffentlich keine Auskunft geben, sondern nur im dafür zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium.
Was das Bundeskanzleramt über die Vorgänge wisse, habe Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) dem Gremium bereits mitgeteilt. Die bislang unbekannten Punkte seien nun Gegenstand der Aufklärung. Es sei aber kein Geheimnis, dass es grundsätzlich eine Zusammenarbeit zwischen deutschen Nachrichtendiensten und ausländischen Partnerdiensten gebe.
Die "Bild"-Zeitung hatte unter Berufung auf US-Regierungs- und Geheimdienstkreise berichtet, dass der BND seit Jahren von der nahezu kompletten Datenerfassung durch die Amerikaner wisse und in Gefahrenlagen aktiv darauf zugegriffen habe. So habe der BND in den vergangenen Jahren immer wieder die US-Geheimdienste um Hilfe gebeten, wenn deutsche Staatsbürger im Ausland entführt wurden.
Grüne und Linke fordern NSA-Untersuchungsausschuss
In der Ausspäh-Affäre durch den US-Geheimdienst NSA gibt es aus der Opposition jetzt die Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Politiker von Grünen und Linkspartei verlangten am Montag, die Affäre durch ein eigenes Gremium des Bundestags aufzuklären. Die SPD hielt sich bedeckt. Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung soll der Bundesnachrichtendienst schon seit Jahren über die Datenerfassung Bescheid gewusst haben.
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Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping begründete die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss in der "Passauer Neuen Presse" (Montag) mit den Worten: "Die gesamte deutsch-amerikanische Schnüfflerkooperation seit der Jahrtausendwende muss aufgeklärt werden." Ähnlich äußerte sich der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte in der ARD von der Bundesregierung sofortige Aufklärung. Ein Untersuchungsausschuss wäre erst nach der Bundestagswahl im Herbst möglich.
Ein solcher Ausschuss muss laut Grundgesetz eingesetzt werden, wenn ein Viertel aller Abgeordneten dafür ist. Dies wären derzeit mindestens 155 Abgeordnete. Die Fraktionen der Linken und der Grünen kommen zusammen auf 143 Parlamentarier.
Diese Woche beschäftigen sich der Innenausschuss und das für die Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) mit dem Thema. Dort soll Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) darüber Auskunft geben, was er bei seiner jüngsten Washington-Reise erfahren hat.
Steinbrück wirft Merkel Verletzung des Amtseides vor
Aus der Opposition gibt es an der Reise massive Kritik. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, ihren Amtseid verletzt zu haben, der sie verpflichte, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Merkel sagte am Sonntag in der ARD, sie habe bislang keine Hinweise, dass die Amerikaner deutsches Recht gebrochen hätten.
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele forderte, auch die Kanzlerin vor das Parlamentarische Kontrollgremium zu laden. CSU-Chef Horst Seehofer sagte am Montag an Steinbrücks Adresse: "Auch im Wahlkampf sollte einem Spitzenkandidaten nicht in dieser Form der Gaul durchgehen."
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Nach "Bild"-Informationen hat BND in den vergangenen Jahren immer wieder die US-Geheimdienste um Hilfe gebeten, wenn Bundesbürger im Ausland entführt wurden. Dabei sei es konkret um die Abfrage gespeicherter Kommunikationsvorgänge von Deutschen gegangen, berichtete das Blatt unter Berufung auf US-Regierungskreise. Ein solches Vorgehen würde darauf hinweisen, dass zumindest der BND von der umfangreichen Datenspeicherung durch die National Security Agency (NSA) wusste.
Der frühere US-Geheimdienstler Edward Snowden, durch den die Affäre ins Rollen gekommen war, hält sich unterdessen weiter auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo auf. Nach offiziellen russischen Angaben ging bei den dortigen Behörden noch kein Asylantrag ein, meldete die Nachrichtenagentur Interfax. Der von den USA wegen Geheimnisverrats gesuchte IT-Experte sitzt seit dem 23. Juni im Transitbereich des Flughafens fest. (dpa)