Moskau. Der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat offenbar zu seinem Schutz Informationen an verschiedenen Orten deponiert, die veröffentlicht werden sollen, falls ihm etwas zustößt. Er habe Material, das zum Alptraum für die USA werden könnte, sagte der Journalist Glenn Greenwald vom britischen “Guardian“ in einem Interview.

Der US-Geheimdienstenthüller Edward Snowden verfügt offenbar über weitere für die USA schädliche Informationen. Ein ihm nahestehender Journalist sagte am Wochenende, Snowden wolle diese Daten jedoch nicht öffentlich machen, um den USA nicht zu schaden. Der 30-Jährige wollte in Moskau einen Antrag auf vorübergehendes Asyl stellen, dessen Eingang von den russischen Behördenallerdings noch nicht offiziell bestätigt wurde.

Der US-Journalist und Blogger Glenn Greenwald, ein früherer Rechtsanwalt, sagte der argentinischen Zeitung "La Nación" vom Samstag, Snowden könne der Regierung in Washington "in einer einzigen Minute" mehr Schaden zufügen als jede Person zuvor. "Die US-Regierung sollte sich jeden Tag hinknien und flehen, dass Snowden nichts passiert, denn wenn ihm irgendwas zustoßen sollte, würden alle Informationen enthüllt", sagte Greenwald der Zeitung, die das Interview am Samstag veröffentlichte. "Und diese könnten ihr schlimmster Alptraum werden." Der in Rio de Janeiro lebende Greenwald hatte in der britischen Zeitung "The Guardian" Snowdens erste Enthüllungen über das US-Programm "Prism" zur umfassenden Überwachung der Telefon- und Internetkommunikation veröffentlicht.

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Greenwald sagte weiter, Snowden habe noch "eine enorme Menge Dokumente, die der Regierung der USA schweren Schaden verursachen würden, sollten sie veröffentlicht werden". Das sei jedoch nicht das Ziel des ehemaligen Geheimdienstmitarbeiters. Vielmehr gehe es Snowden darum, die Risiken der Internetprogramme aufzuzeigen. Menschen weltweit benutzten diese, ohne "bewusst akzeptiert zu haben, ihr Recht auf Schutz des Privatlebens aufzugeben".

Russland lehnt Abschiebung Snowdens in die USA ab

Snowden hatte Anfang Juni mit der Enthüllung geheimer Überwachungsprogramme der USA und Großbritanniens für Aufsehen gesorgt. Aus Hongkong, wo er vorübergehend Zuflucht gesucht hatte, flog er Ende Juni nach Moskau, strandete dort aber im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo. Die US-Justiz will ihm den Prozess machen, Russland lehnt seine Abschiebung aber mit der Begründung ab, es gebe keinen Auslieferungsvertrag mit Washington.

Venezuela, Bolivien und Nicaragua boten Snowden Asyl an. Doch dieser kann nicht ausreisen, weil die USA seine Reisepapiere für ungültig erklärten. Am Freitag kündigte Snowden an, vorübergehend in Russland Asyl beantragen zu wollen. Sollte Moskau dem Asylantrag stattgeben, würden sich die derzeit schon gespannten Beziehungen zu den USA weiter verschlechtern. Der Chef der russischen Einwanderungsbehörde, Konstantin Romadonowski, sagte, ein Asylgesuch würde "entsprechend dem normalen rechtlichen Verfahren" geprüft. Bis Samstag sei jedoch noch kein Asylantrag eingegangen.

UN-Menschenrechtskommissarin fordert Schutz für Snowden

UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay hat internationalen Schutz für den Enthüller des US-Datenskandals, Edward Snowden, gefordert. Wer Informationen über mögliche Verstöße gegen die Menschenrechte offenlege, habe ein Anrecht darauf, heißt es in einer in Genf veröffentlichten Erklärung Pillays. Sie verwies darin zugleich auf das Recht auf Asyl für Verfolgte. "Der Fall Snowden zeigt die Notwendigkeit des Schutzes für Personen, die Informationen über Angelegenheiten enthüllen, die Auswirkungen auf die Menschenrechte haben, und er zeigt, wie wichtig es ist, Respekt für die Privatsphäre zu sicherzustellen", sagte Pillay der UN-Mitteilung zufolge.

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Die nationalen Rechtssysteme müssten nach den Bestimmungen der UN-Menschenrechtscharta gewährleisten, dass Informanten, die Verstöße gegen Menschenrechte aufdecken, dies ohne Angst vor Strafverfolgung tun können. Spionageprogramme von Geheimdiensten, die keiner hinreichenden öffentlichen Kontrolle unterliegen, würden die Gefahr der Verletzung von Menschenrechten und grundlegenden Freiheiten mit sich bringen. (afp/rtr/dpa)