Berlin. Sehen so Wunschpartner aus? Am Sonntag wollen CDU und CSU als letzte der großen Parteien ihr Wahlprogramm verabschieden. Die FDP hält viele Ankündigungen des Koalitionspartners für unfinanzierbar - und peilt eine Zweitstimmenkampagne auf Kosten der Union an.

Die Union hat die FDP angesichts der anhaltenden Kritik an ihrem Wahlprogramm zur Zurückhaltung gemahnt. Um den Einzug in den Bundestag zu schaffen, sollte der liberale Koalitionspartner "vor allem Rot-Grün und die Linken angreifen", forderte Unions-Fraktionschef Volker Kauder in der "Welt am Sonntag". Mancher Kommentar aus den Reihen der FDP an den Vorstellungen von CDU und CSU sei zudem sachlich nicht zutreffend gewesen. FDP-Chef Philipp Rösler legte gleichwohl nach und warf der Union vor, sie habe sich vom "süßen Gift des Geldausgebens" verleiten lassen. Die Vorstände von CDU und CSU wollen ihr Wahlprogramm am Sonntag beschließen.

Im Entwurf verspricht die Union höhere Renten für ältere Mütter, mehr Unterstützung für Familien, eine Mietpreisbremse und Milliarden-Mehrausgaben für den Straßenbau. Steuererhöhungen soll es nicht geben. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Bildung und Forschung. Eine Koalitionsaussage zugunsten der FDP ist nicht vorgesehen. CDU und CSU setzen auf "Union pur": Die FDP wird in dem Programm nicht ein einziges Mal erwähnt.

Für Brüderle ist CDU-Programm nur ein teurer "Gemischtwarenladen"?

Vor wenigen Tagen hatte bereits FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle die Pläne der Union als "Gemischtwarenladen" kritisiert, in dem Brot und Butter fehlten. Zudem äußerte er erhebliche Zweifel an deren Bezahlbarkeit. Kauder sagte dagegen, aus heutiger Sicht seien die Wahlversprechen finanzierbar. Der CDU-Politiker bezog sich dabei auf die geschätzten Steuermehreinnahmen bis 2017 von insgesamt 700 Milliarden Euro. Die Anhebung der Rente für Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, könne zudem aus dem Bundeszuschuss zur Rentenversicherung finanziert werden.

FDP-Bundesschatzmeister Otto Fricke widersprach Kauder vehement. Der Haushaltsentwurf 2014, der am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden soll, basiere auf der Mai-Steuerschätzung. Es gebe keine Steuermehreinnahmen, die zu verteilen seien. Wolle die Union dennoch ihre Wahlversprechen umsetzen, seien die Konsequenzen ein Aufkündigen der Haushaltskonsolidierung und keine Schuldentilgung ab 2016.

FDP setzt auf Zweitstimmen - auf Kosten der CDU

Fricke wie auch Rösler bezeichneten auch die höhere Mütterrente als nicht finanzierbar. Die Überschüsse der Rentenversicherung seien marginal, so dass das Vorhaben zu höheren Beiträgen für die Versicherten führen würde. Der FDP-Chef monierte zudem, trotz gegenteiliger Äußerungen aus der CDU-Spitze sei im Wahlprogramm der Union kein hartes Dementi gegen eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes enthalten. Mit der FDP werde es eine derartige Anhebung nicht geben.

Trotz der Kritik am Unions-Wahlprogramm schloss Rösler eine Koalition mit SPD und Grünen aus. "Eine Ampel passt inhaltlich nicht und ist deshalb für uns auch kein Thema", sagte er. Zugleich kündigte der Parteichef eine Zweitstimmenkampagne an. "Die Bedeutung der Zweitstimme war noch bei jeder Bundestagswahl ein Thema. Das wird diesmal nicht anders sein." Bei der Landtagswahl in Niedersachsen hatte die FDP im Januar nach einer massiven Zweitstimmenkampagne auf Kosten der CDU ein Ergebnis von knapp 10 Prozent erreicht. Folge massiver CDU-Verluste war ein Regierungswechsel hin zu Rot-Grün.

Auch in der Union setzen Zweifler auf die normative Kraft der leeren Kasse

Kritik an den Wahlversprechen der Union kam auch aus den eigenen Reihen. Der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU, Josef Schlarmann, sagte dem Deutschlandfunk, in dem 125 Seiten umfassenden Programm würden keine Schwerpunkte gesetzt. Es fehlten Antworten auf die großen Herausforderungen wie etwa die Euro-Krise und die Energiepolitik.

Die Parteiführung selbst hat die Milliarden-Vorhaben unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Der Abbau der kalten Progression bei der Steuer ebenso wie das höhere Kindergeld und die Erhöhung des Kinderfreibetrags kämen "dann, wenn es entsprechende Spielräume gibt", sagte CDU-Vize Thomas Strobl der Zeitung "BZ am Sonntag".

In diesem Zusammenhang mehren sich die Zweifel, ob die Pläne am Ende überhaupt umgesetzt werden. Der Wirtschaftspolitiker Oswald Metzger etwa verwies im WDR auf Euro-Rettung, Flut-Hilfe und eine Reihe anderer Ausgaben, wodurch es bei einem Kassensturz nach der Wahl etwas anders aussehen könnte. Vor wenigen Tagen hatte bereits der Chef des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, einen unverantwortlichen Überbietungswettbewerb der Parteien um immer neue soziale Wohltaten gerügt und ebenfalls die Realisierung der Pläne infrage gestellt. (rtr/dpa)