St. Petersburg/Berlin. Eklat vor dem Besuch von Angela Merkel im russischen St. Petersburg: Überraschend wurde die für Freitagabend geplante einer Beutekunst-Ausstellung der Bundeskanzlerin mit Wladimir Putin zunächst abgesagt. Angeblich gab es Unstimmigkeiten über Grußworte. Nun wollen sie aber doch gemeinsam auftreten.

Russlands Staatschef Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehen nach der Absage am Morgen nun doch gemeinsam am Abend zur Beutekunst-Ausstellung in St. Petersburg. Das teilte Putin am Freitagnachmittag.

Zuvor war die geplante gemeinsame Eröffnung der Bronzezeit-Ausstellung in St. Petersburg, in der erstmals auch Stücke sogenannter Beutekunst gezeigt werden sollen, nach Angaben der Bundesregierung abgesagt worden, weil die russische Seite keine Grußworte von Merkel und Putin mehr zulassen wollte. In ihrer kurzen Rede wollte die Kanzlerin die deutsche Position noch einmal deutlich machen.

Streit überschattete Merkels Russland-Besuch

Der Streit ließ den eigentlichen Anlass der Reise von Merkel in den Hintergrund treten. So wollte die Kanzlerin auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Peterburg Russland deutsche Unterstützung bei der Modernisierung der Wirtschaft anbieten. Zugleich pochte Merkel auf verlässlichere rechtliche Rahmenbedingungen, damit sich auch mittelständische deutsche Firmen stärker in Russland engagieren könnten.

Putin selbst kündigte auf dem Wirtschaftsforum eine Reihe von Reformen etwa im Steuerrecht und milliardenschwere Investitionen in die Infrastruktur an. Dazu gehörten der Ausbau der Transsibirischen Eisenbahn, eine Schnellbahnstrecke von Russland nach Kasan und ein neuer Autobahnring um Moskau. Zudem wolle das erdgas- und erdölreiche Land seine Pipelines in Asien ausbauen und die Restriktionen für den Export von LNG-Flüssiggas lockern. "Von unserer Seite aus sind wir bereit, dass wir zuverlässige, starke, ehrgeizige Partner bekommen", sagte er. Putin und Merkel kamen am Nachmittag zu einem bilateralen Treffen zusammen, bei dem auch die jüngsten Irritationen über die Beutekunst zur Sprache kommen dürften.

Ein alter Streit kocht wieder hoch

Der Streit um die von der damaligen sowjetischen Armee 1945 aus Deutschland erbeuteten Kunstgegenstände schwelt seit Jahrzehnten. Russland hatte 1998 ein Gesetz abgeschlossen, das die im Zweiten Weltkrieg erbeuteten Kunstwerke, Bücher und Akten als russisches Staatseigentum bezeichnet.

Deutschland hält dieses Gesetz für völkerrechtswidrig. Nach Angaben der Bundesregierung geht es um über eine Million Kunstobjekte, 3,5 Millionen Bücher und drei Kilometer Archivmaterial. Das Thema war auch 2012 bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen angesprochen worden.

Seit 2004 gibt es vier bilaterale Arbeitsgruppen, die zunächst die Fällen klären sollen, in denen einzelne sowjetische Soldaten Gegenstände im besetzten Deutschland entwendet hatten, Kirchen geplündert oder Opfer des NS-Regime bestohlen wurden. Andererseits erhebt die Regierung in Moskau auch Anspruch auf russische Ikonen und andere Kunstgegenstände, die deutsche Soldaten einst entwendet haben sollen. Eigentlich sollte die Ausstellung in St. Petersburg und der gemeinsame Besuch ein Zeichen sein, dass beide Länder mit dem Thema unverkrampfter umgehen wollten.

Differenzen in deutsch-russischen Beziehungen

In der Bundesregierung hieß es, dass Merkel deshalb in dem Grußwort die Ausstellung auch hatte loben wollen. "Sie hätte (zudem) versucht, das ein bisschen einzuordnen und hätte vielleicht den deutschen Standpunkt zum Thema 'Beutekunst' noch einmal erwähnt", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin.

Die deutsch-russischen Beziehungen sind - trotz boomender Handelszahlen von mehr als 80 Milliarden Euro im vergangene Jahr - seit einiger Zeit von Differenzen geprägt. Unter anderen gibt es unterschiedliche Positionen zum Syrien-Konflikt.