Athen. Das globaliserungskritische Netzwerk Attac hat errechnet, dass hauptsächlich der Finanzsektor und reiche Investoren von den Milliarden profitierten, die an das klamme Land flossen. Die Bevölkerung, die unter dem strikten Sparkurs leidet, sei weitgehend leer ausgegangen
Die Hilfsmilliarden für Griechenland flossen nach Darstellung des globalisierungskritischen Netzwerks Attac zu mehr als drei Viertel an Banken und reiche Kapitalanleger. Von den seit Mai 2010 an Athen überwiesenen 207 Milliarden Euro seien mindestens 160 Milliarden direkt oder indirekt beim Finanzsektor gelandet, wie Attac in einer am Montag bekanntgewordenen Übersicht kritisiert.
Die EU-Krisenpolitik rette Banken und nicht die Bevölkerung. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus, wollte die Zahlen nicht bestätigen. Er betonte, Hauptziel der Hilfen sei es, Griechenland Zeit für Reformen zu geben und zu stabilisieren.
Begründung für die Hilfs-MilliardenStabiler: Wirtschaft braucht Finanzsektor
Natürlich sei ein Teil des Geldes genutzt worden, um das Haushaltsdefizit zu kompensieren, Altschulden zu zahlen und den Finanzsektor zu stabilieren. Ein moderner Staat benötige einen funktionierenden Finanzsektor, sagte Kotthaus: "Das Programm ist der richtige Weg, um Griechenland in eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu führen." Die nächste Hilfstranche für Athen von rund drei Milliarden Euro sei im Juli fällig.
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Nach Berechnungen von Attac ist von den Hilfeleistungen kaum etwas tatsächlich an die Bevölkerung gegangen, die unter einem harten Sparkurs zu leiden hat. Stattdessen steckte die Regierung in Athen allein 58 Milliarden Euro in die Aufstockung des Eigenkapitals griechischer Banken. 55 Milliarden Euro seien für die Rückzahlung auslaufender Staatsanleihen und elf Milliarden Euro für den Rückkauf alter Schulden ausgegeben worden. Mit weiteren 35 Milliarden Euro sei internationalen Banken, Versicherungen und Investmentfonds 2012 die Teilnahme am Schuldenschnitt schmackhaft gemacht worden.
Für die Menschen blieb fast nichts
Selbst von den knapp 47 Milliarden Euro, die tatsächlich im griechischen Staatshaushalt angekommen seien, musste Athen dem Bericht zufolge 35 Milliarden umgehend als Zinszahlungen an die Besitzer von Staatsanleihen weiterleiten. "Die weit verbreitete und von europäischen Politikern öffentlich vertretene Position, dass das Geld der sogenannten 'Rettungspakete' den Menschen in Griechenland zugutekommen würde, ist damit widerlegt", sagte sagte Lisa Mittendrein von Attac Österreich. Vielmehr zahlten die einfachen Bürger die Zeche - in Form "einer brutalen Kürzungspolitik, die die bekannten katastrophalen sozialen Folgen hat". (dpa/afp)