Düsseldorf/Bochum. . Das Szenario war filmreif: Mit der Besuchermarke eines anderen spazierte ein 25-jähriger Niederländer am Donnerstagmittag aus der Bochumer Haftanstalt in die Freiheit. Später erst fiel den Beamten auf, dass ein Häftling fehlte. Auch der Besucher, der ohne Marke am Ausgang stand, durfte hinaus. Jetzt fordert die Opposition im Landtag volle Aufklärung.
Die CDU-Opposition spricht von einem „banalen Trick“ und wirft NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) vor, den Strafvollzug im Land nicht im Griff zu haben. Einen solchen Gefängnisausbruch vermochte man sich tatsächlich kaum vorzustellen: Am Donnerstagmittag war der Untersuchungshäftling Angelo Duric (25) schlendernd durch die Vordertür aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bochum entwichen.
Bis Freitagabend fehlte von dem Niederländer, dem Bandenkriminalität, Einbrüche und Computer-Betrügereien vorgeworfen werden, jede Spur.
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Duric soll am Donnerstag von mehreren Bekannten besucht worden sein; ihnen war – wie üblich in der JVA Bochum – im Austausch mit ihren Personalausweisen eine metallene Besuchsmarke ausgehändigt worden. Mit einer dieser Marken spazierte stattdessen Duric in die Freiheit, da der Vollzugsbeamte an der Pforte beim Rücktausch offenbar nicht den Unterschied zum Ausweisfoto bemerkte. Untersuchungshäftlinge tragen keine Anstaltskleidung.
Auch der Besucher konnte gehen
Auch der Besucher, der keine Marke mehr besaß, durfte später gehen, da die JVA keine Handhabe sah, ihn festzuhalten. Bis Freitag sollen die Besucher des Getürmten nicht einmal vernommen worden sein.
Duric saß seit dem 9. April in Bochum in Haft. Die Staatsanwaltschaft Bochum hat gegen ihn Anklage wegen Einbrüchen und Trickdiebstählen erhoben. Die niederländische Justiz hat zudem wegen früherer Vergehen einen Auslieferungshaftbefehl gestellt.
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In eine Reihe mit zahlreichen Ausbrüchen und Fluchtversuchen in der Bochumer JVA in den Jahren 2011 und 2012 will Kutschaty die jüngste „Falschmünzerei“ jedenfalls nicht rücken lassen. Es sei „purer Zufall“, dass der Vorfall vom Donnerstag in Bochum geschehen sei, erklärte sein Sprecher auf Anfrage. Ähnliche Besucher-Registriersysteme gebe es auch in den übrigen 37 NRW-Gefängnissen. Zu Jahresbeginn erst hatte der neue Anstaltsleiter Thomas König seinen Dienst angetreten.
Nicht die erste Panne in Bochum
„Wenn die Darstellungen zutreffen, ist das ein unglaublich peinlicher Vorgang“, sagte CDU-Fraktionsvize Peter Biesenbach. In der nächsten Rechtsausschuss-Sitzung des Landtags muss Justizminister Kutschaty zu den neuerlichen Pannen im NRW-Strafvollzug Rede und Antwort stehen.
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Höhepunkt der Bochumer Pannenserie war bislang die Flucht eines verurteilten Mörders aus Polen im Januar 2012 durch ein falsch eingebautes Panzerglas-Oberlicht; die damalige Anstaltsleitung hatte den Mann fälschlicherweise als „Kleinkriminellen“ eingestuft.
Im Zentrum der Ermittlungen zum Fall Duric steht nun die Frage, wie er in den Besitz der Besuchermünze gekommen ist. War ein ein Trick mit listiger Beihilfe zur Flucht? Oder nutzte er die Gelegenheit, sich unbemerkt eine Besuchermarke anzueignen?
Untersucht wird außerdem, ob der Beamte an der Pforte seinen Dienst zu nachlässig versehen hat. Ihm war der Schreck über den ungewöhnlichen Ausbruch derart in die Glieder gefahren, dass er sich laut Justizministerium erst einmal krank meldete.