Düsseldorf. . Viele Männer und Frauen, die in NRW hinter Gittern landen, hatten schon vorher ein Drogenproblem. Den „Stoff“ gibt es jedoch auch in der Haft – selbst in Babywindeln werden Drogen eingeschmuggelt. Vier Drogenhunde im Land reichen nicht, um die begehrten Suchtmittel in allen Zellen aufzuspüren.

Fast jeder zweite ­Häftling in Nordrhein-Westfalen ist drogensüchtig. Nach Angaben von Justizminister Thomas ­Kutschaty (SPD) stieg der Anteil der abhängigen Gefangenen in den letzten zehn Jahren von 41 auf rund 48 Prozent – bei Frauen sogar auf 50 Prozent. Dabei war die überwiegende Zahl der ­süchtigen Gefangenen bereits bei Haftantritt abhängig.

Das Justizministerium teilte auf Anfrage mit, dass in den 37 Justizvollzugsanstalten mit den knapp 17 000 Häftlingen im Vorjahr 708 Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden.

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In 526 Fällen wurden Gefangene des Drogenschmuggels oder –besitzes beschuldigt, in 49 Fällen waren es Besucher. Die meisten Ermittlungsverfahren gab es in der Haftanstalt Köln mit 63 Funden.

Drogen wurden in Babywindeln und BHs gefunden

Dabei wurden Drogen in Babywindeln, BHs, über den Brief- und Postverkehr, Küchen- und Abfalldienste sowie nach Aus­gängen und Urlauben in Körperöffnungen von Gefangenen oder bei Besuchern entdeckt. Selbst Anwälte, Friseure und Beschäftigte der Haftanstalten wurden beim Drogenschmuggel enttarnt.

Nicht selten werden Kuriere von Insassen erpresst. Häufig werden auch Drogenpäckchen oder mit Haschisch gefüllte Tennisbälle über Gefängnismauern in die Innenhöfe geworfen. In den Haftanstalten blüht ein schwunghafter Drogenhandel.

Vier Spürhunde für alle Haftanstalten

Justizminister Kutschaty reagiert mit schärferen Zellenkontrollen, Strafanzeigen und dem Entzug von Lockerungen – etwa ­Besuchsverboten – auf den ­Drogenschmuggel. Außerdem werden Methadon-Programme zum Ausstieg aus der Sucht intensiviert. Gute Erfolge sieht ­Kutschaty auch mit Urintests und dem Einsatz von Drogen­spürhunden.

Der FDP-Rechtsexperte Dirk Wedel kritisiert, dass NRW bisher nur vier Drogenspürhunde in den Haftanstalten einsetzt. Notwendig sei ein Drogenhund pro Anstalt, um wie in sächsischen Haftanstalten beinahe täglich zu kontrollieren. Das Justizministerium lehnte das mit Blick auf die hohen Mehrkosten von 1,2 Millionen Euro pro Jahr allerdings ab.

Rund 2600 Insassen der nordrhein-westfälischen Haftan­stalten sitzen wegen Drogen­vergehen in Haft – ein Anteil von 17 Prozent aller Gefangenen. Für Volker Anwärter, Toxikologe an der Universität Freiburg, steht fest, dass inhaftierte Süchtige in der Not selbst Klebstoff und ­Feuerzeuggas schnüffeln.