Bochum/Düsseldorf. Die Opposition setzt NRW-Justizminister Thomas Kutschaty unter Druck. Er soll dem Landtag erklären, wie es zu der Kommunikationspanne nach dem Ausbruch eines Häftlings aus der JVA Bochum gekommen ist. Der Minister hatte den Häftling zunächst als ungefährlich eingestuft. Später musste er jedoch einräumen, dass der Mann mit europäischem Haftbefehl gesucht wird.

Die Kommunikationspannen nach dem Ausbruch eines Häftlings aus der JVA Bochum haben ein politisches Nachspiel. Die CDU hat für kommenden Dienstag eine Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag beantragt. Sie will darin klären lassen, ob die Öffentlichkeit bewusst über die Gefährlichkeit des Häftlings im Unklaren gelassen wurde.

Es sei „schlichtweg unvorstellbar“, dass weder die Anstaltsleitung noch das Justizministerium über das Täterprofil informiert gewesen sein sollen, so die CDU-Fraktion. Es dränge sich der Verdacht auf, "dass der Vorfall von offizieller Seite bewusst heruntergespielt worden ist, um die Bevölkerung in falscher Sicherheit zu wiegen, nachdem erst zwei Wochen zuvor ein wegen sexueller Nötigung und Raubes mit Todesfolge verurteilter Schwerverbrecher versucht hatte, aus der JVA Bochum auszubrechen". Der Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) muss in der Sitzung zu den Vorwürfen Stellung nehmen.

Generalstaatsanwaltschaft räumt Versäumnisse ein

Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty muss nun das Kommunikationschaos erklären. Foto: dapd
Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty muss nun das Kommunikationschaos erklären. Foto: dapd

Der polnische Häftling war am vergangenen Sonntagvormittag aus der JVA Bochum geflohen. Justizminister Kutschaty und die Bochumer Anstaltsleitung hatten zunächst erklärt, von dem Mann gehe keine Gefahr aus. Es handle sich um einen "gewöhnlichen Dieb". Einen Tag später, am Montag, mussten Minister und JVA diese Aussage korrigieren. Denn da wurde bekannt, dass der Mann wegen eines möglichen Tötungsdeliktes in Polen mit europäischem Haftbefehl gesucht wird.

Dass ein europäischer Haftbefehl gegen den 47-Jährigen vorliegt, war den Justizbehörden in NRW bereits seit August 2011 bekannt. Das hatte die Generalstaatsanwaltschaft Hamm am Mittwoch eingeräumt. Allerdings versäumte es die Behörde "versehentlich", dies der Anstaltsleitung des Gefängnisses mitzuteilen, hieß es.

Häftling weiter auf der Flucht

Der Mann ist unterdessen weiter auf der Flucht. Es gebe keine neuen Erkenntnisse, teilte die Staatsanwaltschaft Bochum am Donnerstagvormittag mit. Erst vor zwei Wochen hatte der Fluchtversuch eines anderen Häftlings in Bochum für Aufregung gesorgt. Ein als gefährlich eingestufter 50-Jähriger hatte die Gitterstäbe seines Fensters durchgesägt und war aus seiner Zelle verschwunden. Eine groß angelegte Suche verlief zunächst erfolglos. Justizmitarbeiter entdeckten den Flüchtigen schließlich auf dem Dachboden des Gefängnisses.