Berlin. . Verteidigungminister Thomas de Maizière geht angeschlagen aus dem Drohnen-Debakel hervor. De Maizière betonte, dass er erst am 13. Mai dieses Jahres von den Zulassungsproblemen informiert worden sei und den Stopp gebilligt habe.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) – eigentlich kein Lautsprecher im Politikbetrieb – fand ungewöhnlich scharfe Worte. „Es ärgert mich ziemlich“, sagte er den Journalisten auf die Frage, ob es ihn wurme, dass er von seinem Haus beim gescheiterten Drohnenprojekt „Euro Hawk“ nicht früher eingebunden worden sei. „Und wer mich kennt weiß, dass das eine zurückhaltende Formulierung ist“, legte de Maizière nach – damit es auch jeder kapiert.
Nach wochenlangem Schweigen hat sich de Maizière gestern in einem Rechtfertigungsmarathon zur Drohnen-Affäre geäußert: vor dem Verteidigungs- und Haushaltsausschuss, den Medien und im Parlament. Die Kernbotschaft: Das Aus für das Milliardenprojekt und der Zeitpunkt waren richtig, nur die interne Kommunikation nicht.
Der Minister betonte, dass er erst am 13. Mai dieses Jahres von den Zulassungsproblemen informiert worden sei und den Stopp gebilligt habe. Am 1. März 2012 seien diese zwar zur Sprache bekommen, doch man habe sie ihm gegenüber „als lösbar“ dargestellt.
Ministerium nicht im Griff
De Maizière musste einräumen, dass er sein Ministerium nicht richtig im Griff hatte: Er hätte früher sein Haus „so ordnen müssen, dass ich als Minister bei Entscheidungen dieser Größenordnung beteiligt werde“, sagte er und rechnete mit seinen Untergebenen ab. Es sei schlechte Tradition im Ministerium, Unangenehmes vom Chef fernzuhalten. Deshalb will sich de Maizière künftig regelmäßig Berichte zu den großen Rüstungsprojekten vorlegen lassen. Personelle Konsequenzen soll es zwar zunächst nicht geben. Der Minister schließt dies aber nicht aus.
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Wen dies treffen wird, ist noch offen. Es spricht aber vieles für die beiden Staatssekretäre Stephane Beemelmans und Rüdiger Wolf. Sie hatten wichtige Entscheidungen zum „Euro Hawk“ getroffen und wussten schon länger um die Probleme bei der Zulassung der Drohne für den europäischen Luftraum und von möglichen Zusatzkosten bis zu 600 Millionen Euro. Beide Staatssekretäre äußerten sich gestern nicht offiziell.
„Er muss gehen“
Der Linken reicht das nicht aus. Die politische Verantwortung könne de Maizière „nicht einem Beamten in die Schuhe schieben“, sagte Parteichefin Katja Kipping dieser Zeitung: „Er muss gehen.“ Selbiges forderte auch SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold.
Dazu wird es vorerst nicht kommen. Demonstrativ stärkten Politiker der Koalition dem 59-Jährigen den Rücken. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ Regierungssprecher Steffen Seibert in dürren Worten das volle Vertrauen für den Minister aussprechen. Seit der Causa Guttenberg ist Merkel vorsichtig mit überschwänglichem Rückhalt für angeschlagene Kabinettsmitglieder.
Bei Thomas de Maizière ist die Fallhöhe auch ohne Sturz aus dem Ministeramt besonders hoch, da er praktisch wie kein zweiter in der Union für einen integren, seriösen und ehrenhaften Politiker steht.
Am Montag soll de Maizière im Verteidigungsausschuss erneut zum Drohnendebakel Rede und Antwort stehen. Denn aus Sicht von SPD, Grünen und Linken hat er trotz eines 67-seitigen Berichts in der gestrigen Sitzung nur unzureichende Antworten gegeben.
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Dort verteidigte de Maizière sein Timing. Durch die Entscheidung im Mai sei kein zusätzlicher Schaden entstanden, sondern größerer verhindert worden. Denn so habe das Aufklärungssystem ISIS weiter entwickelt werden können, das im September einsatzfähig sein soll. Bei einem früheren Stopp im Herbst 2011 oder im Sommer 2012 wären die Entwicklungskosten von 260 Millionen Euro dafür vergeblich gewesen.
Vorgänger in Mithaftung
Aus de Maizières Sicht liegt der Geburtsfehler des Projekts in der Zeit der Großen Koalition. 2007 wurde der Entwicklungsvertrag mit EADS und dem US-Rüstungskonzern Northrop Grumman für den „Euro Hawk“ abgeschlossen. „Die Grundannahme, dass eine amerikanische Zulassung in Deutschland letztlich nur angepasst werden müsse (...), war irrig“, sagte de Maizière – und nahm damit auch seinen Amtsvorgänger Franz Josef Jung (CDU) in Mithaftung.