Berlin. Stunde der Wahrheit für den Verteidigungsminister: Thomas de Maizière will nach einer dreiwöchigen Hängepartie das “Euro Hawk“-Debakel erklären. Seine politische Zukunft steht auf dem Spiel. Aus der Opposition werden Forderungen nach einem Rücktritt des Ministers laut.

Vor der Unterrichtung des Bundestags durch Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zum gestoppten Drohnenprojekt Euro Hawk erhält die Opposition ihren Druck aufrecht. "Dem Minister muss klar sein, dass es ohne, auch personelle, Konsequenzen nicht abgehen kann", zitierte das Portal "Handelsblatt Online" am Mittwoch den stellvertretenden verteidigungspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Bartels. Auch die Grünen und der Steuerzahlerbund äußerten sich kritisch.

"Dass niemand für das Drohnendebakel verantwortlich ist, wäre keinem zu vermitteln", sagte Bartels "Handelsblatt Online". Der Vizevorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses im Bundestag, Bernhard Brinkmann (SPD), sagte dem Portal, die entscheidende Frage sei, wann de Maizière Kenntnis davon gehabt habe, dass es bei der Zulassung des Euro Hawk Probleme gebe. "Wenn wir im Haushaltsausschuss zur Kenntnis nehmen müssen, dass de Maizière vor Mai 2012 Kenntnis hatte, dann wird es eng für ihn", sagte Brinkmann.

Seit wann weiß der Minister Bescheid?

Gut drei Wochen nach dem Stopp des Euro-Hawk-Projekts soll de Maizière am Mittwoch dem Parlament zu dem Debakel um die Aufklärungsdrohne Rede und Antwort stehen. Er wird im Verteidigungs- und im Haushaltsausschuss erwartet. De Maizière steht unter Druck, weil er das Projekt wegen Problemen mit der Zulassung erst kürzlich stoppte. Die Opposition wirft dem Minister vor, bereits seit längerem von den Problemen gewusst zu haben.

Der zuständige Berichterstatter der Grünen im Haushaltsausschuss, Tobias Lindner, erhob schwere Vorwürfe gegen den engsten Vertrauten de Maizières im Verteidigungsministerium, Staatssekretär Stéphane Beemelmans. "Es kann nicht sein, dass ein Projekt, wie der Rechnungshof nun berichtet, jahrelang auf der Fachebene mit erheblichen Risiken bewertet wird und der für Rüstung zuständige Staatsekretär nichts davon erfährt", sagte Lindner "Handelsblatt Online".

Bund der Steuerzahler fordert personelle Konsequenzen

Auch der Bund der Steuerzahler hält es für unausweichlich, personelle Konsequenzen zu ziehen. Beim Euro-Hawk-Projekt seien "zum Schaden der Steuerzahler massive Fehler gemacht" worden, sagte Verbandschef Reiner Holznagel dem Portal. So seien beispielsweise Gewährleistungsfristen versäumt worden. Es seien "Abberufungen von zuständigen Beamten und gegebenenfalls Rücktritte von Führungspersonal" nötig.

Von de Maizière erwartet Holznagel, dem Parlament und der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass er und das gesamte Ministerium an einer "schonungslosen Aufklärung" arbeiteten. "Dabei sind die Entscheidungsstrukturen und die personellen Zuständigkeiten für die teuren Rüstungsprojekte offenzulegen", sagte Holznagel. Die Tatsache, dass fünf Minister den Euro Hawk begleitet hätten, mache dies schwer, aber umso notwendiger.

Der SPD-Verteidigungsexperte Lars Klingbeil sieht wegen der Drohnenaffäre große Verunsicherung in der Bundeswehr. "Wir sehen, dass de Maizière das Ministerium offenbar nicht im Griff oder dem Parlament seit 2012 einiges verschwiegen hat", sagte der Bundestagsabgeordnete der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er forderte den Minister auf, "reinen Tisch zu machen". "Mit der Abwälzung der Verantwortung" könne er sich "nicht aus der Schlinge ziehen". (dpa/afp)