Ankara. . Istanbul kommt nicht zur Ruhe. Demonstranten bauen Barrikaden, ein junger Mann wird tödlich verletzt. Auch in Ankara, Izmir und vielen weiteren Städten regt sich Widerstand gegen die religiös-konservative Regierung.

Das Land ist im Aufruhr – aber der Regierungschef geht auf Reisen: Am Montag bestieg Tayyip Erdogan am Istanbuler Flughafen seinen Regierungsjet, um nach Nordafrika aufzubrechen. Er will Marokko, Tunesien und Algerien besuchen, Länder, die als Handelspartner für die Türkei wachsende Bedeutung gewonnen haben. Länder aber auch, deren Herrscher im „arabischen Frühling“ mit Protesten konfrontiert waren.

Parallelen scheint Tayyip Erdogan nicht zu fürchten. Bevor er nach Marokko startete, sagte Erdogan zu den Reportern: „Entspannen Sie sich, all das wird sich wieder legen.“

Danach sah es allerdings am Montag nicht aus. Die Unruhen forderten offenbar ein erstes Todesopfer: Im Stadtteil Ümraniye fuhr ein Auto in eine Versammlung von Demonstranten. Ein 20-Jähriger wurde dabei tödlich verletzt. Auf dem Istanbuler Taksim-Platz bauten die Demonstranten neue Barrikaden. Die Polizei, die sich am Samstagnachmittag nach schweren Straßenkämpfen zurückgezogen hatte, blieb zunächst auf Distanz.

Wasserwerfer kontern Baggerangriff

Im angrenzenden Stadtteil Besiktas gab es aber in der Nacht zum Montag neue Zusammenstöße. Demonstranten versuchten, mit einem gekaperten Bagger zum Istanbuler Amtssitz von Ministerpräsident Erdogan im Dolmabahce-Palast vorzustoßen, wurden aber von starken Polizeikräften mit Wasserwerfern und Tränengas zurückgetrieben.

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Auch in anderen Städten gingen die Unruhen weiter. In Izmir steckten Demonstranten ein Gebäude der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP in Brand. In Ankara marschierten Demonstranten mit Sprechchören wie „Tayyip, tritt zurück“ zum Kizilay-Platz, wurden aber mit Tränengasgranaten vertrieben. Allein in Ankara seien gestern über 1500 Demonstranten festgenommen worden, sagte eine Oppositionspolitikerin.