Knapp 6,2 Millionen Einwohner sind ausländische Staatsbürger - das ist eine Millionen und damit deutlich weniger als bisher angenommen. Aber 15 Millionen Menschen haben einen Migrationshintergrund. Die wichtigsten Zahlen und Fakten der ersten Volkszählung seit 20 Jahren.
Die erste Volkszählung in Deutschland seit mehr als zwei Jahrzehnten hat einige überraschende Ergebnisse gebracht. So hat die Bundesrepublik deutlich weniger Einwohner als bisher angenommen. Der Zensus 2011 offenbart aber auch Interessantes zum Beispiel zum Thema Religion, der herkunft der Bürger und ihr Wohneigentum.
Einwohner: Zum Stichtag 9. Mai 2011 lebten in Deutschland genau 80. 219695 Menschen. Das sind rund 1,5 Millionen oder 1,8 Prozent weniger als bisher gedacht. Mehr als 39,1 Millionen Einwohner sind männlich und rund 41,1 Millionen weiblich.
Ausländer: Knapp 6,2 Millionen Einwohner sind ausländische Staatsbürger. Das ist ein Anteil von 7,7 Prozent - und über eine Million weniger als als bisher gedacht. In Hamburg, Hessen, Berlin, Baden-Württemberg und Bremen liegt der Ausländeranteil deutlich über dem Bundesdurchschnitt, während er in den neuen Bundesländern bei maximal 1,9 Prozent liegt.
Migranten: Insgesamt lebten 2011 in Deutschland etwa 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, also neben Ausländern alle Deutschen, die nach 1955 zugewandert sind oder mindestens einen zugewanderten Elternteil haben. Den höchsten Migrantenanteil hat Hamburg mit 27,5 Prozent, den niedrigsten Thüringen mit 3,3 Prozent. Die meisten Zuwanderer stammen aus der Türkei. Mit 17,3 Prozent aller Migranten stellen sie die größte Gruppe. Dahinter folgen Zuwanderer aus Polen (13,1%), Russland (8,7%), Kasachstan (8,2%) und Italien (5,3%).
Städte: Deutschland hat mit Berlin, Hamburg, München und Köln vier Millionenstädte. Berlin hat rein rechnerisch die meisten Einwohner verloren: Anstelle der vermuteten 3,47 Millionen Menschen leben in der Hauptstadt lediglich 3,29 Millionen - ein Minus von 5,2 Prozent. Das größte prozentuale Minus (-8,5%) weist allerdings Aachen auf. Manche Städte sind auch größer als erwartet: Vor allem Bielefeld (+3724 auf 326 870) und Bergisch Gladbach (+3118 auf 108 878) ragen dabei heraus.. Bielefeld dagegen darf sich über 3724 "zusätzliche" Einwohner freuen. 76 Städte hatten im Mai 2011 mindestens 100.000 Einwohner, wobei Siegen, Hildesheim, Salzgitter und Cottbus nach der aktuellen Zählung aus dieser Liste heraus fallen.
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Familie: Neben den 18,2 Millionen Ehen gab es zum Stichtag knapp 34. 000 eingetragene Lebenspartnerschaften zwischen homosexuellen Paaren, davon rund 40 Prozent zwischen Frauen. Insgesamt lebten 5700 Kinder in Familien, deren Eltern eine eingetragene Lebenspartnerschaft führen.
Religion: 66,8 Prozent der Einwohner sind Christen. 10,5 Prozent gehören keiner Religion an. Im Osten Deutschlands liegt der Anteil der Konfessionslosen mit rund 33 Prozent deutlich über dem im Westen (sechs Prozent). In der Befragung bekannten sich nur 1,9 Prozent zum Islam. Die Statistiker gehen jedoch davon aus, dass viele Muslime von der Möglichkeit Gebrauch machten, nicht auf die Frage zur Religionszugehörigkeit zu antworten.
Wohnungsleerstand: Insgesamt gibt es 41,3 Millionen Wohnungen - 500. 000 mehr bisher angenommen. Sie sind im Durchschnitt 90,7 Quadratmeter groß. Die bundesweit höchste Leerstandsquote gab es in Sachsen mit knapp zehn Prozent. Unter den Großstädten war der Leerstand in Chemnitz, Leipzig und Halle mit über zehn Prozent am größten, während der Wohnungsmarkt in Jena, Münster, Hamburg und Oldenburg mit weniger als zwei Prozent Leerstand am angespanntesten ist.
Wohneigentum: Die meisten Menschen leben nach wie vor zur Miete. Die Eigentümerquote stieg aber auf 45,8 Prozent. Die höchste Eigentümerquote hat das Saarland mit 62,8 Prozent. Berlin dagegen ist eine "Mieterstadt"; die Eigentümerquote liegt hier nur bei 15,6 Prozent.
Arbeit: 40 Millionen Menschen sind erwerbstätig - 53,2 Prozent der Männer und 46,8 Prozent der Frauen. 2,1 Millionen waren zum Stichtag erwerbslos.
Bildung: Mehr als ein Drittel (35,6 Prozent) der über 15-Jährigen haben einen Haupt- beziehungsweise Volksschulabschluss. 26,9 Prozent haben die mittlere Reife und 28,3 Prozent besitzen die Fachhochschul- oder Hochschulreife.
Die Ergebnisse für Nordrhein-Westfalen:
Nordrhein-Westfalen liegt deutlich tiefer unter der 18-Millionen-Einwohner-Grenze als bisher angenommen. Und drei von vier Gemeinden in NRW haben weniger Bürger als gedacht. Das hat die erste bundesweite Volkszählung seit 26 Jahren ergeben. Mit exakt 17 538 251 Einwohnern zum Zensus-Stichtag am 9. Mai 2011 hat NRW fast 300 000 Köpfe weniger als bisher ausgewiesen. Von den Menschen, die in den Melderegistern standen, tatsächlich aber nicht mehr in den Städten und Gemeinden wohnen, sind 280 000 Ausländer. Das berichtete der Präsident des Statistischen Landesamts NRW, Hans-Josef Fischer, am Freitag in Düsseldorf. "Es hat sich gezeigt, dass die Melderegister den Bevölkerungsstand nicht zuverlässig abbilden."
Die Einwohnerzahl ist zwar niedriger als angenommen, aber im Vergleich zur Volkszählung 1987 dennoch um rund 826 000 gewachsen. Und NRW bleibt mit großem Abstand vor Bayern (12,4 Millionen Einwohner) bevölkerungsreichstes Bundesland. Und es hat eine Millionen-Stadt: Köln liegt um 5775 Einwohner über der magischen Grenze und bleibt viertgrößte Stadt Deutschlands hinter Berlin, Hamburg und München. 1987 hatte Köln erst 928 309 Einwohner.
Essen und Düsseldorf tauschen die Plätze
Essen und Düsseldorf tauschen ihre Plätze in der Einwohnerstatistik: Essen fällt mit nur noch 566 000 Bürgern - rund 57 000 weniger als 1987 - von Rang zwei auf Rang 4. Düsseldorf steigt mit gut 586 000 Einwohnern - rund 23 000 mehr - auf den zweiten Platz hinter Köln auf. Zwei weitere Ruhrgebietsstädte bleiben zwar auf ihren angestammten Plätzen unter den Top fünf, haben aber ebenfalls Bürger verloren: Dortmund hält Rang drei mit gut 571 000 Einwohnern (rund 13 000 weniger) und Duisburg Rang fünf mit knapp 489 000 Einwohnern (rund 37 000 weniger). Insgesamt leben im Ruhrgebiet 1,5 Prozent oder rund 79 000 Menschen weniger als kalkuliert.
Die kleinste Gemeinde bleibt Dahlem im Kreis Euskirchen mit nur 4196 Landeskindern - immerhin 418 mehr als 1987. Dafür darf sich der Kreis über den größten positiven Ausreißer freuen: Das rheinische Blankenheim hat fast fünf Prozent mehr Einwohner als angenommen. Am meisten nach unten muss dagegen das münsterländische Schöppingen im Kreis Borken seine Zahlen korrigieren: Es hat 17 Prozent weniger Einwohner als gedacht.
Vorerst keine finanziellen Auswirkungen
Finanzielle Auswirkungen werden die Zahlen zunächst noch nicht haben. "Im Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) 2013 wird noch keine Anpassung vorgenommen", sagte eine Sprecherin des Düsseldorfer Innenministeriums der Nachrichtenagentur dpa. Wie sich die neue Statistik im kommenden Jahr auswirke, lasse sich noch nicht sagen. Die Einwohnerzahl sei zwar der Hauptfaktor für die Zuweisungen, allerdings würden auch andere Variablen wie etwa Schülerzahlen oder Soziallasten berücksichtigt.
Die CDU-Opposition forderte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) auf, so schnell wie möglich Klarheit zu schaffen. Immerhin gehe es allein beim GFG um mehr als drei Milliarden und beim Stärkungspakt Stadtfinanzen, bei dem die Einwohnerzahl ebenfalls eine Rolle spiele, um über 130 Millionen Euro, mahnte die Landtagsfraktion in einer Mitteilung. (afp/dpa)