München. Der NSU-Prozess ist wegen neuer Anträge gegen das Gericht und die Bundesanwaltschaft auch am dritten Prozesstag nicht von der Stelle gekommen. Sowohl die Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe als auch die des mitangeklagten Ralf Wohlleben forderten am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München eine Aussetzung des Verfahrens. Eine vom Gericht vorgeschlagene Abtrennung des Kölner NSU-Bombenanschlags stieß auf breite Ablehnung. Der Tag in der Chronik.
Einen Tag nach Verlesung der Anklage ist der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) München am Mittwochmorgen fortgesetzt worden. Auch für den dritten Verhandlungstag wurden weitere Anträge der Verteidigung erwartet. Je nachdem, wie das Gericht mit diesen Anträgen verfährt, könnten aber auch schon die Angeklagten befragt werden. Bis auf Holger G. und Carsten S. haben sie aber bereits angekündigt, nicht auszusagen.
Das Gericht wirft der Hauptangeklagten Beate Zschäpe Mittäterschaft und den vier Mitangeklagten Beihilfe zu Morden und Terroranschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) vor.
Über die zehn Morde hinaus werden dem NSU mehrere Banküberfälle und zwei Sprengstoffanschläge in Köln zugerechnet, bei denen mindestens 23 Menschen schwer verletzt wurden. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl hatte am Dienstag in Erwägung gezogen, den Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße im Jahr 2004 vom Verfahren abzutrennen, denn gerade hier könnten sich noch viele Nebenkläger melden.
Die Ereignisse des Tages in der Chronik zum Nachlesen:
16:58 Uhr: Die Verhandlung wurde für heute beendet. Die Verfahrenbeteiligten haben ein mögliches Abtrennen des Sprengstoffanschlags in der Kölner Keupstraße im Juni 2004 diskutiert. Richter Götzl hatte am Dienstag vor dem Ende der Verhandlung diesen Vorschlag ins Gespräch gebracht, um den Prozess weiter auf rechtlich sicherer Basis durchführen zu können. Wegen des begrenzten Platzbedarfs gibt es nicht mehr viele Möglichkeiten, weitere Opfer als Nebenkläger zuzulassen. Nach Analyse der Akten könnten sich aber bis zu 70 weitere Nebenkläger beim Oberlandesgericht melden, weil sie Opfer dieses Anschlags gewesen sein könnten. Die Vertreter der Nebenkläger wiesen den Vorschlag des Vorsitzenden Richters zurück. Hauptargument war, dass das Verfahren mit 31 Opfern dann höchstwahrscheinlich eingestellt werde. Damit werde den Opfern die Möglichkeit genommen, zu erfahren, wer die Täter waren, wer für diesen Anschlag verantwortlich ist.
Die Anwälte der Nebenkläger verwiesen darauf, dass es keinen konkreten Hinweis darauf gebe, dass die Sitzkapazitäten in den Reihen der Nebenklage nicht ausreiche. Viele der Anwälte sprachen davon, dass es ihren Mandanten, die Opfer dieses Anschlags seien, nicht zuzumuten wäre, wenn das Verfahren abgetrennt werde und von vorne beginnen müsse. Zudem sei der Nagelbombenanschlag ein sehr wichtiger Anschlag für die NSU. Denn das sei ein Terrorschlag gewesen, bei dem ziellos getötet werden sollte.
15:37 Uhr: Das Gericht betritt den Verhandlungssaal. Damit wird die Verhandlung fortgesetzt. Eine Anwältin der Nebenkläger hat bereits einen weiteren Antrag auf Video- und Tonaufzeichnung der Verhandlung angekündigt. Zudem sollen die Prozessparteien Gelegenheit zu Stellungnahmen zu den Anträgen der Zschäpe-Verteidigung erhalten. Die Anwälte hatten unter anderem das Aussetzten des Verfahrens gefordert.
Der rechte Terror der NSU15.10 Uhr: Die Verhandlung wurde gerade erneut für 15 Minuten unterbrochen. Zuvor hatte die Verteidigung von Beate Zschäpe die Aussetzung des Verfahrens gefordert. Als Grund nannte Anwalt Wolfgang Heer, dass die Verteidiger sämtliche Wortprotokolle von Zeugenvernehmungen der Untersuchungsausschüsse im Bundestag sowie der Landtage in Thüringen, Sachsen und Bayern angefordert hatten. Diese seien aber spät und teilweise mit Geheimeinstufungen eingegangen, so dass Teile der Protokolle nur in der Geschäftsstelle des Gerichts eingesehen werden dürfen. Heer beantragte, dass der Verteidigung sämtliche Protokolle als Kopien zur Verfügung gestellt werden sollen. Um die Protokolle durcharbeiten zu können, sei die Unterbrechung erforderlich. Die Verteidigung beantragte zudem Bundesanwalt Herbert Diemer sowie Oberstaatsanwältin Anett Greger als Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft abzulösen. Die Verteidigung wirft ihnen unter anderem vor, der Verteidigung nicht alle Akten übergeben zu haben, Dazu aber seien die Vertreter der Bundesanwaltschaft nicht berechtigt gewesen, erklärte Anwalt Heer.
14.57 Uhr: Vor dem Gerichtsgebäude ist heute so wenig los, dass sich die wenigen wartenden Medienvertreter sogar ein bisschen für den ersten Demonstranten dieses dritten Protesttages begeistern können. Ein älterer Herr demonstriert, sehr erregt: gegen Asbest im Gerichtsgebäude. "Sie gefährden das Leben von unzähligen Menschen", ruft er. Die Fotografen knipsen, die Polizisten diskutieren mit ihm, keine weiteren Vorkommnisse.
14.56 Uhr: Mit dem Erscheinen des 6. Senats mit seinen fünf Richtern und den drei Ergänzungsrichtern kann das Verfahren fortgesetzt werden.
13.38 Uhr: Mit dem Erscheinen des 6. Senats mit seinen fünf Richtern und den drei Ergänzungsrichtern kann das Verfahren fortgesetzt werden.
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13.34 Uhr: Die Angeklagten wurden soeben in den Gerichtssaal geführt. Auch Zschäpes Verteidiger sind jetzt wieder anwesend.
13.33 Uhr: Inzwischen haben auch die Prozessvertreter der Bundesanwaltschaft wieder auf der Bank der Ankläger in ihren purpurfarbenen Roben Platz genommen. Die Verhandlung sollte nach der Mittagspause um 13.30 Uhr fortgesetzt werden. Allerdings fehlen noch die Verteidiger von Beate Zschäpe sowie die Angeklagten.
13.28 Uhr: Die ersten Verteidiger und Anwälte der Nebenklage haben den Gerichtssaal wieder betreten. Die Angeklagten und die Anwälte von Beate Zschäpe fehlen allerdings noch.
Ausschluss von Maik E., dem Bruder eines Angeklagten
13.03 Uhr: Die Fortsetzung des Prozesses soll sich bis 13.30 Uhr verzögern. Derzeit ist der Gerichtssaal fast leer. Nur einige Polizei- und Justizbeamte bewachen den Raum.
11.56 Uhr: Richter Manfred Götzl hatte kurz vor der Pause Anwältin Anja Sturm gefragt, ob die Verteidigung einen Befangenheitsantrag vorbereiten wolle. Die Verteidigerin ging auf diese Frage nicht ein, hatte aber noch einmal betont, dass die Unterbrechung nötig sei, um sich mit ihrer Mandantin über das weitere Vorgehen in diesem Verfahren zu verständigen.
Derzeit haben alle Prozessbeteiligten den Verhandlungssaal verlassen.
11.49 Uhr: Die Verhandlung wurde bis 13 Uhr unterbrochen. Verteidigerin Anja Sturm hatte eine Unterbrechung beantragt, Sie begründete die geforderte Pause damit, dass sich die Verteidiger mit ihrer Mandantin über das weitere Vorgehen beraten müssten.
Darauf hin unterbrach Richter Götzl den Prozess für eine Mittagspause.
11.36 Uhr: Prozess wird fortgesetzt.
11.31 Uhr: Maik E., der Bruder des Angeklagten André E., musste heute morgen kurz vor Beginn der Verhandlung den Gerichtssaal verlassen. Gründe für den Ausschluss sind noch nicht bekannt.
11.25 Uhr: Die Verhandlung ist erneut unterbrochen. Zuvor hatten sich vor allem die Verteidiger von Beate Zschäpe Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl ein heftiges Wortgefecht mit dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl geliefert. Anwalt Stahl hatte zwischenzeitlich sogar seine Robe ausgezogen und den Gerichtssaal aus Protest für 5 Minuten verlassen.
Der Streit ging darum, wem der Richte das Wort erteilen soll.
Dahinter steht durchaus eine erneute Kraftprobe zwischen Verteidigung und Gericht, über die Führung des Prozesses.
Zuvor hatte Nicole Schneiders, die Verteidigerin von Ralf Wohlleben die Aussetzung des Verfahrens gefordert. Sie begründete ihre Forderung mit den unvollständigen Akten, die ihrem Mandanten vorliegen. Damit sei es ihm nicht möglich, eine vernünftige Verteidigung zu organisieren.
Die Anwältin verwiest darauf, dass bei der Bundesanwaltschaft beispielsweise Akten zum Mord in Kassel liegen würden, welche die Verteidigung nicht habe. Am Tatort soll ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes gewesen sein. Dazu soll es 37 Akten geben. Die Verteidigung habe aber nur drei Akten.
Schneiders sieht in der öffentlichen Berichterstattung zudem eine Vorverurteilung der Angeklagten im NSU-Verfahren. Das sei ein „nicht behebbars Verfahrenshindernis“. Daher müsse der Prozess eingestellt werden.
Derzeit haben die Richter und die Verteidiger von Beate Zschäpe samt ihrer Mandantin den Gerichtssaal verlassen.
10.22 Uhr: Die Verhandlung wird fortgesetzt.
10.14 Uhr: Die Verteidiger von Beate Zschäpe haben den Sitzungssaal verlassen. Beate Zschäpe steht allein an ihrem Platz. Sie wirkt verunsichert. Verteidigerin Anja Sturm hat ihre Robe wieder ausgezogen und steht jetzt in dem grünen Kleid im 60er-Jahre-Stil neben Beate Zschäpe und unterhält sich mit ihr.
10.09 Uhr: Die Sitzung ist für zehn Minuten unterbrochen worden. Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten von der Bundesanwaltschaft hat die beiden Besetzungsrügen zurückgewiesen, weil der 6. Senat rechtskonform besetzt sei. Richter Manfred Götzl wollte daraufhin die Verhandlung fortsetzen. Verteidiger Wolfgang Heer wies diese Absicht zurück. Daraufhin hat Richter Götzl die Verhandlung unterbrochen und sich zur Beratung mit seinem Senat zurückgezogen.
9.46 Uhr: Die Fotografen und Kamerateams wurden rausgeschickt. Der 6. Senat unter Richter Manfred Götzl hat den Gerichtssaal betreten. Damit beginnt der dritte Verhandlungstag im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht in München. Wie an den anderen beiden Tagen wird das Gericht zuerst die Anwesenheit überprüfen.
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9.43 Uhr: Die Angeklagten Ralf Wohlleben und Beate Zschäpe wurden in den Gerichtssaal geführt. Zschäpe trägt eine dunkle Hose eine gelbe Bluse und einen schwarzen Pullover mit V-Ausschnitt. Wie in den vergangenen Tagen dreht sie den Fotografen den Rücken zu. Damit sind bis auf das Gericht alle Prozessbeteiligten im Verhandlungssaal erschienen. Die Angeklagten Carsten S. und Holger G. haben ihre Gesichter verdeckt. André E. sitzt wie immer mit Sonnenbrille auf der Anklagebank.
9.38 Uhr: Die vier Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft haben in ihren purpurfarbenen Roben ebenfalls Platz genommen.
9.30 Uhr: Die meisten Verteidiger haben inzwischen den Gerichtssaal betreten. Die Verteidigerin von Beate Zschäpe ist in einem lindgrünen Kleid erschienen.
9.22 Uhr: Wohllebens Anwalt Olaf Klemke geht davon aus, dass heute zunächst weitere Anträge gestellt werden, dann aber mit der Vernehmung der Zeugen begonnen wird.
9.16 Uhr: Die Anwälte der Verteidigung treffen am Gericht ein. Stefan Hachmeister, Anwalt von Holger G. Sagte vor dem Gericht, dass sein Mandant sich äußern werde. In welchem Umfang Holger G. Eine Aussage machen wird, wollte er nicht sagen.
Angeklagte Zschäpe und Wohlleben treffen im Gericht ein
9.02Uhr: Mit Herrn Wolfgang Stahl ist der erste der drei Verteidiger von Beate Zschäpe im Gerichtssaal betreten. Auch Bundesanwalt Herbert Diemer hat bereits die für die heute Verhandlung benötigten Unterlagen auf seinem Platz abgelegt.
8.50 Uhr: Die ersten Vertreter der Nebenklage haben ihre Plätze im Gerichtssaal eingenommen. Auch die erste von drei Protokollantinnen arbeitet bereits an ihrem Computer.
8.37 Uhr: Die Angeklagten Zschäpe und Wohlleben sind am Gericht eingetroffen.
8.28 Uhr: Im Gerichtssaal warten bereits Fotografen und Kamerateams auf die Angeklagten und ihre Anwälte. Sie werden früh als erste eingelassen, weil bei der vielen Technik die Kontrollen am langwierigsten sind.
8.20 Uhr: Jetzt geht's rein ins Gericht - und das Handy verschwindet in einer blauen Plastikkiste. Bis später!
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8.19 Uhr: Die Sicherheitskontrollen wurden noch einmal verschärft. Speisen und Getränke dürfen nicht mehr mit in den Gerichtssaal genommen werden. Besuchern ist auch das Mitbringen von Handys und Laptops verboten. Das war bisher schon so, wurde aber nicht in letzter Konsequenz umgesetzt, Heute achten die Beamten am Einlass auf alle Details und sortieren gnadenlos aus, was nicht zulässig ist.
8.13 Uhr: Der Medienauflauf draußen hat im Vergleich zu den ersten beiden Prozesstagen bereits deutlich nachgelassen. Nur noch wenige Fernsehkameras und Fotografen warten vor dem Gerichtsgebäude.
8.02 Uhr: In der Zuschauerschlange nur ein gutes Dutzend Menschen, die meisten sind Journalisten. Vor mir steht Maik E., der Bruder des Angeklagten André E. - wieder mit Sonnenbrille, Lederweste und schwarzem Kapuzenpulli. Er tippt auf seinem Handy herum und dreht sich häufig um. Nur wenn er gefilmt wird, setzt er seine ungerührt-coole Miene auf.
7.09 Uhr: Wie der heutige Prozessverlauf sein wird, lässt sich schwer vorhersagen. Gestern hatte sich Richter Götzl durchsetzen können, so dass die Anklageschrift verlesen wurde. Heute sind zu Beginn der Verhandlung sicherlich erneut Anträge zu erwarten. Zudem sollen noch Stellungnahmen zu den beiden Rügen der Verteidiger von Zschäpe und Wohlleben abgegeben werden. Die Anwälte hatten kritisiert,dass das Gericht falsch zusammengesetzt ist. Erwartet wird eigentlich, dass die Angeklagten sich heute zu den Anklagevorwürfen äußern dürfen. Holger G. und Carsten S. waren bereits in ihren Vernehmungen geständig, daher besteht die Hoffnung, dass sie auch vor Gericht aussagen könnten.
7.02 Uhr: Guten Morgen. Es herrscht strahlender Sonnenschein in München. Vor dem Oberlandesgericht haben sich ersten vier Besucher in die Reihe gestellt, um eingelassen zu werden. Die Polizei hat ihre Posten bezogen und patrouilliert rund um das Gebäude. Wie an den Vortagen sind weite Parkverbotsbereiche eingerichtet. Die Situation rund um das Gericht ist völlig entspannt.