Düsseldorf. Das NRW-Umweltministerium will die Liberalisierung des Abfall-Marktes offenbar rückabwickeln: Ein Abfallwirtschaftsplan soll vorschreiben, in welcher Müllverbrennungsanlage der Abfall einer Kommune verbrannt wird. Der Bund der Steuerzahler schlägt Alarm: Für den Bürger bedeute das höhere Kosten.

Liberalisierung adé: Wenn es nach dem NRW-Umweltministerium geht, soll Müll ab 2014 wieder dort entsorgt werden, wo er entsteht. In einem Abfallwirtschaftsplan festgelegte "verbindliche Zuweisungen" sollen den Kommunen vorschreiben, in welcher der 16 Hausmüllverbrennungsanlagen sie den Abfall ihrer Einwohner zu entsorgen haben. Das geht aus einem Schreiben des NRW-Umweltministeriums hervor, aus dem die Rheinische Post zitiert. Für den Bürger, so befürchtet der Bund der Steuerzahler, bedeute das vor allem eines: höhere Müllgebühren.

Erst vor wenigen Jahren hatte die damals noch schwarz-gelbe Landesregierung den Markt für die Müllentsorgung zwischen Rhein und Ruhr geöffnet. Kommunen mussten Müllentsorgungs-Aufträge europaweit ausschreiben, jede Müllverbrennungsanlage konnte mitbieten. Dadurch sollten die Preise für die Müllentsorgung sinken. Profiteure der Neuregelung waren effiziente Verbrennungsanlagen, die den Städten attraktive Angebote machen konnten. Ältere Anlagen hatten das Nachsehen und konnten ihre Kapazitäten nicht mehr ausschöpfen.

Abfallwirtschaftsplan könnte gegen EU-Recht verstoßen

Doch Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) hat offenbar andere Pläne. Der verbindliche Abfallwirtschaft verhindere einen "ungesunden Preiswettbewerb", heißt. Den Anlagenbetreibern - in den meisten Fällen sind das die Kommunen - verschafft er Planungssicherheit. Zudem hatte sich Remmel mehrfach gegen "Mülltourismus" ausgesprochen, bei dem Müll weit entfernt von dem Ort, an dem er anfällt, entsorgt wird.

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Wilfried Goebels CD Korr Düsseldorf
Von Wilfried Goebels

Der Bund der Steuerzahler bezweifelt indes, dass Remmels Plan mit EU-Recht zu vereinen ist. "Unserer Meinung nach dürfen die Landkreise solche Millionen-Aufträge für die Abfallentsorgung nicht einfach an den Nächstbesten vergeben", erklärt Harald Schlehdorn, Gebührenreferent beim Steuerzahlerbund NRW. Die Vergaberichtlinie der EU schreibe in solchen Fällen eine europaweite Ausschreibung vor.

Viersener können dank Liberalisierung Geld sparen

Zudem befürchtet Schlehdorn, dass Remmels Abfallwirtschaftsplan für die Bürger deutlich teurer werde. Beispielhaft führt er den Kreis Viersen an: Der dort anfallende Müll wird derzeit noch in der Müllverbrennungsanlage Krefeld entsorgt. Kosten: rund 200 Euro pro Tonne Müll.

Müllverbrennungsanlagen in NRW
Müllverbrennungsanlagen in NRW

Jetzt hat der Kreis die Müllentsorgung ab 2015 ausgeschrieben und zwei privat betriebene Anlagen in Köln und Solingen gefunden, die den Viersener Müll deutlich günstiger entsorgen - dem Vernehmen nach für die Hälfte des bisherigen Betrages. Die Viersener könnten sich auf eine Entlastung von rund 20 Prozent freuen - wenn Remmel die Ausschreibung nicht noch stoppt.

Müllverbrennungsanlagen können mehr Abfall verbrennen, als in NRW anfällt

Doch nicht für alle Kommunen ist die Liberalisierung die bessere Variante: Städte, die - wie Krefeld - eine eigene Müllverbrennungsanlage betreiben, fürchten auf einem liberalisierten Markt um die Auslastung ihrer teuren Anlagen. Ein Abfallwirtschaftplan, wie ihn Remmel vorschlägt, wäre für sie die bedeutend sicherere Lösung.

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Ob Abfallwirtschaftsplan oder Liberalisierung - Gebührenexperte Schlehdorn ist sich sicher: "In Anbetracht sinkender Einwohnerzahlen und Restmüllmengen hat NRW mittelfristig zwei Müllverbrennungsanlagen zu viel."