Bonn. . Zum Start ihres innerparteilichen Reformprozesses hat die NRW-CDU in Bonn über eine christliche Politik diskutiert und sich von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, dem rheinischen Präses Manfred Rekowski und der Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Claudia Lücking-Michel, beraten lassen.

„Gibt es eine christliche Politik?“ – am Anfang ihres Reformprozesses hat die NRW-CDU am Dienstagabend gleich ihren Markenkern, ja ihre Seele zur Diskussion gestellt. Anders als noch bis in die 1970er-Jahre hinein habe diese Politik heute „ihre Selbstverständlichkeit verloren“, sagte CDU-Landeschef Armin Laschet. Er sieht seine Partei in einer „Zangenbewegung“ zwischen der zunehmenden Säkularisierung und dem Autoritätsverlust der Kirchen.

Zumindest die eine, einheitliche christliche Politik könne es nicht geben – darin waren sich die drei Referenten, Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, der rheinische Präses Manfred Rekowski, und die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) Claudia Lücking-Michel einig. „So pluralistisch und bunt wie die Welt“ seien heute auch die Vorstellungen der Menschen in der Kirche, sagte Overbeck. Auch der evangelische Präses Rekowski erwähnte eine große „innerkirchliche Vielfalt“ von politischen Positionen. Der christliche Glaube sei eher „Kompassnadel als Navigationsgerät“, er vermittele eher Maßstäbe, als konkrete Maßnahmen.

Auch interessant

Lücking-Michel, die für die CDU in den Bundestag einziehen möchte, betonte, ihre Partei habe „die Deutungshoheit über christliche Politik nicht gepachtet“. Dennoch müssten gerade Christdemokraten deutlich machen, welchen Werten sie verbunden seien. Allen voran sei dies das christliche Menschenbild, betonte auch Laschet – geprägt von der Vorstellung, dass jeder Mensch, ob Christ oder nicht, ein Abbild Gottes und deshalb mit einer unveräußerlichen Würde ausgestattet sei. Diesem Programm könnten auch Muslime, Juden oder Agnostiker zustimmen, so Laschet. Von den Kirchen wünscht sich der CDU-Landeschef mehr Einigkeit in politischen Themen als „Rückenwind“ für eine christliche Politik.

Overbeck: Keine Politikerschelte

Lücking-Michel warf die Frage auf, in wie weit Politiker einem Kompromiss zustimmen, der zwar nicht mehr vollständig ihren - christlichen - Idealen entspricht. Overbeck sprach in diesem Zusammenhang von einer „unauflöslichen Spannung“ zwischen dem katholischen Lehramt und Kompromissen, die katholische Politiker eingehen müssen. Eine Politiker-Schelte durch Kirchenvertreter, wie es sie etwa bei der Diskussion um die Schwangerschaftskonfliktberatung noch gegeben hat, lehnte der Ruhrbischof indes deutlich ab. Entscheidend sei, dass Politiker ihr Gewissen prüfen.