Berlin. In einer groß angelegten Forsa-Studie wurden Eltern befragt, was sie von der Regierung an Unterstützung erwarten. Das Ergebnis fällt deutlich aus: 75 % halten das Kita-Angebot für unzureichend, 93 % wünschen sich ein Ende des föderalen Bildungschaos. Die Hälfte beklagt, dass immer noch zu wenig getan wird, um Job und Kinder unter einen Hut zu bringen.
Mehr Kita-Plätze, Hilfe für benachteiligte Familien und eine Beibehaltung des Ehegattensplittings: Das ist es, was sich Eltern wirklich von der Politik wünschen. Mit der derzeitigen Familienpolitik sind die Befragten unzufrieden, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Studie im Auftrag der Magazine "Eltern" und "Eltern Family" hervorgeht. 61 Prozent haben demnach nicht den Eindruck, dass die schwarz-gelbe Koalition konkrete familienpolitische Ziele verfolgt. Den Müttern und Vätern fehle "die Richtung und die Vision", sagte "Eltern"-Chefredakteurin Marie-Luise Lewicki.
Für die repräsentative Erhebung befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Januar 1.000 Mütter und Väter mit Kindern unter 18 Jahren. Fast 90 Prozent der Eltern forderten den Staat auf, benachteiligte Familien stärker zu unterstützten. 54 Prozent der Umfrageteilnehmer beklagten große oder einige Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Lediglich ein Viertel der befragten Eltern ist der Meinung, dass genügend Kita-Plätze für Kinder unter drei Jahren vorhanden sind. Jeder Zweite (48 Prozent) würde den ab August geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz einklagen. Am Bildungssystem stört die Eltern vor allem die unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern: 93 Prozent halten eine bundesweite Vereinheitlichung für dringend erforderlich.
Umstrittene Fördermaßnahmen stehen hoch im Kurs
Für unverzichtbar hält die Mehrheit der Eltern das Ehegattensplitting: 81 Prozent finden diese steuerliche Entlastung sinnvoll. Auch unter den nicht verheirateten Eltern wird diese zu 71 Prozent befürwortet und selbst unter den Wählern von SPD und Grünen, die das Splitting reformieren wollen, liegt die Zustimmung bei 83 beziehungsweise 76 Prozent.
Und auch auf das umstrittene Betreuungsgeld, das ab August gezahlt wird, wollen viele Eltern der Umfrage zufolge nicht verzichten. Für eine Rücknahme der Maßnahme angesichts knapper Haushaltskassen sprachen sich 49 Prozent aus.
Partnerschaftliche Arbeitsteilung nur selten praktiziert
Die traditionelle Rollenverteilung hat für die meisten Eltern ausgedient: Nur sechs Prozent sprechen sich dafür aus, dass nur der Mann arbeitet und die Frau sich um Haushalt und Kinder kümmert. Stattdessen werden neue Formen der Arbeitsteilung bevorzugt. 40 Prozent finden es gut, wenn er Vollzeit arbeitet und sie Teilzeit, 38 Prozent favorisieren die Variante, dass beide Partner ihre Arbeitszeit auf 30 Stunden reduzieren und sich Hausarbeit und Kinder teilen.
Die Realität sieht allerdings noch anders aus: Nur 6 Prozent der Familien praktizieren das Teilzeitmodell, 14 Prozent leben das Alleinverdiener-Modell. Bei der Mehrheit (57 Prozent) der befragten Paare arbeitet der Mann Vollzeit, während die Frau sich neben ihrem Teilzeitjob hauptsächlich um Hausarbeit und Kinder kümmert. Die jeweilige Entscheidung hat vor allem finanzielle Gründe: Für 45 Prozent wäre das Einkommen zu gering, wenn sie das Wunschmodell umsetzten.
Die frühe Rückkehr in den Job nach der Geburt hat für die meisten Eltern keine Priorität. Ein Viertel der Befragten gaben an, Frauen sollten ein Jahr nach der Geburt wieder arbeiten gehen. Nach Ansicht von 42 Prozent sollten Frauen mindestens drei Jahre damit warten. Die Eltern seien nicht konservativer als erwartet, sondern realistisch, sagte Lewicki. Zu früh wieder in den Beruf zurückzukehren, sei für viele Frauen einfach überfordernd