Berlin. . Die Bundesregierung wird nicht vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um ein Verbot der rechtsextremen NPD zu erreichen. Das sieht eine Vorlage für die Kabinettssitzung am Mittwoch vor. FDP-Chef Rösler begründet die Entscheidung gegen eine NPD-Verbot damit: “Dummheit kann man nicht verbieten.“

Eigentlich sollte es vertraulich bleiben, bis Mittwoch. Dann tagt das Kabinett. Aber die FDP sah in der Geheimniskrämerei keinen Sinn. Ihr Chef Philipp Rösler preschte gestern vor und kündigte an, dass die FDP-Minister gegen ein NPD-Verbot sind und einen entsprechenden Antrag der Bundesländer nicht unterstützen. Es mag so aussehen, als würde die FDP die Unions-Minister treiben. Aber so ist es nicht. Die Würfel waren vorher gefallen – im Konsens.

Die Kabinettsvorlage war fertig. Morgen wollte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vor die Presse treten. Fest steht, dass die 16 Länder beim Verfassungsgericht in Karlsruhe ein NPD-Verbot beantragen wollen. Unklar ist, wie sich der Bundestag verhalten wird. Bisher hatten die Koalitionsfraktionen FDP und Union auf die Regierung verwiesen, die gegen ein Verbotsverfahren ist.

Innenminister Friedrich äußerte häufig Bedenken

Demnach müssten sich Union und FDP im Parlament ähnlich verhalten. Für die Liberalen gilt das als gesichert. Bei der Union könnte es aber sein, dass Abgeordnete doch für einen Antrag stimmen wollen. Auf ein gespaltenes Verhalten deutet auch vieles bei den Linken und Grünen hin. Nur die SPD ist geschlossen dafür. Eine Mehrheit im Parlament ist also fraglich.

Als Befürworter eines NPD-Verbots fielen die Innenminister nicht auf. CSU-Mann Friedrich trug seine Bedenken so oft vor, dass sie in der eigenen Partei die Nase rümpften. Seine zwei Amtsvorgänger Thomas de Maizière und Wolfgang Schäuble (beide CDU) hielten auch nichts von einem Verbot. Friedrich sorgte sich, dass man die rechtsextreme Partei ohne Not aufwerten würde. Bei der Wahl in Niedersachsen hatte sie keine Rolle gespielt. Rösler wiederum sagte, die FDP sei der Ansicht, „dass man Dummheit nicht verbieten kann“.

Angela Merkel dachte ähnlich, die Kanzlerin hatte lange Zeit aber ein Problem: die CSU. Der Chef Horst Seehofer, auch bayrischer Ministerpräsident, pochte auf einen Antrag. Sein Parteifreund Friedrich saß damit zwischen allen Stühlen. Er schwankte hin und her.

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Seehofer war stinksauer. Er hatte vom Kleinmut genug. „Wir können es auch alleine“, sagte er Merkel am Telefon. Damit war die Kanzlerin den Streit los. Wieder einmal hatte es sich für Merkel ausgezahlt, zu warten bis die Dinge sich fügen. Die Haltung der FDP kannte sie längst, vor allem die Skepsis von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Nun kam Seehofer und entließ Merkel aus der Pflicht, die Liberalen im Kabinett „auf Linie zu bringen“.

Regierung sagt Bundesrat vollen Rückhalt für seinen Antrag zu

Für Ende März hatte Merkel ohnehin eine Entscheidung in Aussicht gestellt. Am Wochenende ging es nun ganz schnell. Merkels Amtschef Ronald Pofalla schaltete sich telefonisch mit Leutheusser-Schnarrenberger und Friedrich kurz. Der Innenminister besprach sich mit Seehofer.

Die Marschroute stand, nun verlor Rösler keine Zeit. Vor der Presse legte er Montag die Linie fest. Die komme für alle Beteiligten nicht überraschend, hieß es in der FDP, man habe sie jetzt nur kommuniziert. Tenor der Vorlage für das Kabinett: Die Regierung sagt dem Bundesrat vollen Rückhalt für seinen Antrag zu. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.