Karlsruhe. Die NPD ist mit ihrem Vorstoß gescheitert, ihre Verfassungstreue vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. Eine solche Feststellung sei im Gesetz nicht vorgesehen, entschied das Karlsruher Gericht am Dienstag. Die rechtsextreme Partei will jetzt vor den Europäischen Menschengerichtshof ziehen.
Die rechtsextreme NPD ist mit dem Versuch gescheitert, sich selbst vom Bundesverfassungsgericht Verfassungstreue bescheinigen zu lassen. Für solch eine Feststellung in eigener Sache sieht das Bundesverfassungsgerichtsgesetz kein Verfahren vor, heißt es in einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss des Gerichts. (Az: 2 BvE 11/129)
Nach ihrer Niederlage in Karlsruhe will die rechtsextreme NPD vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Das kündigte die Partei am Dienstag in Berlin an. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts sei erwartbar und daher nicht verwunderlich gewesen. Die NPD sei auf dieses Szenario vorbereitet gewesen und nun optimistisch, dass der Menschenrechtsgerichtshof in der Sache entscheiden werde.
NPD beklagt mangelnden Rechtsschutz
Den Richtern des Bundesverfassungsgericht zufolge kann das Gericht nur prüfen, ob eine Partei verfassungswidrig ist und dies auch nur auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung. Dass eine Partei ihre "Verfassungskonformität" feststellen lassen kann, sei dagegen nicht vorgesehen.
Das Bundesverfassungsgericht wies überdies den Vorwurf zurück, die laufende Verbotsdebatte wirke sich auf die NPD wie ein faktisches Parteiverbot aus. Falls sich die NPD von Behörden in ihrem politischen Handeln gehindert sehe, sei es ihr zuzumuten, sich dagegen im jeweiligen Einzelfall vor Gericht zu wehren, betonten die Richter.
Dies gelte auch für die Beobachtung durch den Verfassungsschutz oder die Überprüfung der Verfassungstreue angehender Beamter. Wenn die NPD aus Misserfolgen bei solchen Verfahren schließe, sie bekomme keinen Rechtsschutz, dann ist dies laut Karlsruhe "nicht nachvollziehbar". Die NPD müsse sich ansonsten der öffentlichen Auseinandersetzung um ihre mögliche Verfassungsfeindlichkeit stellen und ihr mit "den Mitteln des Meinungskampfes begegnen", heißt es in dem Beschluss.
Opposition fordert klares Bekentnis für Verbotsantrag
Die Verfassungshüter betonten allerdings auch die Grenzen, die der Staat im Meinungsstreit wegen des vom Grundgesetz garantierten Rechts von Parteien auf Chancengleichheit beachten muss. Demnach darf eine Partei öffentlich nicht der Verfassungswidrigkeit verdächtigt werden, wenn dies allein geschieht, um sie zu benachteiligen. Staatliche Stellen seien aber nicht gehindert, das Für und Wider eines Parteiverbotsverfahrens "mit der gebotenen Sachlichkeit" zu debattieren.
Das Gericht verwarf überdies einen Hilfsantrag der NPD, wonach die Verfassungshüter feststellen sollten, dass der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung die parteibezogenen Rechte der NPD durch die fortwährende Behauptung ihrer Verfassungswidrigkeit verletzten. Die Äußerungen einzelner Politiker sind laut Karlsruhe Einzelmeinungen und "keine Willensbekundung" des jeweiligen Bundesorgans.
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Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, bezeichnete den NPD-Antrag als "reines Theater". Oppermann forderte schwarz-gelbe Bundesregierung auf, sich "endlich klar" zu einem eigenen NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung bekennen. "Wenn die Bundesregierung den Bundesrat alleine klagen lässt, wäre dies ein verheerendes Symbol der Unentschlossenheit", erklärte Oppermann in Berlin. Bislang hat nur der Bundesrat einen Antrag auf Verbot der NPD beschlossen.
Der Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck sprach ebenfalls von "Klamauk". Das Scheitern in Karlsruhe bedeute aber nicht, dass die Partei nun schon verboten werden könne, erklärte Beck. Voraussetzung dafür sei, dass eine Partei den Bestand der Demokratie gefährde. Ob die NPD dies erfüllt, "darf man stark bezweifeln". Die Grünen prüften daher, ob ein Verbotsantrag hinreichend Erfolgsaussichten hat, erklärte Beck. (afp/dapd/dpa)