Brüssel. Während Frankreich, Spanien und Italien dafür plädieren, den Sparkurs wieder aufzuweichen, um mit staatlichen Hilfen die Wirtschaft anzukurbeln, besteht Deutschland auf dem eingeschlagenen Kurs der Stabilität. Genauso zerstritten ist Europa in der Frage, ob man die syrischen Rebellen aufrüstet.

Im Kampf gegen die Rekordarbeitslosigkeit in Europa streitet die EU weiter über das richtige Rezept. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem am Donnerstag begonnenen EU-Gipfel in Brüssel sagte, Sparen und Wachstum seien keine Gegensätze, forderten Frankreich und Italien flexiblere Sparvorgaben zugunsten ihrer Wirtschaft. Die Euro-Finanzminister beraten am Nachmittag über das Hilfspaket für Zypern.

Merkel hob hervor, "dass Haushaltskonsolidierung, Strukturreformen und Wachstum nicht etwa Gegensätze sind, sondern einander bedingen". Diese Anforderungen dürften "nicht gegeneinander ausspielt" werden. Darüber habe es auf dem Gipfel eine "sehr einvernehmliche Diskussion" gegeben. Aus den Südländern kamen jedoch Forderungen, die Bemühungen um Wachstum nicht dem Sparzwang zu opfern.

Mehr Schulden fürs Wachstum - fordern Spanien, Frankreich und Italien

"Flexibilität ist notwendig, damit Wachstum Vorrang haben kann", sagte Frankreichs Präsident François Hollande mit Blick auf die EU-Vorgaben zum Defizitabbau. "Zu viel Starrheit würde zu viel Arbeitslosigkeit heißen." Frankreich wird in diesem Jahr das EU-Defizitgrenze von drei Prozent seiner Wirtschaftskraft voraussichtlich deutlich verfehlen und hofft auf einen Aufschub für das Erreichen des Ziels.

Die Balance zwischen Spar- und wachstumsorientierter Politik ist eines der zentralen Themen in der Krise, in der finanziell angeschlagene Staaten vor allem im Süden Europas unter dramatisch hoher Arbeitslosigkeit leiden. Die Diskussion flammte neu auf, als bei der Wahl in Italien im vergangenen Monat die Sparkurs-Kritiker die meisten Stimmen bekamen und eine Regierungsbildung verhinderten.

Italiens abgewählter Regierungschef Mario Monti warnte bei seiner letzten Gipfelteilnahme, dass "die öffentliche Unterstützung für Reformen, und noch schlimmer, für die Europäische Union, dramatisch abnimmt". Ländern wie Italien, die geforderte Reformen umsetzten, solle "jeder verfügbare Spielraum" erlaubt werden, um "einen Eilplan zur Schaffung von stabilen und besseren Jobs umzusetzen".

Hilfspaket für Zypern

Einig sind sich die EU-Länder jedoch, dass insbesondere mehr gegen die Jugendarbeitslosigkeit getan werden muss, die etwa in Spanien und Griechenland bereits die Hälfte der jungen Menschen unter 25 Jahren betrifft. "Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist die größte soziale Herausforderung, vor der wir stehen", heißt es in den gemeinsamen Schlussfolgerungen.

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Im Anschluss an den Gipfel beraten die Euro-Finanzminister am Freitagnachmittag über das Hilfspaket für das hoch verschuldete Zypern. Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker erwartet von dem Treffen eine Einigung. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das Wochenende verstreichen lässt, ohne dass man das Zypern-Problem gelöst hat."

Juncker warnte vor Lösungen, die auch eine erzwungene Beteiligung privater Gläubiger an dem Hilfspaket für das hoch verschuldete Land vorsehen. Zypern gab als Finanzbedarf anfangs rund 17 Milliarden Euro an, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sagte aber am Mittwoch, der Betrag werde bei etwa zehn Milliarden Euro liegen.

Frankreich will Rebellen aufrüsten

Ebenso zerstritten wie über das Krisen-Management ist Europa in der Frage, wie man die syrische Opposition im Kampf gegen das Assad-Regime untersützen soll. Frankreich schließt nicht auch, auch ohne Zustimmung aller EU-Partner Waffen an die syrischen Rebellen zu liefern. Sollten sich nicht alle Mitgliedstaaten von einer Aufhebung des Waffenembargos überzeugen lassen, werde Frankreich "seine Verantwortung wahrnehmen", sagte Präsident François Hollande am Donnerstagabend in Brüssel.

Hollande sagte: "Wir wollen eine Aufhebung des EU-Waffenembargos". Paris könne nicht zulassen, dass "ein Regime, das derzeit keinen politischen Übergang will, ein Volk massakriert". Später präzisierte der französische Staatschef, seine Regierung wolle die EU-Partner bis spätestens Ende Mai von einer Aufhebung des Waffenembargos überzeugen. Bis dahin gelten die Ende Februar verlängerten EU-Sanktionen gegen Syrien.

Merkel warnt vor Waffenlieferungen

"Wenn es unerwarteterweise eine Blockade von einem oder zwei Ländern geben wird, wird Frankreich seine Verantwortung wahrnehmen", fügte Hollande hinzu. Die politischen Lösungen seien in Syrien ungeachtet jeglichen Drucks gescheitert. "Wir müssen weiter gehen, denn seit zwei Jahren zeigt (Syriens Staatschef) Baschar al-Assad den klaren Willen, jedes Mittel gegen sein eigenes Volk einzusetzen."

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Viele Regierungen in Europa sehen Waffenlieferungen an die Rebellen skeptisch, weil sie befürchten, damit den Bürgerkrieg noch weiter anzuheizen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte: Wennn Europa Waffen an die Rebellen liefere, werde die gegenseite ebenfalls aufrüsten. Assad wird derzeit noch von China und Russland unterstützt. (afp)