Rom. . Der Papst hat in Rom seinen Abschied gefeiert - mit 150.000 Anhängern. Viele der angereisten Papst-Fans halten Plakate oder Transparente in die Höhe. „Danke, Eure Heiligkeit“ oder „Deine Worte sind Licht für immer“, steht da zu lesen.

Es der erste wirkliche Frühlingstag des Jahres in Rom. Es ist der Tag für Papst Benedikts letzten öffentlichen Auftritt. Um diese Jahreszeit kommen normalerweise höchstens 10.000 Gläubige zur wöchentlichen Generalaudienz des Papstes. Seinen Abschied an diesem Tag wollen an die 150.000 Menschen sehen, die den Petersplatz und die angrenzenden Straßen restlos füllen: Genau so war es am Abend des 19. April 2005, als der weiße Rauch aufstieg aus dem Giebel der Sixtinischen Kapelle und Joseph Ratzinger vom Balkon des Doms die Menge als neuer Papst Benedikt XVI. begrüßte.

Im Publikum heute: Lauter Be­nedikt-Fans. „Benedetto, wir lieben dich! Einen wie dich finden wir nie mehr“, singen italienische Zuschauer mit Inbrunst und Fahnenschwenken.

Das bayerische Pilgerbüro hat auf die Schnelle eine Papst-Abschiedsreise organisiert, ein paar Tausend sind eigens für diese Generalaudienz über die Al­pen gekommen. „Das musste einfach sein“, sagt ein junger Mann aus Erding: „Dieser Papst hat mich immer dermaßen bewegt in meinem Leben.“

„Danke, Eure Heiligkeit“

Viele der angereisten Papst-Fans halten Plakate oder Transparente in die Höhe. „Danke, Eure Heiligkeit“ oder „Deine Worte sind Licht für immer“, steht da zu lesen.

Der Jubel schwillt zum Orkan an, als Benedikt in dem Papamobil eine Runde durch die Menge der Gläubigen dreht. Immer wieder strecken sich ihm Hände entgegen. Tausende Arme recken Digitalkameras oder Foto-Handys hoch, um die historischen Augenblicke im Bild festzuhalten. An einer Stelle reicht sein Sekretär Georg G änswein dem Papst ein kleines Kind vom Arm der Mutter. Benedikt segnet und küsst das Neugeborene.

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„Mein Herz ist voll von Freude und Dankbarkeit“, sagt Benedikt später in seiner Ansprache. Man merkt ihm die Rührung an. „Die Kirche lebt, das zeigt ihr mir alle, die ihr heute so zahlreich gekommen seid. Das zeigen mir die Briefe, in der mir Brüder und Schwestern aus aller Welt, wie echte Familienmitglieder, ihre Nähe bekunden und die mir zu Herzen gehen.“

„Nie war ich allein“

Von Gott „wirklich geleitet“, habe sich Benedikt im Papstamt gefühlt: „Jeden Tag habe ich seine Nähe gespürt. Nie war ich allein.“ Und wenn’s für das „Schiff der Kirche heftigen Seegang und Gegenwind“ gab, „dann habe ich immer gewusst, es ist nicht mein, nicht unser Schiff; es ist sein Schiff, der Herr lässt es nicht untergehen.“

Nichts, sagt Benedikt, „kann diese Gewissheit verdunkeln. Das reinigende und erneuernde Wort des Evangeliums ist das Leben der Kirche. Das ist mein Vertrauen und meine Freude.“

Mehrfach unterbricht mächtiger Applaus den scheidenden Papst, und als er auf seinen überraschenden Rücktritt zu sprechen kommt, da zücken so manche auf dem großen Platz vor dem Petersdom ihr Taschentuch. „Das Wohl der Kirche und die Liebe zu ihr“, liest Be­nedikt von seinem Manuskript ab, „verlangt auch schwierige und schmerzhafte Entscheidungen.“

„Ich steige nicht herab vom Kreuz“

Dann macht Benedikt eine Pause. Da ist offenbar noch etwas zu sagen. Der polnische Kardinal Stanislaw Dziwisz, der als Sekretär von Papst Johannes Paul II. dessen ganze Leidensjahre im Vatikan mit durchlebt hat, hatte Benedikt für seinen Rücktritt von Krakau aus heftig gerüffelt. „Man steigt nicht herab vom Kreuz!“ hatte Dziwisz sichtlich ungehalten gerufen. Und Benedikt XVI. gibt jetzt, bei seinem letzten öffentlichen Auftritt, vor aller Welt also, seine Antwort: „Ich steige nicht herab vom Kreuz. Ich bleibe in neuer Weise, im Dienst des Gebets, beim gekreuzigten Herrn.“

Zur Rettung der eigenen Ehre musste das offenbar gesagt werden. Und dem Applaus nach zu schließen, ist es angekommen.