Berlin. Drei von vier Deutschen sind laut einer aktuellen Forsa-Umfrage für die völlige Gleichstellung der Homo-Ehe mit der traditionellen Ehe. Unterdessen streiten sich die Politiker weiter. Die CDU-Spitze strebt nicht die Gleichstellung der homosexuellen Partnerschaften beim Adoptionsrecht an.
Drei von vier Bürgern, 74 Prozent, würden nach einer Umfrage eine völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der traditionellen Ehe und Familie begrüßen. Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Erhebung für das Magazin "Stern" treten selbst rund zwei Drittel der Unionswähler, 64 Prozent, für eine völlige Gleichstellung ein. Unter allen Befragten sprechen sich 23 Prozent dagegen aus, drei Prozent sind unentschieden.
Am stärksten befürworten Wähler der Grünen, 86 Prozent, und der SPD, 82 Prozent, die Gleichstellung. Aber auch die Sympathisanten der FDP, 71 Prozent, und der Linken, 70 Prozent, sind mit großer Mehrheit dafür. Besonders heftig wird derzeit in der Union über das Thema gestritten. Vertreter des konservativen Flügels und der CSU lehnen es strikt ab, etwa das steuerliche Ehegattensplitting auf Lebenspartnerschaften auszuweiten.
In der Union tobt seit Tagen ein heftiger Streit über Konsequenzen aus dem Urteil des Verfassungsgerichts zum Adoptionsrecht. Mehrere CDU-Spitzenpolitiker hatten sich als Konsequenz für eine vollständige Freigabe von Adoptionen für schwule und lesbische Paare ausgesprochen. Die Diskussion in der Union dreht sich zudem um mögliche steuerrechtliche Konsequenzen. Bislang profitieren Homo-Ehen nicht vom Ehegattensplitting.
Bei Adoptionen strebt die CDU keine Gleichstellung an
Die CDU-Spitze strebt derzeit nicht die volle Gleichstellung homosexueller Partnerschaften beim Adoptionsrecht an. Ein solches Gesetz sei nicht in Planung, sagte ein CDU-Sprecher am Mittwoch in Berlin. Er wies damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung zurück, demzufolge nach dem Willen von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe noch vor der Sommerpause ein Gesetzentwurf vorgelegt werden solle.
Die CDU will nach den Angaben des Parteisprechers lediglich prüfen, ob aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Konsequenzen für die Gesetzgebung gezogen werden müssten. Das Karlsruher Gericht hatte in einem Sonderfall entschieden, dass Schwule und Lesben, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, auch ein von ihrem Partner zuvor angenommenes Kind adoptieren können. Das Recht auf eine gleichzeitige gemeinsame Adoption ergibt sich aus dem Urteil nicht.
FDP-Justizministerin will die absolute Gleichberechtigung
Ein Sprecher der Unionsfraktion erklärte, es gebe derzeit eine "ergebnisoffene Diskussion" über die Konsequenzen aus dem Karlsruher Urteil. Es solle zunächst die CDU-Präsidiumssitzung am kommenden Montag abgewartet werden. Auf der nächsten Fraktionssitzung solle dann in der übernächsten Woche ein Fazit der Diskussion gezogen werden.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach sich unterdessen für die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe in allen Lebensbereichen aus. "Unser Modell lautet: Überall, wo in Gesetzen von der Ehe die Rede ist, nehmen wir einfach die Lebenspartnerschaft dazu", sagte die Ministerin zu "Spiegel Online". "Das ist dann die volle Gleichstellung." Ihr Ministerium habe einen fertigen Gesetzentwurf in der Schublade. "Der kann noch vor der Sommerpause in Kraft treten." Im Jahressteuergesetz lasse sich das Ehegattensplitting recht einfach auf die eingetragene Partnerschaft ausweiten.
FPD-Fraktionschef Brüderle hat Verständnis für die Union
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle zeigte Verständnis für den Diskussionsprozess in der Union. "Ich verstehe, dass das nicht über Nacht geht", sagte er vor Journalisten in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe "zwei christdemokratische Parteien, die sie bedienen muss". Die CDU sei dabei weiter als die CSU. "Manchmal gehen in München die Uhren etwas anders als in Berlin."
Demgegenüber sagte der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann auch mit Blick auf die unionsinterne Diskussion zu den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, in der Union herrsche eine Art "babylonische Sprachverwirrung". Die Union müsse sich von der Vorstellung verabschieden, dass sie die Ehe dadurch fördern könne, dass sie andere Lebensformen diskriminiere. Er verwies darauf, dass ein Gesetzentwurf zur Gleichstellung der Partnerschaften bei der Einkommensteuer am Freitag im Bundesrat beraten werde.
Die SPD verärgert über Horst Seehofer
Die SPD hat CSU-Chef Horst Seehofer hinsichtlich der Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften "ein gestörtes Verhältnis zur Verfassung" bescheinigt. Seehofer und andere Unionspolitiker verträten die irrige Auffassung, dass man die Ehe dadurch schütze, dass man andere Lebensformen diskriminiere. "Das ist verfassungswidrig", sagte Oppermann.
"Wir wollen die volle Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnerschaften", betonte Oppermann. Er kündigte an, am Freitag werde sich der Bundesrat mit einem entsprechenden Gesetzentwurf der rot-grün regierten Länder befassen. Am Mittwochnachmittag wird sich zudem der Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit der Haltung der Bundesregierung zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften befassen. (afp, dapd, dpa)