Rom. . Bei den Parlamentswahlen in Italien haben erste Hochrechnungen einen Sieg der Linken im Senat nicht bestätigt. Demnach liegt der Chef der demokratischen Partei PD Pier Luigi Bersani mit seinem Mitte-Links-Bündnis im Senat mit nur 29,5 Prozent hinter Ex-Premier Silvio Berlusconi. Er käme danach in der zweiten Parlamentskammer auf 31 Prozent. Für die Verabschiedung von Gesetzen werden beide Kammern benötigt.
Er gilt vielen als farbloser Langweiler ohne jede Ausstrahlung, als Partei-Apparatschik mit steifer Kadersprache, als typischer Vertreter der alten italienischen Politiker-Kaste – nun könnte Pier Luigi Bersani (61), Ex-Kommunist und heute Chef der italienischen Sozialdemokraten, nächster Regierungschef in Rom werden. Jedenfalls wenn die von ihm geführte Demokratische Partei (PD) tatsächlich als stärkste Kraft aus den Wahlen hervorgeht.
Das „richtige, gerechte Italien“ wolle er verkörpern, hatte Bersani im Wahlkampf immer wieder betont. Und ganz im Gegensatz zu Silvio Berlusconi, dem Ex-Premier und Führer des Mitte-Rechts-Lagers, hat es der Sozialdemokrat ausdrücklich vermieden, irgendwelche Wahlgeschenke zu versprechen. Versprechen wolle er lediglich, was sich auch halten lasse. Im Prinzip, so deutete Bersani zur Beruhigung der europäischen Partner an, wolle er den Sanierungskurs von Mario Monti fortsetzen.
Aber: Viel gerechter als bei Monti soll es zugehen zugunsten der unteren Schichten, mit einer (leichten) Umverteilung der Steuerlast von unten nach oben, mit viel mehr Augenmerk auf den Erhalt von Arbeitsplätzen, mit mehr Förderung des Wirtschaftswachstums.
Rätselhafte Tier-Metaphern
Bersani stammt aus der Gegend von Piacenza in der Po-Ebene, und sein emilianischer Zungenschlag, dieses fast gelispelte „z“ vor allem, ist zusammen mit den ebenso fantasievollen wie rätselhaften Tier-Metaphern seiner Reden („Wir nehmen dem Jaguar seine Flecken“) längst zum Gegenstand glänzender Parodien geworden.
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Aus kleinbürgerlichem, katholischem Elternhaus stammend, war Bersani Ministrant – und hat schon damals seinen ersten Streik organisiert. Das Philosophiestudium beendete er mit einer Arbeit über Papst Gregor den Großen – um dann in der Kommunistischen Partei Karriere zu machen. Mit dem großen Teil der Genossen wandelte sich Bersani später in mehreren Schritten zum Sozialdemokraten, und jetzt hält er sich auch aufgrund seiner Biografie für den Richtigen, die so verschiedenen Seelen der Partei zusammenzuhalten.
Ein wenig Regierungserfahrung
Ob Bersani es schafft, eine stabile Koalition der linken Mitte zu schmieden, bleibt abzuwarten. Etwas Regierungserfahrung hat er bereits. Bersani war Minister für Industrie, Infrastruktur, wirtschaftliche Entwicklung in den – allerdings kurzlebigen und wenig erfolgreichen – Regierungen unter Premier Romano Prodi 1996-98 und 2006-08. Im Gedächtnis geblieben ist er mit etlichen jener Liberalisierungen, von denen Silvio Berlusconi immer nur gesprochen hat – und die dieser nach dem Fall Prodis 2008 gleich wieder rückgängig machte.
Im Spätherbst 2012 hatte Bersani den Ansturm der Jungen in der sozialdemokratischen Partei auf die alten Kader erfolgreich abgewehrt: Bei den Vorwahlen zum Spitzenkandidaten schlug er den quirligen, unideologischen Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi. Immerhin hat Renzis Aufruf zur „Verschrottung“ des Apparats dazu geführt, dass Bersani zum Jahresende – eine Revolution in Italiens Parteienlandschaft – 70 Prozent der Parlamentskandidaten durch die Basis bestimmen ließ.