Düsseldorf. . NRW will mit einer Verfassungsschutznovelle klare Vorgaben für den Einsatz von V-Leuten festlegen. Demnach dürfen künftig keine V-Leute mehr eingesetzt werden, die erhebliche Straftaten begangen haben oder auf die beobachtete Szene Einfluss nehmen. Auch Geldzuwendungen sollen gedeckelt werden.

Mehr Transparenz, mehr Kontrolle, mehr Vertrauen – das ist das Ziel. NRW will seinen Verfassungsschutz neu ausrichten und dabei V-Leute enger an die Kette legen. Staatlich bezahlte Spitzel, die Informationen aus dem kriminellen und demokratiefeindlichen Milieu beschaffen, sollen künftig „fest umrissenen Vorgaben“ folgen. Doch ganz ohne sie kommt die 300-köpfige Behörde nicht aus. „Ein leistungsstarker Verfassungsschutz“, so Innenminister Ralf Jäger (SPD), „kann als Frühwarnsystem auf den Einsatz von V-Leuten nicht verzichten.“

Was das am Dienstag vom rot-grünen Kabinett verabschiedete Gesetz definiert, ist laut Jäger ein „echtes Novum“. Erstmals werde geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine „Vertrauensperson“ in die Szene geschleust werden darf und wann die Zusammenarbeit beendet werden soll. Festgelegt wird in dem Entwurf auch, wann Strafverfolgungsbehörden einzuschalten sind.

„Belohnung“ wird gedeckelt

Niemand darf laut Jäger als V-Person eingesetzt werden, der „erhebliche Straftaten“ begangen hat oder Einfluss nimmt auf das Geschehen, das er beobachten soll. Um finanzielle Abhängigkeiten zu vermeiden, dürfe die „Belohnung“ nicht so hoch sein, dass daraus der Lebensunterhalt bestritten wird. Und: Jede Verpflichtung eines V-Manns muss durch Behördenchef Burkhard Freier genehmigt werden.

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Zugleich soll die Aufsicht – auch der V-Leute – durch den Landtag verbessert werden. Das Gesetz sieht vor, dass der Verfassungsschutz das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) künftig in jeder Sitzung über „operative Aktionen“ von besonderer Bedeutung unterrichtet. Bisher wurde nur „anlassbezogen“ informiert. Künftig soll die PKG, die stets im Ruf einer Geheimrunde stand, auch möglichst oft öffentlich tagen – aus Sicht Jägers „ein klares Signal für einen Mentalitätswechsel“.

Vereinzelte Pannen

Ob der „Staat im Staate“ damit wirklich in die „Mitte der Gesellschaft“ rückt, um verlorenes Vertrauen wettzumachen, muss sich zeigen. Ausgangspunkt für die bundesweite Modernisierung des Verfassungsschutzes war das Versagen bei der Aufdeckung der Mordserie durch die rechtsterroristische NSU. In NRW hatten darüber hinaus vereinzelte Pannen die Schlagkraft der Behörde in Zweifel gezogen.

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Daher will Jäger die Öffentlichkeit stärker einbeziehen. Der Kampf gegen „verblendete Neonazis“, rund 650 in NRW, oder „gewaltbereite Salafisten“, deren Zahl landesweit auf rund 100 geschätzt wird, könne nur mit informierten Bürgern gewonnen werden. Auch deshalb will das Innenministerium stärker für sein Präventivangebot an Rechtsextremisten und militante Islamisten werben, aus der Szene auszusteigen. Die Verbote der Neonazi-Kameradschaften in Dortmund, Hamm, Aachen und Köln sowie erhöhter Druck durch die Polizei hätten die Nachfrage gesteigert.

Technisch aufrüsten

Auch technisch soll sich der Verfassungsschutz besser rüsten. Geschlossene Chats und Foren im Internet, von Extremisten intensiv genutzt, sollen unbemerkt beobachtet werden dürfen. Dies sei im Gesetzentwurf präzise geregelt. „Ein Verfassungsschutz, der alles können soll, aber nichts darf, funktioniert nicht“, meinte Jäger.

Die Erhebung von Daten, die den Kernbereich des privaten Lebens betreffen, bleibe aber verboten. Nachrichtendienstliche Mittel sollen als Schwerpunkt bei „gewaltorientierten Bestrebungen“ eingesetzt werden. Die Ermächtigung zur Wohnraumüberwachung, von der bisher kein Gebrauch gemacht worden sei, wird dagegen aus dem Gesetz gestrichen.