Essen. . Der Verfassungsschutz nahm Hinweise auf die Bildung rechter Terrorgruppen lange nicht ernst. So gab es schon im Jahr 2003 Hinweise auf eine gewaltbereite Gruppe in Dortmund. Es sollen auch Verbindungen zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) bestanden haben.

Die Gefahr von rechts wurde lange Zeit unterschätzt. Auch der Verfassungsschutz NRW wertete Hinweise auf rechte Gewalt im Ruhrgebiet falsch, wie aus Unterlagen hervorgeht, die uns vorliegen. So wurde bereits im Jahr 2003 bei einem Treffen von Verfassungsschützern in Xanten am Niederrhein über die mögliche Bildung rechtsterroristischer Kleingruppen in Deutschland diskutiert.

Dabei ging es um Nazis, die sich unter dem Mantel „Combat 18“ zusammenschlossen, um Andersdenkende und Migranten zu überfallen.

Aufgeschlitztes Ferkel als Warnung

Der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein berichtete bei der Tagung über antisemitische Übergriffe und Drohungen gegen Lokalpolitiker in Neustadt/Holstein. Auf einen jüdischen Grabstein hatten Unbekannte mit roter Farbe »C18« geschmiert und ein aufgeschlitztes Ferkel zurückgelassen. „Combat 18 Deutschland“ brüstete sich auf ihrer Website mit der Schändung des Friedhofs. Die 18 steht für die Buchstaben AH für Adolf Hitler. Die Organisation ist der militärische Ableger der verbotenen Neonazi-Terrororganisation „Blood & Honour“.

Der Verfassungsschutz NRW wiegelte in einem internen Protokoll ab, man nehme den Vortrag der Kollegen aus dem Norden „zur Kenntnis“, habe aber keine Erkenntnisse über Aktionen im Zusammenhang mit C18-Gruppen. Es lägen „lediglich vage Indizien“ vor. Zwar gebe es Leute, die sich den Schriftzug C18 auf den Körper tätowiert hätten, was „allerdings noch nicht besonders aussagekräftig sei“.

Andere warnten, NRW wiegelte ab

Auch als kurz darauf in München ein Bombenanschlag verhindert werden konnte, sah der NRW-Verfassungsschutz keinen Grund zu besonderer Sorge. Der Neonazi Martin Wiese hatte mit seiner Kameradschaft versucht, das jüdische Kulturzentrum in die Luft zu jagen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnte in der Folge vor der Entstehung rechtsterroristischer Strukturen. Aus NRW kam dazu Beruhigendes. Nur in Dortmund gebe es „Hinweise auf C18-Strukturen“. Diese seien auf eine „bestimmte Person“, Marco G., bezogen. Der NRW-Verfassungsschutz notierte, er tue alles, um die Gruppe um Marco G. „intensiv“ zu verfolgen. Doch E-Mails und Telefonate von G. und anderen könnten nicht überwacht werden.

Dortmund war schon damals ein Zentrum rechtsradikaler Gewalt. Nach Informationen dieser Zeitung stammte der dreifache Polizistenmörder Michael Berger aus dem Umfeld der Dortmunder C18-Gruppe. Zudem soll Robin S. zu der C18-Gruppe gehört haben, der 2007 in Dortmund einen Tunesier in einer Aldi-Filiale niedergeschossen hatte.

Keine Antwort vom Verfassungsschutz

Auch der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU), der 2006 unter anderem den Dortmunder Kioskbesitzer Mehmet Kubaşık ermordete, bezog seine Ideologie laut Bundesanwaltschaft aus dem Umfeld von „Blood & Honour“ und C18. Der NSU-Sprengstoffbeschaffer Thomas S., wurde als Kontaktmann Dortmunder Neonazis aus dem späteren C18-Umfeld geführt. Auch auf wiederholte Anfragen wollte sich der NRW-Verfassungsschutz nicht zu Erkenntnissen über Combat 18 und die Rolle von Marco G. äußern.