Essen. . Peer Steinbrücks Wahlkampf steht unter keinem guten Stern. Nach dem gescheiterten „PeerBlog“ rückt nun ein Berater und Vertrauter des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück in den Fokus. Immer wenn's brenzlig wurde, tauchte Hans-Roland Fäßler auf, und versuchte die Wogen zu glätten.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat Pech: Nach der Pleite rund um sein Unterstützerportal „PeerBlog“ rückt sein Netzwerk im Hintergrund immer stärker ins Licht. Dabei wurde nun nach Recherchen der WAZ bekannt, dass die Kontakte von Kanzlerkandidatenberater Hans-Roland Fäßler ausgerechnet zum Ruhrkonzern Gelsenwasser tiefer reichen, als bisher bekannt. Und auch hier ging es um einen Wahlkampfblog.
Wie Gelsenwasser bestätigte, wurde Fäßler im NRW-Wahlkampf 2010 über seine Firma Polimedia vom Ruhrkonzern zwischen dem 24. März und 31. Mai 2010 bezahlt. Seine Aufgabe: Gelsenwasser „im Zusammenhang mit der Berichterstattung um den damaligen Blog ‚Wir in NRW’“ zu beraten. Eine Hilfe, die dringend nötig war, denn Gelsenwasser stand heftig unter Druck, als die Verbindung vom Konzern zum Wahlkampfblog aufgeflogen war. Heute gilt ausgerechnet jener Fäßler als einer der Männer hinter dem gescheiterten „PeerBlog“, der Kanzlerkandidat Peer Steinbrück aus der medialen Krise holen sollte.
Die Verbindungen von Theobald Tiger und Gelsenwasser
Zur Erinnerung: Im Kampagnenblog „Wir-in-NRW“ veröffentlichten im NRW-Wahlkampf 2010 anonyme Schreiber rund um den ebenfalls anonymen Theobald Tiger Interna aus der CDU. Im März 2010 wurde dann enthüllt, dass im Büro der Gelsenwasser-Zentrale Dokumente der CDU eingescannt worden waren, die später auf dem Blog veröffentlicht wurden. Das pikante daran: Gelsenwasser gehört fast ausschließlich Kommunalbetrieben, die unter Kontrolle von SPD-geführten Städten sind. Der Aufsichtsrat wird etwa heute von Ottilie Scholz, Oberbürgermeisterin von Bochum (SPD) geführt – damals war sie stellvertretende Aufsichtsratschefin.
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Außerdem hat der Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum, Bernhard Wilmert (SPD), eine tragende Rolle im Aufsichtsrat. Jener Wilmert, dessen Stadtwerke später Peer Steinbrück zu einer kostspieligen Rede nach Bochum einluden. Interessant ist dies, weil auch Steinbrück im März 2010 von Gelsenwasser engagiert wurde: für einen Vortrag im Rahmen des „Kommunalen Beirats“ der Gelsenwasser AG bekam der heutige Kanzlerkandidat 10.000 Euro vom Wasserversorger.
Nach Bekanntwerden der Verbindung vom Scanner in der Gelsenwasser-Vorstandsetage zur Wahlkampfplattform beim Wir-In-NRW-Blog war vor diesem Hintergrund schnell die Rede von einem „Gelsengate“.
Die Verbindungen von Fäßler und Gelsenwasser
In dieser Notsituation setzte Gelsenwasser „in der Kommunikation“ auf Fäßler, um die Sache mit dem „Wir-in-NRW“-Blog zu schaukeln. Wie viel Geld Fäßler für die Beratung erhalten hat, ist offen. Gelsenwasser schweigt dazu.
Fäßler ist ein Kenner der NRW-Politszene. Seit 2004 ist bekannt, dass Hans-Roland Fäßler mit den damaligen NRW-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück „freundschaftlich verbunden“ ist. So stand es jedenfalls seinerzeit als Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage der CDU nach den Kontakten von Fäßler und Steinbrück. Bei den Ratschlägen des Politprofis im Hintergrund von Steinbrück habe es sich aber nicht um „dienstlich veranlasste Beratung im kommerziellen Sinne“ gehandelt. Nein. Die Beziehung sei honorarfrei, Reisekosten und Spesen übernehme der Berater selbst.
Und mit noch einem Mann ist Fäßler verbandelt. Mit Karl-Heinz Steinkühler. Dieser war damals Landeskorrespondent des Focus in NRW und hatte von daher seit Ende der neunziger Jahre öfter mit Fäßler zu tun. Diese Verbindung wird an einem Punkt interessant: Steinkühler gilt nach seinem Rauswurf beim Focus als Enthüller „Theobald Tiger“ hinter dem „Wir-in-NRW“-Blog. Dem einzigen Mann aus dem Blogger-Team, der echte Geschichten aus dem Innenleben der CDU liefern konnte, mit denen sich dann die anderen anonymen Blogger schmückten.
Kanzlerkandidat Peer Steinbrück
Steinkühler hat seine Rolle beim „Wir-in-NRW“-Blog nicht bestätigt. Noch im Wahlkampfjahr 2010 gründete Steinkühler eine Werbeagentur. Als einer der ersten Deals vermittelte der frischgebackene Public-Relations-Mann Steinkühler ausgerechnet Steinbrück im November 2010 an die Großbank Société Générale für einen seiner 15.000-Euro-Vorträge.
Fäßler, Steinkühler und der PeerBlog
Die Wege von Fäßler, Steinkühler und Steinbrück kreuzen sich nocheinmal. Diesmal beim „PeerBlog“, jenem gescheiterten Wahlkampfblog für den strauchelnden SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück.
Mittlerweile ist nämlich bekannt, dass ausgerechnet Fäßler, Steinkühler und Steinbrück im Herbst vergangenen Jahres zusammenhockten, um über den „PeerBlog“ zu reden. Es war die heiße Zeit der Diskussion um Steinbrücks Vortragshonorare. Wie die FAZ schrieb, sollte der Blog gegen die „Gatekeeper“ des traditionellen Journalismus gerichtet sein und eine virtuelle Gegenöffentlichkeit schaffen.
Finanzieren sollten den „PeerBlog“ Unternehmer. Welche? Das sagt bislang keiner. Wieviel Geld schon geflossen ist? Ein Geheimnis. Wie so vieles um die Männer im Hintergrund von Peer Steinbrück.
Gelsenwasser sagt jedenfalls, das Unternehmen selbst habe nichts für den „PeerBlog“ bezahlt. Und mit dem „Wir-in-NRW“-Blog habe man auch nichts zu tun. Bis auf jene dubiose Verbindung halt, die im Fall „Gelsengate“ aufgeflogen ist, und zu deren Hintergründe sich Gelsenwasser auch unter dem neuen Chef Henning Deters weiter ausschweigt.
Steinbrück selbst hat in einem ARD-Interview betont, er habe mit "diesem Blog nichts zu tun". Er sehe nichts Verwerfliches daran, dass ihn Sympathisanten auf diese Weise unterstützen wollten. Die Bundestagsverwaltung allerdings ließ prüfen, ob es sich bei der Finanzierung des Blogs durch anonyme Spender um einen Fall nicht statthafter Parteienspende handeln könnte.