Berlin. . Der Kandidat soll aus dem Rampenlicht rücken. Die Partei setzt nun mehr auf Inhalte, ergab die Vorstandsklausur in Potsdam. Nach dem Erfolg in Niedersachsen geht die SPD optimistisch in den Bundestagswahlkampf. Besonders die neue Macht im Bundesrat soll der Partei Flügel verleihen.

Mehr Wohnungen, weniger neue Straßen: Die SPD hat für den Fall einer Regierungsübernahme im Bund ein milliardenschweres Programm zum Wohnungs- und Städtebau angekündigt – zu Lasten auch von Verkehrsinvestitionen.

Mit fünf Milliarden Euro jährlich soll in Großstädten der soziale Wohnungsbau gefördert und die Stadtentwicklung unterstützt werden, kündigte SPD-Chef Sigmar Gabriel bei einer SPD-Vorstandsklausur in Potsdam an. Das Geld will die SPD zur Hälfte durch Umschichtungen im Etat des Bundesbauministeriums aufbringen, was auch Kürzungen bei Straßenbau-Investitionen bedeuten würde.

Zum Auftakt der Klausur bekräftigte Gabriel, die SPD wolle sich verstärkt um Wähler der Linken und der Piratenpartei bemühen. Er erneuerte auch eine Absage an ein rot-rot-grünes Bündnis mit der Linkspartei auf Bundesebene. Gabriel sprach von einer „entspannten“ Stimmung in der SPD-Spitze, doch warnten Führungsmitglieder intern auch vor Übermut nach dem knappen Wahlsieg in Niedersachsen.

Kanzlerkandidat Peer Steinbrück

Fünf Jahre lang gehörte Peer Steinbrück dem Kabinett von Heide Simonis in Schleswig-Holstein an, 1998 wechselte der gebürtige Hamburger nach NRW, wo er schon als Beamter gearbeitet hatte. Er wurde zunächst Wirtschafts- und Verkehrsminister unter Wolfgang Clement, der ihm hier die Hand schüttelt.
Fünf Jahre lang gehörte Peer Steinbrück dem Kabinett von Heide Simonis in Schleswig-Holstein an, 1998 wechselte der gebürtige Hamburger nach NRW, wo er schon als Beamter gearbeitet hatte. Er wurde zunächst Wirtschafts- und Verkehrsminister unter Wolfgang Clement, der ihm hier die Hand schüttelt. © dpa
Peer Steinbrück bei seiner Vereidigung im Landtag
Peer Steinbrück bei seiner Vereidigung im Landtag © dpa
Im Jahr 2000 wechselte Steinbrück ins Düsseldorfer Finanzministerium. Der Job machte ihm offenbar Spaß, obwohl er...
Im Jahr 2000 wechselte Steinbrück ins Düsseldorfer Finanzministerium. Der Job machte ihm offenbar Spaß, obwohl er...
...wegen seiner Haushaltspolitik von der Opposition scharf kritisiert wurde.
...wegen seiner Haushaltspolitik von der Opposition scharf kritisiert wurde. © dpa
Selbstzufriedener Blick in die Zukunft: Als Ministerpräsident Wolfgang Clement als Gerhard Schröders
Selbstzufriedener Blick in die Zukunft: Als Ministerpräsident Wolfgang Clement als Gerhard Schröders "Superminister" nach Berlin wechselte, war... © dpa
...der Weg für Steinbrück frei: Er wurde neuer Ministerpräsident in NRW.
...der Weg für Steinbrück frei: Er wurde neuer Ministerpräsident in NRW. © dpa
Als Ministerpräsident in NRW (hier bei der Vereidigung) kam auch der als distanziert geltende Steinbrück...
Als Ministerpräsident in NRW (hier bei der Vereidigung) kam auch der als distanziert geltende Steinbrück... © dpa
...nicht um Kontakt zum Wahlvolk herum. Offenbar machten ihm solche Termine, wie hier im Bergwerk Ost, sogar Spaß.
...nicht um Kontakt zum Wahlvolk herum. Offenbar machten ihm solche Termine, wie hier im Bergwerk Ost, sogar Spaß.
Naja, vielleicht immerhin ein bisschen. Er musste sich aber nicht jeden Tag schmutzig machen, denn als Ministerpräsident...
Naja, vielleicht immerhin ein bisschen. Er musste sich aber nicht jeden Tag schmutzig machen, denn als Ministerpräsident...
...begrüßte Peer Steinbrück auch manch prominenten Gast, darunter auch Queen Elisabeth II.
...begrüßte Peer Steinbrück auch manch prominenten Gast, darunter auch Queen Elisabeth II. © Getty Images
Fußball-Idol, Frauenschwarm oder beides? Auf einem Kongress für Mädchen- und Frauenfußball gibt Steinbrück ein Autogramm - stilecht auf dem Lederball.
Fußball-Idol, Frauenschwarm oder beides? Auf einem Kongress für Mädchen- und Frauenfußball gibt Steinbrück ein Autogramm - stilecht auf dem Lederball. © Bongarts/Getty Images
Peer Steinbrück mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Im Frühjahr 2005 hofften beide noch, dass...
Peer Steinbrück mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Im Frühjahr 2005 hofften beide noch, dass... © Getty Images
...die SPD in NRW an der Macht bleiben könnte. Dafür warf sich der knurrige Hanseat in den Wahlkampf, so wie hier in Duisburg.
...die SPD in NRW an der Macht bleiben könnte. Dafür warf sich der knurrige Hanseat in den Wahlkampf, so wie hier in Duisburg. © Getty Images
Der 22. Mai 2005 wurde für Peer Steinbrück und die SPD zum Tag der Wahrheit. Das Bild zeigt ihn mit seinen Töchtern und seiner Ehefrau auf dem Weg zur Wahlurne.Abends stand fest, dass...
Der 22. Mai 2005 wurde für Peer Steinbrück und die SPD zum Tag der Wahrheit. Das Bild zeigt ihn mit seinen Töchtern und seiner Ehefrau auf dem Weg zur Wahlurne.Abends stand fest, dass... © Getty Images
...der Kampf nichts gebracht hatte. CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers hatte sich durchgesetzt. Peer Steinbrück gratuliert.
...der Kampf nichts gebracht hatte. CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers hatte sich durchgesetzt. Peer Steinbrück gratuliert. © Getty Images
Der Wahlkampf in NRW ist zu Ende, doch quasi zeitgleich beginnt ein neuer: Denn Bundeskanzler Gerhard Schröder ruft nach der Wahlniederlage seiner SPD in NRW zu Neuwahlen des Bundestags auf.
Der Wahlkampf in NRW ist zu Ende, doch quasi zeitgleich beginnt ein neuer: Denn Bundeskanzler Gerhard Schröder ruft nach der Wahlniederlage seiner SPD in NRW zu Neuwahlen des Bundestags auf. © Getty Images
Die vorgezogene Bundestagswahl im Herbst 2005 machte Angela Merkel zur Kanzlerin und Peer Steinbrück zum Finanzminister. Im November...
Die vorgezogene Bundestagswahl im Herbst 2005 machte Angela Merkel zur Kanzlerin und Peer Steinbrück zum Finanzminister. Im November... © Getty Images
...wurde er von Bundestagspräsident Norbert Lammert vereidigt.
...wurde er von Bundestagspräsident Norbert Lammert vereidigt. © Getty Images
Damals noch als Team, heute sind sie Gegner: Steinbrück und Merkel.
Damals noch als Team, heute sind sie Gegner: Steinbrück und Merkel. © Getty Images
Fußballfan Peer Steinbrück beim WM-Halbfinale 2006 im Dortmunder Stadion.
Fußballfan Peer Steinbrück beim WM-Halbfinale 2006 im Dortmunder Stadion. © Bongarts/Getty Images
Peer Steinbrück bei einer Kabinettssitung mit der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU).
Peer Steinbrück bei einer Kabinettssitung mit der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). © Getty Images
Seit 37 Jahren ist Peer Steinbrück mit seiner Frau Gertrud verheiratet. Das Bild zeigt sie beim Besuch des Bundespresseballs.
Seit 37 Jahren ist Peer Steinbrück mit seiner Frau Gertrud verheiratet. Das Bild zeigt sie beim Besuch des Bundespresseballs. © Getty Images
Steinbrück beim Tanz mit Boxerin Regina Halmich.
Steinbrück beim Tanz mit Boxerin Regina Halmich. © Bongarts/Getty Images
In der Finanzkrise wurde Finanzministerminister Steinbrück für die Kanzlerin immer wichtiger. Im Oktober 2008 garantierten sie den Bundesbürgern: Die Spareinlagen sind sicher. Damit verhinderte die Regierung einen möglichen Sturm auf die Banken, der einen Kollaps der Wirtschaft hätte bedeuten können.
In der Finanzkrise wurde Finanzministerminister Steinbrück für die Kanzlerin immer wichtiger. Im Oktober 2008 garantierten sie den Bundesbürgern: Die Spareinlagen sind sicher. Damit verhinderte die Regierung einen möglichen Sturm auf die Banken, der einen Kollaps der Wirtschaft hätte bedeuten können. © Getty Images
Mit der Bundestagswahl 2009 endete die...
Mit der Bundestagswahl 2009 endete die... © Getty Images
...Große Koalition. Aus dem Finanzminister Steinbrück, der von Bundespräsident Horst Köhler die Entlassungsurkunde erhält, wurde...
...Große Koalition. Aus dem Finanzminister Steinbrück, der von Bundespräsident Horst Köhler die Entlassungsurkunde erhält, wurde...
...der Abgeordnete Steinbrück: Zum ersten Mal zog er als Parlamentarier in den Bundestag ein, musste aber zusammen mit Parteichef Sigmar Gabriel auf den harten Oppositionsbänken Platz nehmen.
...der Abgeordnete Steinbrück: Zum ersten Mal zog er als Parlamentarier in den Bundestag ein, musste aber zusammen mit Parteichef Sigmar Gabriel auf den harten Oppositionsbänken Platz nehmen. © Getty Images
Schon mehr als ein Jahr vor der Bundestagswahl 2013 diskutierte die Öffentlichkeit über die
Schon mehr als ein Jahr vor der Bundestagswahl 2013 diskutierte die Öffentlichkeit über die "K-Frage" der SPD. Schnell kristallisierte sich heraus: Einer aus der "Troika" Steinbrück, Steinmeier und Gabriel sollte es machen. © Getty Images
Ende September fiel dann die Entscheidung zugunsten von Steinbrück. Auf einem Nominierungsparteitag bestätigten die Mitglieder seine Kandidatur mit großer Mehrheit.
Ende September fiel dann die Entscheidung zugunsten von Steinbrück. Auf einem Nominierungsparteitag bestätigten die Mitglieder seine Kandidatur mit großer Mehrheit. © Getty Images
Seitdem kämpft Steinbrück mit zahlreichen Fettnäpfchen und Skandälchen, auch wenn...
Seitdem kämpft Steinbrück mit zahlreichen Fettnäpfchen und Skandälchen, auch wenn... © Getty Images
...der Kandidat selbst vieles davon nicht so ernst nehmen mag, sondern lieber seiner Partei beim Wahlkampf in Niedersachsen unterstützt.
...der Kandidat selbst vieles davon nicht so ernst nehmen mag, sondern lieber seiner Partei beim Wahlkampf in Niedersachsen unterstützt. © Getty Images
Bis zur Bundestagswahl muss Steinbrück noch Überzeugungsarbeit beim Wähler leisten: Noch liegt Angela Merkels CDU deutlich vor Steinbrück und der SPD.
Bis zur Bundestagswahl muss Steinbrück noch Überzeugungsarbeit beim Wähler leisten: Noch liegt Angela Merkels CDU deutlich vor Steinbrück und der SPD. © Getty Images
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Vom Stolperstart erholen

Schon gibt es neue Debatten über die Rolle von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Es mehren sich die Hinweise, dass sein Spielraum im Wahlkampf jetzt noch weiter begrenzt wird, nachdem die SPD die Landtagswahl nicht mit Steinbrücks Hilfe, sondern trotz seiner Pannenserie gewonnen hat. So zeichnet sich eine Neugewichtung ab: Die SPD wird Steinbrück aus dem Rampenlicht ziehen, bis er sich vom Stolperstart erholt hat – stattdessen sollen nun die Themen stärker in den Vordergrund rücken.

Im Zentrum steht demnach das Thema soziale Gerechtigkeit mit Forderungen etwa nach Mindestlohn, Solidarrente oder mehr Bildungsinvestitionen. Dass es auf die Inhalte ankomme, nicht auf die Beliebtheit des Spitzenkandidaten, habe die Niedersachsen-Wahl gezeigt, heißt es nun in der SPD-Führung. Während Steinbrück bei Rundreisen durch Deutschland und politischen Gesprächen im Ausland Kandidaten-Routine erwerben soll, wird in der Parteizentrale am Wahlprogramm gefeilt, das ein Parteitag am 14. April in Augsburg verabschieden wird.

Kompetenzteam soll Wahlkampf organisieren

Kurz davor werden wohl auch die Mitglieder des „Kompetenzteams“ vorgestellt, die im Wahlkampf an Steinbrücks Seite für inhaltliche Schwerpunkte des Programms stehen sollen. Erstmal will die SPD-Spitze aber einige Programmideen mit rund 400 Wählern bei einem Bürgerkonvent am 1. und 2. März beraten.

Die Teilnehmer wurden beim „Bürgerdialog“ ausgewählt, den die Partei mit offenbar zu großen Erwartungen im September gestartet hatte. 1,3 Millionen Postkarten ließen die Genossen bundesweit verteilen, auf denen sich Bürger mit Ideen zu Wort melden sollten. Doch auch nach 330 Veranstaltungen und massiver Internet-Präsenz gingen bis Dezember nur etwa 20 000 Vorschläge für das Programm in der SPD-Zentrale ein; inzwischen ist von 40 000 Zuschriften die Rede.

Neues Motto: „Politik von unten“

Bestätigt sieht sich die Parteispitze dennoch bei ihrem Wahlkampfkonzept der „Politik von unten“, auch durch die Erfahrungen in Niedersachsen. So will die SPD in der heißen Wahlkampfphase ab Mitte August verstärkt auf Hausbesuche und Diskussionen mit kleineren Gruppen von Wählern setzen. Auch Peer Steinbrück ist dafür vorgesehen. Der direkte Kontakt zu den Wählern könne eine „neue Glaubwürdigkeit“ herstellen, glauben die Kampagnenplaner.

Steinbrück soll demnach die soziale Kompetenz der Partei mit seinem Profil als Wirtschaftsfachmann ergänzen. „Er muss die Themen mit ökonomischer Kompetenz fahren“, sagt Parteichef Gabriel. Aber noch mehr erwartet die SPD-Spitze nach Steinbrücks Stolpereien jetzt Disziplin vom Kandidaten: „Er muss aufpassen“, hat Gabriel erklärt, „dass ihm die Fehler nicht wieder passieren.“