Essen. . Ein Gruppe Autoren bloggt für Peer Steinbrück, bezahlt werden sie von Unternehmern, die lieber anonym bleiben wollen. Für die SPD kann daraus ein Fall unerlaubter Parteienfinanzierung werden. Die Grünen als potenzieller Koalitionspartner dringen bereits auf Aufklärung.

Die undurchsichtige Finanzierung einer Wahlkampfplattform für den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück bringt die SPD in Erklärungsdruck. So bezahlen nach Angaben des sogenannten „PeerBlogs“ mehrere Unternehmer eine Internetseite für den Steinbrück-Wahlkampf. Gleichzeitig wollen die Geldgeber aber geheim bleiben. Das Ziel des Blogs ist es nach Auskunft des Machers Karl-Heinz Steinkühler, Dienstsitz Düsseldorf, den harten amerikanischen Wahlkampfstil zu importieren. Für die SPD kann daraus ein Fall unerlaubter Parteienfinanzierung werden. Die Grünen als potenzieller Koalitionspartner dringen bereits auf Aufklärung.

Angeblich ist Steinbrück die Unterstützung durch den „PeerBlog“ recht. So steht es zumindest auf der Seite: „Wir sind unabhängig. Peer Steinbrück will das so.“ Auf eine Anfrage, ob das so stimmt, antwortete Steinbrück bis Redaktionsschluss nicht. Die SPD-Zentrale distanziert sich derweil vorsichtig von den undurchsichtigen Wahlhelfern. Der „PeerBlog“ werde unabhängig betrieben, schreibt eine Sprecherin des SPD-Vorstandes. Weder Steinbrück noch die SPD würden Einfluss nehmen. Deswegen könne auch nichts zu den Finanzen des Blogs gesagt werden. „Im Übrigen freuen wir uns über jede Initiative, die unseren Kandidaten Peer Steinbrück unterstützt.“

NRW-CDU geriet ins Stolpern

Doch kann gerade diese Art der Initiativen-Unterstützung problematisch werden. In vergangenen Wahlkämpfen fielen immer wieder angeblich unabhängige „Wählerinitiativen“ auf, die zur Parteienfinanzierung benutzt wurden. Zum Beispiel gründete im NRW-Wahlkampf 2005 ein Vertrauter des damaligen NRW-CDU-Chefs Jürgen Rüttgers eine Initiative, um Spenden von Unternehmen einzutreiben. Nachdem aufgeflogen war, dass die NRW-CDU die Initiative gesteuert hatte, musste die Partei ein Strafgeld wegen verschleierter Finanzierung hinnehmen.

Kanzlerkandidat Peer Steinbrück

Fünf Jahre lang gehörte Peer Steinbrück dem Kabinett von Heide Simonis in Schleswig-Holstein an, 1998 wechselte der gebürtige Hamburger nach NRW, wo er schon als Beamter gearbeitet hatte. Er wurde zunächst Wirtschafts- und Verkehrsminister unter Wolfgang Clement, der ihm hier die Hand schüttelt.
Fünf Jahre lang gehörte Peer Steinbrück dem Kabinett von Heide Simonis in Schleswig-Holstein an, 1998 wechselte der gebürtige Hamburger nach NRW, wo er schon als Beamter gearbeitet hatte. Er wurde zunächst Wirtschafts- und Verkehrsminister unter Wolfgang Clement, der ihm hier die Hand schüttelt. © dpa
Peer Steinbrück bei seiner Vereidigung im Landtag
Peer Steinbrück bei seiner Vereidigung im Landtag © dpa
Im Jahr 2000 wechselte Steinbrück ins Düsseldorfer Finanzministerium. Der Job machte ihm offenbar Spaß, obwohl er...
Im Jahr 2000 wechselte Steinbrück ins Düsseldorfer Finanzministerium. Der Job machte ihm offenbar Spaß, obwohl er...
...wegen seiner Haushaltspolitik von der Opposition scharf kritisiert wurde.
...wegen seiner Haushaltspolitik von der Opposition scharf kritisiert wurde. © dpa
Selbstzufriedener Blick in die Zukunft: Als Ministerpräsident Wolfgang Clement als Gerhard Schröders
Selbstzufriedener Blick in die Zukunft: Als Ministerpräsident Wolfgang Clement als Gerhard Schröders "Superminister" nach Berlin wechselte, war... © dpa
...der Weg für Steinbrück frei: Er wurde neuer Ministerpräsident in NRW.
...der Weg für Steinbrück frei: Er wurde neuer Ministerpräsident in NRW. © dpa
Als Ministerpräsident in NRW (hier bei der Vereidigung) kam auch der als distanziert geltende Steinbrück...
Als Ministerpräsident in NRW (hier bei der Vereidigung) kam auch der als distanziert geltende Steinbrück... © dpa
...nicht um Kontakt zum Wahlvolk herum. Offenbar machten ihm solche Termine, wie hier im Bergwerk Ost, sogar Spaß.
...nicht um Kontakt zum Wahlvolk herum. Offenbar machten ihm solche Termine, wie hier im Bergwerk Ost, sogar Spaß.
Naja, vielleicht immerhin ein bisschen. Er musste sich aber nicht jeden Tag schmutzig machen, denn als Ministerpräsident...
Naja, vielleicht immerhin ein bisschen. Er musste sich aber nicht jeden Tag schmutzig machen, denn als Ministerpräsident...
...begrüßte Peer Steinbrück auch manch prominenten Gast, darunter auch Queen Elisabeth II.
...begrüßte Peer Steinbrück auch manch prominenten Gast, darunter auch Queen Elisabeth II. © Getty Images
Fußball-Idol, Frauenschwarm oder beides? Auf einem Kongress für Mädchen- und Frauenfußball gibt Steinbrück ein Autogramm - stilecht auf dem Lederball.
Fußball-Idol, Frauenschwarm oder beides? Auf einem Kongress für Mädchen- und Frauenfußball gibt Steinbrück ein Autogramm - stilecht auf dem Lederball. © Bongarts/Getty Images
Peer Steinbrück mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Im Frühjahr 2005 hofften beide noch, dass...
Peer Steinbrück mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder. Im Frühjahr 2005 hofften beide noch, dass... © Getty Images
...die SPD in NRW an der Macht bleiben könnte. Dafür warf sich der knurrige Hanseat in den Wahlkampf, so wie hier in Duisburg.
...die SPD in NRW an der Macht bleiben könnte. Dafür warf sich der knurrige Hanseat in den Wahlkampf, so wie hier in Duisburg. © Getty Images
Der 22. Mai 2005 wurde für Peer Steinbrück und die SPD zum Tag der Wahrheit. Das Bild zeigt ihn mit seinen Töchtern und seiner Ehefrau auf dem Weg zur Wahlurne.Abends stand fest, dass...
Der 22. Mai 2005 wurde für Peer Steinbrück und die SPD zum Tag der Wahrheit. Das Bild zeigt ihn mit seinen Töchtern und seiner Ehefrau auf dem Weg zur Wahlurne.Abends stand fest, dass... © Getty Images
...der Kampf nichts gebracht hatte. CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers hatte sich durchgesetzt. Peer Steinbrück gratuliert.
...der Kampf nichts gebracht hatte. CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers hatte sich durchgesetzt. Peer Steinbrück gratuliert. © Getty Images
Der Wahlkampf in NRW ist zu Ende, doch quasi zeitgleich beginnt ein neuer: Denn Bundeskanzler Gerhard Schröder ruft nach der Wahlniederlage seiner SPD in NRW zu Neuwahlen des Bundestags auf.
Der Wahlkampf in NRW ist zu Ende, doch quasi zeitgleich beginnt ein neuer: Denn Bundeskanzler Gerhard Schröder ruft nach der Wahlniederlage seiner SPD in NRW zu Neuwahlen des Bundestags auf. © Getty Images
Die vorgezogene Bundestagswahl im Herbst 2005 machte Angela Merkel zur Kanzlerin und Peer Steinbrück zum Finanzminister. Im November...
Die vorgezogene Bundestagswahl im Herbst 2005 machte Angela Merkel zur Kanzlerin und Peer Steinbrück zum Finanzminister. Im November... © Getty Images
...wurde er von Bundestagspräsident Norbert Lammert vereidigt.
...wurde er von Bundestagspräsident Norbert Lammert vereidigt. © Getty Images
Damals noch als Team, heute sind sie Gegner: Steinbrück und Merkel.
Damals noch als Team, heute sind sie Gegner: Steinbrück und Merkel. © Getty Images
Fußballfan Peer Steinbrück beim WM-Halbfinale 2006 im Dortmunder Stadion.
Fußballfan Peer Steinbrück beim WM-Halbfinale 2006 im Dortmunder Stadion. © Bongarts/Getty Images
Peer Steinbrück bei einer Kabinettssitung mit der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU).
Peer Steinbrück bei einer Kabinettssitung mit der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). © Getty Images
Seit 37 Jahren ist Peer Steinbrück mit seiner Frau Gertrud verheiratet. Das Bild zeigt sie beim Besuch des Bundespresseballs.
Seit 37 Jahren ist Peer Steinbrück mit seiner Frau Gertrud verheiratet. Das Bild zeigt sie beim Besuch des Bundespresseballs. © Getty Images
Steinbrück beim Tanz mit Boxerin Regina Halmich.
Steinbrück beim Tanz mit Boxerin Regina Halmich. © Bongarts/Getty Images
In der Finanzkrise wurde Finanzministerminister Steinbrück für die Kanzlerin immer wichtiger. Im Oktober 2008 garantierten sie den Bundesbürgern: Die Spareinlagen sind sicher. Damit verhinderte die Regierung einen möglichen Sturm auf die Banken, der einen Kollaps der Wirtschaft hätte bedeuten können.
In der Finanzkrise wurde Finanzministerminister Steinbrück für die Kanzlerin immer wichtiger. Im Oktober 2008 garantierten sie den Bundesbürgern: Die Spareinlagen sind sicher. Damit verhinderte die Regierung einen möglichen Sturm auf die Banken, der einen Kollaps der Wirtschaft hätte bedeuten können. © Getty Images
Mit der Bundestagswahl 2009 endete die...
Mit der Bundestagswahl 2009 endete die... © Getty Images
...Große Koalition. Aus dem Finanzminister Steinbrück, der von Bundespräsident Horst Köhler die Entlassungsurkunde erhält, wurde...
...Große Koalition. Aus dem Finanzminister Steinbrück, der von Bundespräsident Horst Köhler die Entlassungsurkunde erhält, wurde...
...der Abgeordnete Steinbrück: Zum ersten Mal zog er als Parlamentarier in den Bundestag ein, musste aber zusammen mit Parteichef Sigmar Gabriel auf den harten Oppositionsbänken Platz nehmen.
...der Abgeordnete Steinbrück: Zum ersten Mal zog er als Parlamentarier in den Bundestag ein, musste aber zusammen mit Parteichef Sigmar Gabriel auf den harten Oppositionsbänken Platz nehmen. © Getty Images
Schon mehr als ein Jahr vor der Bundestagswahl 2013 diskutierte die Öffentlichkeit über die
Schon mehr als ein Jahr vor der Bundestagswahl 2013 diskutierte die Öffentlichkeit über die "K-Frage" der SPD. Schnell kristallisierte sich heraus: Einer aus der "Troika" Steinbrück, Steinmeier und Gabriel sollte es machen. © Getty Images
Ende September fiel dann die Entscheidung zugunsten von Steinbrück. Auf einem Nominierungsparteitag bestätigten die Mitglieder seine Kandidatur mit großer Mehrheit.
Ende September fiel dann die Entscheidung zugunsten von Steinbrück. Auf einem Nominierungsparteitag bestätigten die Mitglieder seine Kandidatur mit großer Mehrheit. © Getty Images
Seitdem kämpft Steinbrück mit zahlreichen Fettnäpfchen und Skandälchen, auch wenn...
Seitdem kämpft Steinbrück mit zahlreichen Fettnäpfchen und Skandälchen, auch wenn... © Getty Images
...der Kandidat selbst vieles davon nicht so ernst nehmen mag, sondern lieber seiner Partei beim Wahlkampf in Niedersachsen unterstützt.
...der Kandidat selbst vieles davon nicht so ernst nehmen mag, sondern lieber seiner Partei beim Wahlkampf in Niedersachsen unterstützt. © Getty Images
Bis zur Bundestagswahl muss Steinbrück noch Überzeugungsarbeit beim Wähler leisten: Noch liegt Angela Merkels CDU deutlich vor Steinbrück und der SPD.
Bis zur Bundestagswahl muss Steinbrück noch Überzeugungsarbeit beim Wähler leisten: Noch liegt Angela Merkels CDU deutlich vor Steinbrück und der SPD. © Getty Images
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Fehlende Transparenz ist auch der Kritikpunkt beim „PeerBlog“. Macher Steinkühler gibt nur bekannt, dass „Unternehmerpersönlichkeiten“ eine „sechsstellige“ Summe für den Wahlkampf geben würden. Wer das ist? Dazu kein Wort. Für Organisationen wie LobbyControl ist das „inakzeptabel“. Steinbrück habe aus der Debatte um seine Nebeneinkünfte „keine Lehren“ gezogen.

Und auch die Grünen dringen auf Offenlegung der Geheimfinanziers. Der innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, sagte, die geheimen Gaben seien eine „ganz erhebliche Einflussnahme“ auf den Wahlkampf. „Diese muss transparent gemacht werden und ich hoffe sehr, dass das jetzt auch zügig geschieht.“

Wie unabhängig ist der „PeerBlog“?

Tatsächlich scheint es aber zunächst keine juristische Handhabe zu geben, den „PeerBlog“ zur Offenlegung zu zwingen. Nach Ansicht des Speyerer Staatsrechtlers Joachim Wieland fällt die Plattform in einen Graubereich: Solange die „Steuerung des Blogs“ nicht aus der Parteizentrale erfolge, griffen keine „Offenlegungspflichten“.

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Doch wie unabhängig ist der „PeerBlog“? Dort heißt es, man habe Steinbrück gefragt, „ob wir für ihn bloggen dürfen“. Schließlich habe der Kandidat „sein OK gegeben, dass wir seinen Namen nutzen können“. Zudem ist Steinkühler eng mit dem vielleicht wichtigsten Berater für Steinbrücks Wahlkampf, Hans-Roland Fässler, verbandelt. Und der ehemalige NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD) tritt sogar im Blog als Gastautor auf.

Das Ministerium von Horstmanns Lebensgefährtin, NRW-Familienministerin Ute Schäfer (SPD), vergab in der Vergangenheit an Steinkühlers Werbeagentur mehrere Werbeaufträge. Nach Auskunft der NRW-Landesregierung war die Vergabe der Aufträge legal. Es habe korrekte Ausschreibungen gegeben, hieß es.