Berlin. . Im Wahlkampf wird die Strompreis-Debatte sicher noch verwirrender als bisher. Alle Parteien machen Pläne dazu, wie der Anstieg der Stromkosten zu stoppen ist, wie die notwendigen Umlagen gerechter verteilt werden können. Dabei bilden sich erstaunliche Allianzen. Das Problem: Ein Patentrezept ist nicht in Sicht. Im Gegenteil.

Die Strompreise explodieren und werden zum Wahlkampfschlager. Alle Parteien wollen den Kostenanstieg stoppen, dabei bilden sich erstaunliche Allianzen. Nun haben auch die Grünen Ideen vorgelegt. Eine echte Strompreisbremse ist aber nicht in Sicht.
Ein Überblick.

Union: Umweltminister Peter Altmaier (CDU) möchte die Umlage nach dem Gesetz für Erneuerbare Energien (EEG-Umlage) im Jahr 2014 auf 5,28 Cent je Kilowattstunde (kWh) einfrieren, die Vergütung bei neuen Ökostromanlagen, sofern nötig, zunächst aussetzen, weniger Großbetriebe als bisher von der Umlage befreien und von den jetzigen Ökostromerzeugern einen EEG-Soli fordern.

De facto wäre dies ein Eingriff in den Bestandsschutz, ­wonach Ökostromerzeuger für die eingespeiste Energie über 20 Jahre eine feste Vergütung bekommen. Daher entfallen auch 14,5 Milliarden von 16 Milliarden Euro aus der EEG-Umlage auf bestehende Anlagen, nur der Rest auf Neubauten. Altmaiers Ideen können fast zwei Milliarden Euro einbringen. Über seine Pläne will er am Donnerstag mit den für Energie zuständigen Landesministern sprechen.

Befürworter/Gegner: Grüne, Linke und SPD wollen Industrieprivilegien kappen, aus der FDP kommt Kritik. Der Wirtschaftsminister hält Altmaiers Pläne für nicht ausgereift.

Nutzen: Eher gering. Kippen die Industrieprivilegien, wird der Kreis der Einzahler für die EEG-Umlage größer. Das, sagen Kritiker, könnte Jobs kosten. Beim EEG-Soli droht eine Klagewelle. Die Ökostrom­umlage macht keine 20 Prozent am Strompreis für Privathaushalte aus, ist auch nur etwa zur Hälfte für den Strompreisanstieg verantwortlich. Selbst wenn es Altmaier gelingt, die Umlage stabil zu halten, können andere Energiekosten steigen.

SPD: Sie setzt bei der Stromsteuer (acht Prozent des Strompreises für Privathaushalte) an. Ihr Plan: Jeder Haushalt könnte für die ersten 1000 kWh von der Abgabe von 2,05 Cent je kWh befreit werden und spart jährlich 20,50 Euro. Folge für die Staatskasse: weniger Stromsteuer. Zurzeit bringt die sieben Milliarden Euro im Jahr ein.

Auch interessant

Verbündete/Gegner: Die Linke möchte gleichfalls an die Stromsteuer, auch die FDP hat das schon vorgeschlagen. Die Grünen halten davon aber nichts.

Nutzen: fraglich. Unklar ist 1., ob die Versorger den Abschlag an die Verbraucher weitergeben, 2. würde sich an der EEG-Umlage und den Netzentgelten nichts ändern, die ohne Eingriffe weiter steigen dürften. Allerdings möchte die SPD Industrieprivilegien einschränken.

FDP: Sie liebäugelte zunächst mit der Senkung der Stromsteuer, nun will Wirtschaftsminister Philipp Rösler die Vergütungsgarantie für Ökostromlieferanten nur noch für Kleinstanlagen zulassen. Wind- oder Solarparkbetreiber sollen das Vermarktungsrisiko für den Strom selbst tragen. Streichen will er auch Entschädigungen an Betreiber, wenn Anlagen wegen schwacher Netze abgestellt werden müssen.

Verbündete und Gegner: Abgesehen von der Stromsteuer (da denken Linke und SPD ähnlich) gibt es viel Widerstand. Röslers Pläne sind eher chancenlos.

Nutzen: Gering bis kontraproduktiv – Investoren bei Wind- oder Solaranlagen könnten sie eher abschrecken. Außerdem bleibt das Grundproblem: Der Löwenanteil der EEG-Umlage würde weiterhin in bestehende Anlagen fließen.

Grüne: Sie wollen Industrierabatte verringern, den Eigenstromverbrauch in die EEG-Umlage einbeziehen, die Marktprämie abschaffen und die Vergütung für Windanlagen an der Küste senken.

Verbündete und Gegner: Altmaiers Ideen zu Eigenstromverbrauch und Industrieprivilegien gehen in eine ähnliche Richtung. Die FDP wird davon nichts halten.

Nutzen: Überschaubar. Unter dem Strich könnten die Pläne private Verbraucher und Mittelständler um vier Milliarden Euro entlasten. Eine vierköpfige Familie könnte so 35 Euro im Jahr sparen. Auch hier bleibt das Problem der bisherigen hohen EEG-Zahlungen.

Linke: Sie will die Stromsteuer senken, eine effektive staatliche Strompreisaufsicht einrichten und Industrieprivilegien abschaffen.