Teheran. Die iranische Justiz hat die seit Tagen inhaftierte Mitarbeiterin der französischen Botschaft freigelassen. Die Anklagepunkte gegen die Franco-Iranerin bleiben bestehen. Eine weitere Französin ist noch in Haft, könnte aber unter Hausarrest gestellt werden.

Nach heftigen Protesten aus Paris, hat Iran eine inhaftierte Mitarbeiterin der französischen Botschaft wieder freigelassen. Staatspräsident Nicolas Sarkozy habe bereits telefonisch mit Nasak Afschar gesprochen, teilte der Elysée-Palast am Dienstag in Paris mit. Nun müssten alle Anklagepunkte gegen die 50-Jährige fallengelassen werden, forderte Sarkozy.

Die am vergangenen Donnerstag verhaftete Botschaftsmitarbeiterin erschien am Samstag erstmals bei einem Massenverfahren vor Gericht, das international als Schauprozess verurteilt wurde. Sarkozy dankte der Europäischen Union und weiteren Freunden, wobei er ausdrücklich Syrien erwähnte, für ihre Hilfe bei den Verhandlungen, die zur Freilassung Afshars geführt hätten. Gleichzeitig forderte der Präsident die rasche Freilassung der immer noch im Iran inhaftierten und angeklagten Französin Clotilde Reiss.

Ein Hoffnungsschimmer für Reiss

Im Fall der 24-Jährigen gab es inzwischen zumindest einen Hoffnungsschimmer. Die Regierung in Teheran bietet laut dem Pariser Botschafter unter bestimmten Bedingungen ihre Freilassung aus dem Gefängnis an. Wenn sie bis zum Ende ihres Prozesses in der französischen Botschaft unter Hausarrest gestellt werde, könnte sie aus der Haft entlassen werden. Das habe das Außenministerium der Regierung in Paris vorgeschlagen, sagte Botschafter Sejeb Mehdi Mirabutalebi. Regierungssprecher Luc Chatel sagte kurz zuvor: "Wir haben die Hoffnung, dass schnell eine Lösung gefunden werden kann."

Mirabutalebi sagte, die Regierung habe bis zum Dienstag nicht auf das Angebot reagiert. Die 24-jährige Reiss war ebenfalls am Samstag erstmals vor Gericht erschienen. Welche Strafe ihr drohen könnte, war zunächst noch unklar. Frankreich und die EU fordern Reiss' sofortige Freilassung und haben die gegen sie erhobenen Anschuldigungen als völlig unbegründet zurückgewiesen.

Die am 1. Juli bei der Ausreise am Flughafen Teheran festgenommene Reiss hatte an der Universität Isfahan fünf Monate Französisch unterrichtet. Sie wurde vorigen Monat im berüchtigten Teheraner Ewin-Gefängnis 24 Jahre alt. Die iranische Justiz wirft ihr unter anderem vor, Berichte über die Demonstrationen nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom 12. Juni verfasst und Fotos davon per E-Mail verschickt zu haben.

Opposition: Fast 70 Tote bei Protesten

Unterdessen glaubt die Opposition, dass bei den Protesten gegen die Präsidentschaftswahl im Juni weitaus mehr Menschen getötet worden als offiziell angegeben. Eine Liste mit den Namen von 69 Toten und 220 Inhaftierten sei einem parlamentarischen Sonderausschuss übergeben worden, sagte ein Verbündeter des unterlegenen oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Mir-Hossein Mussawi am Dienstag der Reform-Zeitung "Sarmajeh". Die Behörden gaben die Zahl der Toten bisher mit rund 30 an.

Justizsprecher Aliresa Dschamschidi sprach dagegen von noch 300 Inhaftierten. Bei den Unruhen seien 4000 Menschen verhaftet worden, von denen die meisten "sehr schnell" wieder entlassen worden seien, sagte er. Bislang war offiziell von 2000 Festnahmen die Rede gewesen.

Ungeachtet dessen ging der Machtkampf in der iranischen Führung in eine nächste Runde. In einem im Parlament in Teheran verlesenen Brief warnten 202 Abgeordnete Ahmadinedschad, sein Kabinett müsse aus "erfahrenen" Mitgliedern mit "revolutionärem Geist" bestehen. Bereits kurz nach seiner Wiederwahl war Ahmadinedschad wegen mehrerer umstrittener Entscheidungen von iranischen Hardlinern heftig kritisiert worden. Ahmadinedschad soll kommende Woche seine Regierungsmannschaft vorstellen. (afp/ap)