Düsseldorf. . Beim Neujahrsempfang der NRW-FDP in Düsseldorf hatte der Frontmann der Liberalen seinen ersten großen öffentlichen Auftritt nach der Affäre um seine umstrittenen Äußerungen gegenüber einer Jounalistin. Doch Rainer Brüderle nahm volle Deckung - und der größte Landesverband stärkte ihm den Rücken.

Rainer Brüderle nahm volle Deckung. Mag die ganze Republik über die Sexismus-Vorwürfe gegen ihn streiten – der 67-Jährige hat sich selbst das große Schweigen verordnet. Das für ihn peinliche Thema soll möglichst schnell wieder aus den Schlagzeilen verschwinden, und gestern leistete die FDP in NRW für den Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl kräftig Aufbauhilfe. Beim Neujahrsempfang stärkte ihm der größte Landesverband den Rücken.

Kein Statement, kein Interview war dem sonst so redseligen Liberalen zu entlocken, als er das Düsseldorfer Airport-Hotel betrat. Mehr Medienvertreter als üblich waren zum politischen Jahresauftakt erschienen. Bereits seit dem Herbst stand Brüderle als Hauptredner fest. FDP-Ehrenvorsitzender Hans-Dietrich Genscher und Landeschef Christian Lindner übten in der ersten Reihe demonstrativ den Schulterschluss und nahmen den etwas unsicher wirkenden Gast in ihre Mitte.

„Augen zu und durch“

Es war Brüderles erster großer öffentlicher Auftritt, nachdem der „Stern“ seine anzüglichen Bemerkungen gegenüber einer jungen Journalisten veröffentlicht hatte. Dabei wurde klar, dass die FDP die Folgen seiner Altherren-Witze nicht weiter zu vertiefen gedenkt. „Augen zu und durch“, spottete ein Zuhörer. Als Angela Freimuth, Vizechefin der Landtagsfraktion, Brüderle willkommen hieß, reagierten die rund 1000 Gäste mit viel Applaus. Sogar vereinzelte „Bravo“- Rufe waren zu hören.

„Wir begrüßen dich als unseren Spitzenmann, vor allem aber als unseren Freund, hinter dem wir stehen“, gab Lindner die gewünschte Tonlage vor. Brüderle revanchierte sich später in seiner 30-minütigen Rede, als er dem jungen FDP-Landeschef artig für den „Geist von Düsseldorf“ dankte, der bei der Landtagswahl im Mai der gesamten Partei „neuen Schub“ verliehen habe. Der Chef der Bundestagsfraktion streifte viele Themen, wetterte gegen die von Rot-Grün geplanten Steuererhöhungen, machte Witze über Steinbrück und rühmte die Bilanz der schwarz-gelben Koalition. Nur die Sexismus-Kritik an ihm war Brüderle kein Wort wert.

Kubicki stellt sich hinter Brüderle

Als „Mann von gestern“, der als Politiker keine Zukunft mehr habe, hatte ihn Alice Schwarzer unmittelbar vor dem Treffen kritisiert – ein Eindruck, den die Liberalen keinesfalls stehen lassen wollen. Per Interview trat Schleswig-Holsteins FDP-Vorstandsmitglied Wolfgang Kubicki seinem Parteikollegen zur Seite. Der „Bild am Sonntag“ sagte er: „Hier soll ein Hoffnungsträger der FDP mutwillig beschädigt werden.“

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Er warf dem Magazin „Tabubruch“ vor und will wegen der Affäre persönliche Kontakte zu Journalistinnen einschränken. „Bislang waren abendliche Gespräche – ob beim Essen oder nach einem Parteitag an der Hotelbar – ein durch Vertraulichkeit geschützter Bereich“, so Kubicki. In Zukunft aber werde er keine Journalistinnen mehr als Wahlkampfbegleitung in seinem Fahrzeug mitnehmen.

„Vielleicht unpassend“

CSU-Familienpolitiker Norbert Geis verteidigte Brüderle. Man wisse, „dass er zu saloppen Bemerkungen neigt“. Geis räumte aber auch ein: „In diesem Fall war sie vielleicht unpassend.“

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig beklagte einen „alltäglichen Sexismus“ in der deutschen Gesellschaft. Dieser sei in all seinen Facetten völlig inakzeptabel, sagte sie. „Flotte Sprüche, durch die Frauen zum Objekt gemacht werden, sind und bleiben unmöglich“, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Es sei an der Zeit, dass sich Brüderle zu den Vorwürfen äußere.