Bochum. . Prof. Katja Sabisch, Frauenforscherin an der Ruhr-Universität Bochum, hält die Äußerungen von FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle gegenüber einer Journalistin nicht für einen Ausrutscher. Die Wissenschaftlerin vermutet dahinter eine grundsätzliche Einstellung gegenüber Frauen.

Die plumpe Anmache Brüderles an der Hotelbar – das war mehr als dummes Gerede oder ein missglückter Flirt, es war purer Sexismus, sagt Prof. Katja Sabisch, Frauenforscherin an der Ruhr-Universität Bochum. „Er besteht darin, dass der Politiker die junge Frau nicht als Journalistin angesprochen hat, sondern als Frau in eindeutig sexualisierter Art und Weise. Das ist abwertend. Bedenken Sie, er hat ihren Busen kommentiert.“

Wenn Politiker sich gegenüber Frauen so abwertend äußern wie FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle es getan hat, sei dies ein Rückschlag für die Bemühungen um Gleichberechtigung und Frauenquoten. Dahinter vermutet die Wissenschaftlerin eine grundsätzliche Einstellung gegenüber Frauen. „Man muss sich fragen: Wie steht er zum weiblichen Nachwuchs in seiner Partei? Was denkt er über Chancengleichheit und Aufstiegschancen von Frauen? Kann man mit solchen Positionen Wahlkampf machen? Für eine liberale Partei?“

Mächtige Männer fühlen sich oft unantastbar

Prof. Katja Sabisch
Prof. Katja Sabisch © WAZ

Prof. Sabisch spricht von „sexualisierter Diskriminierung“, wenn sich die Gesprächspartner nicht auf Augenhöhe begegnen, sondern eine körperliche sexualisierte Ebene angesprochen wird. Darin bestehe im Brüderle-Vorfall auch der Skandal. Dieser Chauvinismus habe auch etwas mit Macht zu tun, mit dem Gefälle zwischen einer jungen Journalistin und einem einflussreichen und prominenten Politiker. Mächtige Männer lassen sich ihre Geltung gerne durch ihren Erfolg bei Frauen bestätigen. Sabisch: „Sie sind überzeugt, sie hätten dazu das Recht und fühlen sich unantastbar.“ Sie erinnert an Dominique Strauss-Kahn. „Er nahm sich das Zimmermädchen, weil er dachte, er kann es.“

Sexismus sei aber kein Problem älterer Männer, es sei kein aussterbendes Phänomen, da die Machtverteilung in der Gesellschaft ungleich sei. „Es ist kein Generationen-Thema. Es gibt junge und alte Männer, die für Chancengleichheit kämpfen.“ Oder eben nicht.