Essen. . Seit der „Stern“ beschrieb, welche Anzüglichkeiten sich der FDP-Politiker Rainer Brüderle gegenüber der Reporterin Laura Himmelreich erlaubte, debattieren Frauen und Männer den Fall heftig im Internet und sozialen Netzwerken. Hans-Michael Klein, Chef der Knigge-Gesellschaft, nannte Brüderles Äußerung „geil und ekelhaft“.

Die Vorwürfe gegen FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle haben eine hoch emotionale Debatte über Sexismus ausgelöst – unter anderem in Internet-Foren und sozialen Netzwerken. Vor allem Frauen twitterten über Beleidigungen, Diskriminierungen und Übergriffe.

Brüderle soll – wie berichtet – ge­genüber einer Stern-Journalistin anzüglich geworden sein. Er habe nach einem Blick auf ihren Busen gesagt: „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen.“ Der Stern hatte erst jetzt über den Vorfall berichtet, der sich im vorigen Jahr ereignet haben soll.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warb in diesem Zusammenhang für einen „menschlich professionellen und respektvollen Umgang“ zwischen Politikern und Journalisten. Eine Sprecherin des Bundesfrauenministeriums erklärte, sexuelle Belästigung sollte als Dauerthema diskutiert werden. In einer Studie hätten 58 Prozent der Frauen angegeben, mindestens einmal Opfer von sexueller Belästigung geworden zu sein, davon 42 Prozent am Arbeitsplatz.

„Es kommt auf die richtige Form an“

Der Vorstandsvorsitzende der Knigge-Gesellschaft, Hans-Michael Klein, sprach gegenüber der WAZ Mediengruppe von einem „heiklen Thema“. Es sei „schwer in Mode“ gekommen, sich über Sexismus im Business zu beklagen. Das sei zwar legitim – „solange es nicht in Hysterie ausartet“. Man dürfe nämlich bei all dem nicht vergessen: Es gehe zunächst „um das ewige Spiel von Mann und Frau, um Eros und Sexualität“.

Sexualität dürfe nicht verteufelt werden. „Anbaggern an sich ist legitim. Es kommt aber auf die richtige Form an“, betonte Klein. Brüderles Verhalten ge­genüber der Stern-Journalistin bezeichnete der Knigge-Mann allerdings als „plump, geil und ekelhaft“.

Chauvinismus – wie im Falle Brüderle – habe auch etwas mit Macht zu tun, sagte Katja Sabisch, Frauenforscherin an der Ruhr-Universität Bochum. Mächtige Männer ließen sich ihre Geltung gerne durch ihren Erfolg bei Frauen bestätigen. Sabisch: „Sie sind überzeugt, sie hätten dazu das Recht und fühlen sich unantastbar.“