Algier. Sicherheitskräfte haben zahlreiche Leichen nach dem Geiseldrama in dem Erdgaskomplex im Südosten Algeriens gefunden. Ein Regierungssprecher teilte mit, er rechne damit, dass sich die Zahl der getöteten Geiseln nach dem Sturm auf die Anlage Ain Amenas am Samstag noch erhöhen werde.

Bei dem mehrtägigen Geiseldrama in einer Gasanlage in Algerien sind mindestens 23 Geiseln und 32 Kidnapper getötet worden. Die algerische Regierung befürchtete am Sonntag, dass die Zahl der Toten noch steigen könnte. Spezialeinheiten hatten die Anlage am Samstag gestürmt und elf Geiselnehmer getötet, die zuvor laut Staatsfernsehen ihre verbliebenen sieben Geiseln ermordet hatten.

Der algerische Informationsminister Mohamed Said sagte im Radio, Spezialkräfte durchsuchten den Industriekomplex nach weiteren Opfern. Möglicherweise müsse die Zahl der Toten nach oben korrigiert werden. Der private algerische Fernsehsender Ennahar meldete, in der Anlage seien am Sonntag die Leichen von 25 Geiseln gefunden. Ob es sich dabei um bislang unbekannte Opfer handelte, war zunächst unklar. Nach Angaben des algerischen Energieministeriums wurde in der Anlage auch Sprengstoff entschärft.

Mehrere Länder vermissen noch Staatsbürger

Mehrere Länder meldeten, dass sie noch Staatsbürger vermissten, die auf der Gasförderanlage von Tiguentourine nahe der libyschen Grenze arbeiteten. Nicht abschließend geklärt war das Schicksal von zehn Japanern, fünf Norwegern und zwei Malaysiern. Zwei überlebende Algerier sagten der Nachrichtenagentur AFP, die Angreifer hätten neun Japaner erschossen. Das japanische Außenministerium wollte sich dazu auf AFP-Anfrage nicht äußern.

Nach Angaben des britischen Premiers David Cameron wurden drei Briten und ein weiterer Einwohner des Landes getötet. Drei weitere Briten seien wahrscheinlich ebenfalls tot, sagte Cameron in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. Frankreich, die USA und Rumänien bestätigten jeweils den Tod eines Staatsbürgers. Auch mindestens ein Algerier starb. Deutsche waren nach Angaben des Auswärtigen Amtes von der Geiselnahme nicht betroffen.

Frankreich, Großbritannien und USA stehen hinter Algerien

Frankreich, Großbritannien und die USA stellten sich nach der Befreiungsaktion hinter Algerien. „Die Verantwortung für diese Tragödie bleibt bei den Terroristen, die sie verursacht haben“, erklärte US-Präsident Barack Obama. Auch Cameron gab den „Terroristen“ die Schuld. Frankreichs Präsident François Hollande sagte, die algerische Regierung habe „so angemessen wie möglich“ gehandelt.

Eine islamistische Gruppierung hatte am Mittwoch die Gasanlage überrannt und hunderte Geiseln genommen. Zuvor töteten sie einen Briten und einen Algerier in einem Bus. Die Gruppe Al-Mulathamin („Die mit Blut unterzeichnen“) forderte unter anderem den Stopp des französischen Militäreinsatzes in Mali. Sie drohte, die Anlage im Falle eines Angriffs in die Luft zu sprengen.

Am Donnerstag unternahmen algerische Sicherheitskräfte einen ersten Befreiungsversuch. Dem Innenministerium zufolge gelang es, insgesamt 685 Algerier sowie 107 Ausländer zu befreien. Bei den Angreifern wurde nach dem Ende der Geiselnahme ein beträchtliches Waffenarsenal gefunden, darunter Maschinengewehre, Granatwerfer, Raketen und Panzerfäuste. Überlebende der Geiselnahme berichteten, die Angreifer hätten ihnen Sprengstoff um den Hals gehängt und sie in mit Sprengfallen präparierte Fahrzeuge gesetzt. (afp)