Algier. Blutiges Ende im Geiseldrama in der Sahara: Bei einer Militäraktion gegen islamistische Entführer auf einem Erdgasfeld haben algerische Streitkräfte nach Regierungsangaben zahlreiche Geiseln befreit und viele Extremisten getötet. Über die genaue Zahl der Opfer und entkommenen Geiseln gab es zunächst allerdings widersprüchliche Angaben.

Die Lage auf dem zwischen islamistischen Geiselnehmern und der Armee umkämpften Gasfeld im Osten Algeriens war auch in der Nacht zum Freitag weiter unübersichtlich. Lediglich ein Abschnitt mit Wohngebäuden für Mitarbeiter sei vom Militär gesichert worden, berichtete die algerische Nachrichtenagentur APS unter Berufung auf örtliche Behörden. In aller Welt zeigten sich Regierungen nach Berichten über dutzende Tote besorgt.

Die algerische Armee brachte den APS-Angaben zufolge nur einen Teil des Gasfelds unter ihre Kontrolle. Die Fabrikanlagen selbst waren demnach weiter von Soldaten umstellt. Islamisten einer Gruppe namens Unterzeichner für Blut hatten das Gasfeld im Osten Algeriens etwa 1300 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Algier am Mittwoch unter ihre Kontrolle gebracht.

Islamisten fordern Ende des französischen Militäreinsatzes in Mali

Nach eigenen Angaben nahmen die Islamisten hunderte algerische Mitarbeiter und etwa 40 Ausländer, darunter Briten, Norweger, US-Bürger, Franzosen und Japaner, als Geiseln. Deutsche waren nach Angaben der Bundesregierung nicht betroffen. Die Islamisten forderten ein Ende des französischen Militäreinsatzes im Nachbarland Mali.

Die algerische Armee ging am Donnerstag mit Boden- und Luftstreitkräften gegen die Geiselnehmer vor. Nach Regierungsangaben wurden mehrere Geiseln befreit, jedoch habe es auch Tote und Verletzte gegeben. Die Islamisten gaben an, bei dem Militäreinsatz seien 34 Geiseln und 15 Kidnapper getötet worden, und drohten mit der Tötung von sieben verbliebenen Geiseln.

Die mauretanische Nachrichtenagentur ANI meldete unter Berufung auf einen Sprecher der Islamisten, auch deren Anführer sei tot. Algerischen Medien zufolge gelang 15 Ausländern und 30 Algeriern vor dem Angriff die Flucht. Später seien 600 weitere Geiseln befreit worden. Bestätigungen für die verschiedenen Berichte gab es nicht.

Widersprüchliche Angaben

Der algerische Innenminister Dahou Ould Kabila sagte der Internetausgabe der Tageszeitung "Echorouk", "nach allen uns vorliegenden Informationen" sei "die Terroristengruppe" aus dem Nachbarland Libyen über die Grenze gekommen. Am Mittwoch hatte er gesagt, die Geiselnehmer kämen aus der Umgebung des Gasfelds. Damit verärgerte er die Behörden der betroffenen Region, die an Libyen grenzt.

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Der britische Premierminister David Cameron sagte wegen der Krise eine für Freitag erwartete Rede zum Verhältnis seines Landes zur Europäischen Union ab. Nach seinen Angaben wurde in Algerien mindestens ein Brite getötet. Cameron ließ zudem erklären, dass er gern im Vorfeld über die Militäraktion informiert worden wäre. Ähnlich äußerte sich auch ein US-Regierungsvertreter.

Frankreichs Präsident François Hollande bezeichnete die Lage in Algerien als "dramatisch". Norwegens Regierungschef Jens Stoltenberg sagte, er habe keine Neuigkeiten von neun norwegischen Mitarbeitern der Anlage. Die japanische Regierung teilte mit, drei von 17 japanischen Mitarbeitern seien in Sicherheit. Nach Angaben aus Manila konnte ein Philippiner verletzt entkommen.

Auch ein nordirischer Mitarbeiter des Gasfelds befreite sich aus den Händen der Geiselnehmer. Sein Bruder sagte, der Mann sei aus einem Fahrzeug entkommen, auf das die algerische Armee geschossen habe, und nun in Sicherheit sowie bei guter Gesundheit. Allerdings habe er während der Geiselnahme "Sprengstoff um den Hals" tragen müssen, sagte der Bruder. (afp/dpa)