Washington. Jack Lew, designierter Nachfolger von US-Finanzminister Timothy Geithner und künftig oberster Verantwortlicher im Kampf gegen das amerikanische Haushaltsdefizit, hat schon vor Amtsantritt ein kleines Image-Problem: Seine Unterschrift wirkt wie aus einem schlechten Comic, wird künftig aber auf Dollar-Scheinen zu sehen sein.
Er hat das Amt noch gar nicht angetreten - und doch bereits unübersehbar seine, nun ja, Handschrift hinterlassen. Jack Lew, bis dato Stabschef von US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus und Donnerstag offiziell in der Nachfolge von Timothy Geithner als neuer Finanzminister nominiert, füllt gerade die Zeitungsspalten der Hauptstadtpresse mit einer seltenen Marotte: Der 57-Jährige, der mit seiner Brille ein wenig an Harry Potter erinnert, pflegt seinen Namenszug so unleserlich zu schreiben, dass den Puristen der amerikanischen Geldscheinpolitik angst und bange wird.
Genau genommen besteht seine Unterschrift aus einer Aneinanderreihung von Kringeln, die man eher in einem Comic vermuten würde. „Das sieht aus wie ein verheddertes Telefonkabel“, schreibt ein Blogger auf der Internetseite der Washington Post, „könnte aber auch ein etwas längerer Mäuseschwanz sein.“ Was bisher Lews Privatangelegenheit ist, könnte im aufgeregten Politikbetriebs Washingtons vorübergehend zum Staatsthema werden. Dollarnoten tragen traditionell den Namenszug des ersten Mannes in der „Treasury“ Schon wird Lew von Kommentatoren gedrängt, seinen Karl Otto künftig anders zu schreiben, um ja nicht die geliebten "Greenbacks" zu verschandeln. „Das ist die schlimmste Signatur der Welt“, poltert das „New York Magazine“.
Jack Lew gehört zu den engsten Vertrauten des Präsidenten
Für Obama ist die Art und Weise, wie sich Lew die Feder führt, keine Neuigkeit. Der stille, streng gläubige Jude aus dem New Yorker Stadtteil Queens gehört zu den engsten Vertrauten des Präsidenten, kennt dessen Arbeitsweise und Prioritäten. Als das wäre vor allem: Sparen mit sozialem Augenmaß. Vorausgesetzt, Lew übersteht die obligatorischen Anfeindungen der oppositionellen Republikaner im Senat, dann wartet auf den erfahrenen Technokraten, der bisher immer abseits des Rampenlichtes arbeitete, die wohl schwierigste Aufgaben in der Regierung Obama II. In wenigen Wochen erreichen die USA die gesetzlich festgelegte Kreditobergrenze von 16,4 Billionen Dollar. Obama will den Finanzdeckel anheben, die Republikaner halten hartnäckig die Hand drauf.
Nach dem jüngsten Hickhack um Silvester droht erneut ein lähmender Showdown um die Kern-Frage: Wie bleiben wir liquide? Wie bauen wird den Schuldenberg ab? Und wie können wir verhindern, dass die Rating-Agenturen im Laufe des Prozesses nicht erneut unsere Kreditwürdigkeit herunterstufen? Von Lew ist bekannt, dass er ein Verfechter ordentlicher Staatsfinanzen ist - aber kein radikaler Spar-Apostel. Einschnitte bei den Staatsausgaben würden geeigneter „mit dem Skalpell als mit dem Schlachtermesser" vorgenommen, sagt er in einem Interview 2011.
Nur überschaubare Erfahrung in der freien Finanzwirtschaft
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Anders als sein Bald-Vorgänger Timothy Geithner hat Lew nur überschaubare Erfahrungen in der freien Finanzwirtschaft. Von 2006 bis 2008 arbeitete er in führender Funktion an der Wall Street für die Citigroup. Die meiste Zeit seiner fast 30 Jahren währende beruflichen Karriere hat der liberale und pragmatische Großstädter, der an den Elite-Unis Harvard und Georgetown Rechtswissenschaften studiert hat, auf dem Kapitolshügel in Washington und in Regierungsfunktionen zugebracht. Hier war er 1997 unter anderem Leiter des „Office of Management and Budget“, sozusagen die Chef-Buchhaltung der amerikanischen Regierung, und trug maßgeblich dazu bei, dass der damalige Präsident Bill Clinton einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnte.
Anfang 2013 sind die USA davon Lichtjahre entfernt. Lew geht seine Aufgabe trotzdem mit „abgeklärter Zuversicht an“, sagte ein langjähriger Mitarbeiter dem Sender MSNBC, „und vielleicht auch mit einer neuen Unterschrift.“